Startup & Scaling E-Scooter-Markt 2025: Vom Hype-Objekt zum Überlebenskampf

E-Scooter-Markt 2025: Vom Hype-Objekt zum Überlebenskampf

Nach dem großen Roller-Boom ist die Branche im Realitätscheck angekommen. Nur noch wenige Anbieter teilen den Markt, während sie mit Profitabilitätsdruck, strengerer Regulierung und technologischen Herausforderungen kämpfen.

Die E-Scooter-Branche in Deutschland hat eine drastische Transformation durchlaufen. Was 2019 als hipper Mobilitätstrend mit Dutzenden Anbietern und Milliardenbewertungen startete, ist sechs Jahre später zu einem Oligopol geschrumpft. Der Kampf ums Überleben hat begonnen – und nicht alle werden ihn bestehen.

Vom Überangebot zum Oligopol

Die Konsolidierungswelle hat den Markt radikal verändert. Branchenpionier Bird meldete Ende 2023 Insolvenz an und zog sich komplett aus Europa zurück. Der deutsche Marktführer Tier Mobility fusionierte Anfang 2024 mit dem kleineren Konkurrenten Dott, um im härter werdenden Wettbewerb zu bestehen. „Vor fünf Jahren sind wir mit 25 Wettbewerbern gestartet. Nach dem Ausstieg von Bird aus dem europäischen Markt sind jetzt noch vier, fünf Player übrig“, erklärt Tier-Gründer Lawrence Leuschner die drastische Marktbereinigung.

Die verbliebenen Anbieter – neben dem neu formierten Tier-Dott-Konzern vor allem die US-Firma Lime, das schwedische Voi und Estlands Bolt – teilen den deutschen Markt unter sich auf. Der Zusammenschluss von Tier und Dott schuf den größten europäischen Mikromobilitätsanbieter mit Präsenz in 20 Ländern und rund 250 Millionen Euro Jahresumsatz. Doch die Fusion ist auch ein Symptom für den finanziellen Druck: Die Investoren bewerteten das fusionierte Unternehmen Berichten zufolge auf nur noch 150 Millionen Euro – ein dramatischer Absturz gegenüber der einstigen Milliardenbewertung von Tier.

Die Ernüchterung zeigt sich in den Bilanzen. Allein Tier und Dott verbuchten 2023 gemeinsam rund 55 Millionen Euro Verlust und reagierten mit Stellenabbau. Die Zeiten des maximalen Wachstums scheinen vorbei und der Fokus wird auf Profitabilität und das effiziente Betreiben der bestehenden Flotten liegen.

Neue Geschäftsmodelle statt Wachstumsrausch

Unter dem Profitabilitätsdruck haben die Anbieter ihre Strategien grundlegend überdacht. Das ursprüngliche Free-Floating-Modell – Roller spontan mieten und irgendwo abstellen – wird zunehmend durch alternative Konzepte ergänzt. Tier experimentierte bereits 2021 mit Abo-Modellen, bei denen Nutzer gegen monatliche Gebühr einen E-Scooter langfristig mieten können. Auch Voi und Lime setzen auf Vielnutzer-Pässe mit täglichen Freischaltungen oder Minutenpaketen, um Stammkunden zu binden.

Statt immer neue Roller in die Städte zu werfen, bleiben die Fahrzeugzahlen seit einiger Zeit konstant – deutschlandweit schätzt der Verband etwa 200.000 E-Scooter im Verleihbetrieb. Der Fokus liegt auf Flottenoptimierung: robustere Modelle mit austauschbaren Akkus und effizientem Batteriemanagement sollen Kosten senken und die Lebensdauer verlängern.

Bemerkenswert ist die Diversifizierung des Angebots. Bei Tier stammen mittlerweile 40% des Umsatzes aus dem E-Bike-Geschäft, da viele Kunden längere Strecken lieber auf Leihfahrrädern zurücklegen. Die Anbieter entwickeln sich zu Multi-Flotten-Betreibern, die verschiedene Fahrzeugtypen aus einer Hand anbieten – wobei unrentable Experimente wie E-Mopeds längst aus dem Sortiment verschwunden sind.

Parallel suchen die Verleiher die Nähe zum klassischen ÖPNV. In vielen Städten sind Leihroller in die Routenplanung integriert, etwa via Apps wie BerlKönig/Jelbi in Berlin. Das seit 2023 verfügbare Deutschlandticket eröffnet zudem neue Perspektiven für Kombi-Angebote.

Städte ziehen die Zügel an

Mit der Etablierung der Roller wächst auch der regulative Druck. Was anfangs als kreatives Chaos toleriert wurde – Hunderte Scooter, die Bürgersteige blockieren – wird 2025 von Kommunen und Bund strenger reguliert. Städteverträge, Gebühren und Fahrzeuglimits bestimmen zunehmend die Spielregeln.

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