„Start-ups ziehen Start-ups – und das ist der Nukleus“
– Dominik Gross über Ökosysteme, politische Impulse & die Hinterland of Things
Dominik Gross ist Mitgründer der Founders Foundation und Initiator der Hinterland of Things, einer der größten Start-up-Konferenzen Deutschlands. Er erzählt, wie aus einer kleinen Idee in Ostwestfalen ein wachsendes Innovations-Ökosystem wurde, warum politische Rückenwinde entscheidend sind – und was Bielefeld mit Tel Aviv gemeinsam hat.
Sherin: Dominik, du hast die Founders Foundation mit aufgebaut und die Hinterland of Things ins Leben gerufen – wie hat das Ganze eigentlich angefangen?
Dominik: Ganz simpel: Wir wollten Gründerinnen, Investorinnen und Mittelständler an einen Tisch bringen. Das war 2018, und die Idee dahinter war, einen echten Grund zu schaffen, zwei Stunden Zugfahrt von Berlin nach Bielefeld auf sich zu nehmen. Anfangs kamen nur wenige, alle dachten: „Bielefeld? Da ist doch nix.“ Doch wir haben dran gearbeitet, das Ökosystem direkt hier vor Ort zu stärken. Heute kommen über 2.500 Leute aus ganz Deutschland – das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Sherin: Was macht für dich ein gutes Start-up-Ökosystem aus?
Dominik: Gründer ziehen Gründer an – das ist der Nukleus, der Kern. Drumherum braucht es die richtigen Berater, Investoren und Kapitalgeber. Die Gründer*innen müssen da sein, sich gegenseitig pushen und voneinander lernen. Am Anfang hatten wir kaum lokale Expertise zu Venture Capital, viele mussten von Berlin oder Düsseldorf zu uns kommen. Mittlerweile wächst das Ökosystem hier wie eine Zwiebel, die sich Schicht für Schicht weiterentwickelt.
Sherin: Politik spielt bei euch ja auch eine Rolle. Wie wichtig ist der politische Rückenwind für die Entwicklung?
Dominik: Unheimlich wichtig. Politik kann vieles ermöglichen, darf aber nicht überregulieren oder versuchen, alles zu steuern. Die besten Impulse kommen aus verlässlichen Rahmenbedingungen und Förderungen, die wirklich bei Gründern und Investoren ankommen – und nicht in Bürokratie steckenbleiben. Ein Problem ist oft, dass Programme mit hohen Erwartungen starten, aber Umsetzung und Kontinuität fehlen. Gerade Gründer*innen brauchen schnelle Entscheidungen, sonst entsteht Frust.
Sherin: Du hast auch mal gesagt, Bielefeld und Tel Aviv hätten überraschende Gemeinsamkeiten. Wie meinst du das?
Dominik: Beide Orte sind keine klassischen Hotspots, haben aber eine unerschütterliche Gründermentalität. Tel Aviv ist bekannt als „Startup Nation“ mit starker Community und hoher Risikobereitschaft. Bielefeld hat diesen unterschätzten Charakter – eine bodenständige Haltung und den Willen, gemeinsam etwas aufzubauen. Dieses Gefühl, Pioniere zu sein und etwas Neues zu schaffen, treibt uns an und macht die Region spannend.
Sherin: Was sind die größten Herausforderungen, die mittelgroße Städte beim Aufbau von Start-up-Ökosystemen meistern müssen?
Dominik: Sichtbarkeit und Mindset sind zentral. Viele denken, Erfolg entstehe nur in Metropolen – das hemmt Talente und Investoren. Außerdem wandern Fachkräfte oft ab, weil Großstädte attraktivere Karrierechancen bieten. Wenn wir erfolgreich sein wollen, müssen wir ein Gegenmodell zeigen: eine starke, vernetzte Community, kurze Entscheidungswege und viel Raum für Kreativität. Die Politik muss strukturelle Hürden angehen – etwa digitale Infrastruktur verbessern, Talentsicherung forcieren und Gründer außerhalb der Großstädte fördern.