Startup & Scaling „Think Big. Get Rich.“ – Warum Deutschland endlich seinen Gründergeist entstauben muss

„Think Big. Get Rich.“ – Warum Deutschland endlich seinen Gründergeist entstauben muss

Von Philipp Herrmann

Deutschland, wir haben ein Mentalitätsproblem und das erlebe ich täglich, wenn ich mit Gründer:innen rede und gerne zitiere:

„Get rich or stop tryin“ (frei nach 50 Cent)

Ein Satz, der in Deutschland provoziert. Aber das Thema ist wichtig. Denn wer ein wirklich skalierendes Tech-Startup aufbauen will, muss es darauf anlegen, damit auch reich werden zu wollen. Warum? Weil dir als Gründer:in so viele Entbehrungen bevorstehen, wie du es dir vorab nicht vorstellen kannst. Und das bei statistisch geringer Erfolgswahrscheinlichkeit. Das heißt wenn es klappt, dann muss es auch richtig knallen. Sonst stimmt das Modell nicht. Ganz einfach.

Aber: wir haben in Deutschland immer noch ein kulturelles Problem mit Geld – selbst wenn es unternehmerisch erwirtschaftet ist.

Reichtum wird hierzulande misstrauisch beäugt. Wer viel verdient, muss sich erklären. Wer zeigt, dass er erfolgreich ist, steht unter Verdacht. Wer groß denkt, gilt schnell als arrogant.

Aber wir vergessen dabei einen entscheidenden Punkt: Finanzieller Erfolg, den man sich selbst erarbeitet hat, ist kein Zufall. Er ist das Ergebnis von Mut, Risiko und Durchhaltevermögen.

Wir feiern Florian Wirtz, wenn er für eine dreistellige Millionensumme zum FC Liverpool wechselt. Wir feiern Taylor Swift, wenn sie mit ihrer Tour Milliarden einspielt und ganze Volkswirtschaften ankurbelt.

Aber wenn Gründer:innen nach Jahren voller Verzicht, Krisen und 80-Stunden-Wochen mal siebenstellig verdienen, heißt es sofort: maßlos. Diese Doppelmoral ist nicht nur grotesk. Sie ist brandgefährlich.

Ich habe den Preis bezahlt

Ich habe mit etventure ein Unternehmen gegründet, aus dem Nichts aufgebaut und nach Jahren voller Krisen, Rückschläge und unzähliger 24/7-Nächte erfolgreich verkauft.

Das war kein unverhoffter Glückstreffer. Kein Lottogewinn. Sondern das Ergebnis von Jahren, in denen ich alles auf eine Karte gesetzt habe. Jahre, in denen mein Team und ich Nächte durchgearbeitet haben, während andere geschlafen haben. Jahre, in denen das Konto manchmal bedrohlich leer war, aber der Wille, weiterzumachen, größer.

Der Exit war kein Ende. Er war ein Beweis. Ein sichtbares Zeichen: Es hat sich gelohnt, all das Risiko zu tragen.

Heute bauen wir mit der BRYCK Startup Alliance im Ruhrgebiet eine Startup-Factory, die zehntausende Jobs schaffen soll. Wieder ist es kein Selbstläufer. Wieder kostet es Kraft, Ausdauer, Nerven. Und wieder merke ich: Ohne den inneren Hunger geht es nicht. Auch wenn es heute vor allem darum geht, den Erfolg der nächsten Generation von Gründer:innen zu ermöglichen.

Stanford: Hunger ist normal

In Stanford habe ich gelernt, was in Deutschland fehlt: unverschämter Hunger. Dort ist „Get rich or stop tryin’“ nicht nur ein Zitat, sondern Gründer:innen-Mentalität. Niemand schämt sich für den Wunsch, reich zu werden – weil alle wissen: Reichtum entsteht nicht über Nacht. Er entsteht, wenn man bereit ist, jahrelang alles zu geben. Im Valley sind bewundernswerte inhaltliche Visionen in Kombination mit Hunger nach finanziellem Erfolg kein Widerspruch – sondern vielmehr synergetisch wirkungsvoll.

Hierzulande dagegen tun wir so, als seien finanzielle Ambitionen per se verdächtig. Als dürfe man nicht laut sagen: Ja, ich will erfolgreich sein. Und ja, ich will auch die Früchte ernten, wenn ich es geschafft habe.

Bullshit. Wer gründet, weiß, wie hoch der Preis ist. Wer ihn zahlt, hat jedes Recht, das Ergebnis stolz zu zeigen.

Mehr Hunger, weniger Ducken

Deutschland braucht Gründer:innen, die denken wie Spitzensportler:innen. Ehrgeizig, leidenschaftlich, fokussiert. Die nicht nur „dabei sein“ wollen, sondern gewinnen. Kurz: Deutschland braucht mehr Gründer:innen mit Business-Punk-Attitüde. Ja, ich sehe viele Gründer:innen mit brillanten Ideen. Aber noch zu oft fehlt dieser unbändige Hunger. Zu viele wollen niemandem auf die Füße treten und haben Bedenken, wenn es um finanzielle Ambitionen geht. Nicht selten fällt der Ausdruck “mir geht es nicht ums Geld verdienen”.

Aber damit kommen wir nicht weit. Denn die Wahrheit ist brutal einfach:

  • Großer Impact entsteht durch krasse Risikobereitschaft
  • Krasse Risikobereitschaft entsteht in Kombination mit unbändigem Hunger, zu gewinnen. Und mit enormer Entbehrungsbereitschaft über viele Jahre.
  • Nur wer dafür auch einen krassen Payout erwarten kann, wird und sollte sich das tatsächlich vornehmen. Sonst lass es lieber.

Deutschland muss die Angst ablegen

Was uns fehlt, ist nicht Geld. Was uns fehlt, ist Haltung. Wir brauchen eine Kultur, die Gründer:innen feiert, weil sie bereit sind, Risiken zu tragen, die andere nie eingehen würden. Eine Kultur, die anerkennt, dass Wohlstand kein Geschenk ist, sondern das Ergebnis harter Arbeit.

Denn Reichtum ist nicht das Problem. Reichtum ist das Resultat. Das Resultat von Mut, Risiko, Disziplin und unerschütterlichem Glauben.

Deutschland muss lernen, diesen Reichtum nicht als Bedrohung zu sehen – sondern als Beweis für erarbeiteten Erfolg.

Reichtum verpflichtet

Bei allem Abfeiern gilt natürlich auch: Wer Vermögen hat, trägt Verantwortung und sollte sich fragen, wie dieses Kapital für Wirtschaft und Gesellschaft erneut Wirkung entfalten kann.  Das kann von unternehmerischen Re-Investitionen bis Impact Investments oder Spenden reichen. Es kann aber auch darin münden, dass Vermögende ihr Know-How, ihre Zeit, ihre Netzwerke in das gemeinwohlorientierte Projekte einbringen. Gerade deswegen gilt: Lasst uns diese Menschen für solche Themen aktivieren, anstatt sie sinnlos in Schubladen zu stecken.

Der neue Gründungsgeist

Wir brauchen eine neue Gründer:innen-Mentalität:

  • weniger falsche Bescheidenheit,
  • mehr Stolz auf selbst erarbeiteten Erfolg,
  • weniger Angst vor Neid,
  • mehr Hunger,
  • weniger Ducken,
  • mehr Sichtbarkeit.

Denn am Ende gilt: Reichtum ist kein Schimpfwort, wenn er verdient ist. Er ist der Beweis für Mut, Biss und Substanz. Er ist das Siegel für Menschen, die bereit waren, viel zu riskieren – und es geschafft haben. Und damit Wirtschaft und Gesellschaft voranbringen können.

Think Big. Get Rich.

Über den Autor: Philipp Hermann ist Co-Founder & CEO von BRYCK und zusammen mit seinem Co-Founder und Co-CEO Christian Lüdtke Herausgeber des im Siebenhaar Verlag erschienenen Buchs “Gründerzeiten”.