Startup & Scaling Lilium-Rettung: 20 Millionen für ein Milliarden-Wrack?

Lilium-Rettung: 20 Millionen für ein Milliarden-Wrack?

Wer steckt hinter AAMG?

Die Ambitious Air Mobility Group ist ein Joint Venture aus mehreren Unternehmen. Laut „Business Insider“ gehören dazu LuxAviation, ein privater Flugzeugbetreiber aus Luxemburg, dessen Tochter Sigma Air Mobility sowie die Ambitious Group, eine Personalberatung mit Sitz in Amsterdam. Zudem soll eine Kooperation mit der japanischen Firma AirMobility bestehen, um den asiatisch-pazifischen Markt zu erschließen.

Interessant: Die AAMG ist in einer Villa im niederländischen Boxtel registriert und gibt auf ihrer Website Standorte in Dubai und Marbella an. Das Unternehmen hatte bereits 2023 eine Bestellung über 16 Lilium-Jets aufgegeben, wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet.

Business Punk Check

Der Fall Lilium ist ein Paradebeispiel für die Kluft zwischen Startup-Hype und harter Realität. 1,5 Milliarden Euro Investorengelder verbrannt, kein einziger bemannter Flug absolviert – und jetzt soll ein mysteriöses Konsortium mit Villa-Adresse und Luxus-Standorten die Rettung bringen? Die 20 Millionen Euro Kaufpreis wirken wie ein verzweifelter Versuch, wenigstens die Patente zu retten.

Doch selbst wenn AAMG tatsächlich über die behaupteten 750 Millionen Euro verfügt – der Aufbau einer kompletten Luftfahrt-Produktion von Grund auf ist ein anderes Kaliber als die Wiederbelebung eines Software-Startups. Die europäische Mobilitätswende braucht mehr als ambitionierte Pressemitteilungen und vage Finanzierungsversprechen. Hier zeigt sich ein grundsätzliches Problem der europäischen Startup-Förderung: Zu viel Geld für glänzende Pitchdecks, zu wenig für nachhaltige Industriestrukturen.

Häufig gestellte Fragen

  • Warum ist der Kaufpreis für Lilium mit 20 Millionen Euro so niedrig?
    Der Preis spiegelt die problematische Situation wider: Lilium hat kein marktreifes Produkt, die Mitarbeiter sind weg, viele Maschinen haben unklare Besitzverhältnisse und manche Mietverträge sind bereits ausgelaufen. Der Käufer erwirbt hauptsächlich Patente und muss die Produktion praktisch neu aufbauen.
  • Welche Lehren können andere Hardware-Startups aus dem Fall Lilium ziehen?
    Hardware-Startups sollten realistischere Zeitpläne erstellen, transparenter über technische Herausforderungen kommunizieren und frühzeitig industrielle Partner einbinden. Zudem ist eine klare Dokumentation aller Assets und Verträge essentiell, um im Krisenfall einen geordneten Übergang zu ermöglichen.
  • Wie wirkt sich der Fall Lilium auf die europäische Mobilitätswende aus?
    Die Lilium-Krise könnte Investoren bei Mobilitäts-Startups vorsichtiger machen und den Fokus auf bewährtere Technologien lenken. Für die Mobilitätswende bedeutet dies möglicherweise eine Konzentration auf bodengebundene Elektromobilität und weniger riskante Luftfahrt-Innovationen in der nächsten Finanzierungsrunde.
  • Was müsste AAMG konkret tun, um Lilium erfolgreich wiederzubeleben?
    AAMG müsste zunächst Schlüsselingenieure zurückgewinnen, die Besitzverhältnisse aller Assets klären, neue Mietverträge aushandeln und die Zertifizierungsprozesse neu starten. Entscheidend wäre zudem der Aufbau einer stabilen Lieferkette und die Sicherung langfristiger Finanzierung über die initial versprochenen 250 Millionen Euro hinaus.
  • Welche Rolle spielt die Politik bei der Förderung von Mobilitäts-Startups?
    Die Politik sollte weniger auf prestigeträchtige Einzelprojekte setzen und stattdessen in robuste industrielle Ökosysteme investieren. Sinnvoller wären gezielte Förderungen für Schlüsseltechnologien, strengere Due-Diligence-Prozesse bei öffentlichen Investitionen und bessere Rahmenbedingungen für industrielle Partnerschaften zwischen Startups und etablierten Unternehmen.

Quellen: „Electrive.net“, „Süddeutsche Zeitung“, „Business Insider“

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