Tech & Trends CorTec: Deutscher Gehirnchip fordert Elon Musks Neuralink heraus – in den USA

CorTec: Deutscher Gehirnchip fordert Elon Musks Neuralink heraus – in den USA

Strüngmann-Brüder als Schlüsselinvestoren

Interessant ist, wer hinter dem deutschen Neurotech-Unternehmen steht: Die Strüngmann-Brüder, bekannt durch ihren Erfolg mit BioNTech, sind mit knapp 22 Prozent die größten Investoren bei CorTec. „Das Thema Gehirnforschung liegt uns schon lange am Herzen“, erklärt Thomas Strüngmann dem „Handelsblatt“. Die Zwillinge sind bereits seit 2019 über ihre Beteiligungsgesellschaft Santo Venture Capital GmbH bei CorTec investiert.

Die erste klinische Anwendung konzentriert sich auf Schlaganfallpatienten – ein enormer Markt, da allein in den USA und Europa jährlich 1,7 Millionen Menschen einen Schlaganfall erleiden, wie „Igorslab“ berichtet. Da konventionelle Physiotherapie oft nicht ausreicht, um die Bewegungsfähigkeit vollständig wiederherzustellen, könnte CorTecs Technologie eine bahnbrechende Alternative bieten.

Europäische Innovation mit amerikanischer Testphase

Bemerkenswert ist, dass die erste Implantation nicht in Deutschland oder Europa, sondern in den USA stattfand. Der Patient in Seattle nimmt an einer vom National Institute of Health finanzierten Studie teil, in deren Rahmen zunächst vier Patienten einen BCI von CorTec erhalten sollen. Die FDA hatte die notwendige Investigational Device Exemption bereits genehmigt.

Diese Entwicklung wirft Fragen zur europäischen Innovationsfähigkeit auf: Während die Technologie in Deutschland entwickelt wurde, findet die klinische Erprobung in den USA statt. Ein Muster, das in der Medizintechnik und Biotechnologie häufiger zu beobachten ist. Trotzdem zeigt der Erfolg von CorTec, dass europäische Unternehmen in Hightech-Märkten durchaus konkurrenzfähig sein können – wenn sie die richtigen Partner und Investoren finden.

Business Punk Check

Die Erfolgsgeschichte von CorTec offenbart die paradoxe Realität des Innovationsstandorts Deutschland: Wir entwickeln Spitzentechnologie, lassen sie aber im Ausland testen und kommerzialisieren. Der 19-Milliarden-Dollar-Markt für Gehirn-Computer-Schnittstellen wird aktuell von US-Unternehmen dominiert – nicht weil deren Technologie überlegen wäre, sondern weil das Ökosystem besser funktioniert. Die Strüngmann-Brüder haben es mit BioNTech vorgemacht und wiederholen das Spiel nun bei CorTec: Deutsche Ingenieurskunst plus ausreichend Kapital plus internationale Testmöglichkeiten ergibt globalen Erfolg. Doch diese Erfolgsformel bleibt die Ausnahme. Während US-Startups mit Risikokapital überschwemmt werden, müssen deutsche Neurotech-Unternehmen um jeden Euro kämpfen. Die entscheidende Frage für den Wirtschaftsstandort: Werden wir weiterhin Technologielieferant für amerikanische Erfolgsgeschichten bleiben, oder schaffen wir endlich die Bedingungen, um Innovationen von der Entwicklung bis zur Marktreife in Europa zu halten? CorTec zeigt: Deutsche Unternehmen können mit den Tech-Giganten mithalten – wenn man sie lässt.

Häufig gestellte Fragen

  • Warum wird der deutsche Gehirnchip in den USA und nicht in Europa getestet?
    Die regulatorischen Hürden für innovative Medizintechnik sind in den USA oft niedriger als in Europa. Die FDA bietet mit ihrer „Investigational Device Exemption“ einen klaren Rahmen für klinische Studien mit neuartigen Implantaten. Zudem verfügen US-Kliniken über mehr Erfahrung mit Neurotech-Implantaten und die Finanzierung durch das National Institute of Health erleichtert die Durchführung.
  • Welche Vorteile bietet der CorTec-Ansatz gegenüber Neuralink für Patienten?
    CorTecs Ansatz ist primär therapeutisch ausgerichtet und weniger invasiv. Mit nur 32 Kanälen (statt 1024 bei Neuralink) wird eine Kontaktmatte auf das Gehirn gelegt, nicht ins Gehirn eingeführt. Dies reduziert potenzielle Risiken wie Entzündungen oder Abstoßungsreaktionen. Zudem zielt die Technologie auf die Wiederherstellung verlorener Funktionen ab, nicht auf die Steuerung externer Geräte.
  • Welche wirtschaftlichen Chancen ergeben sich für den Medizintechnik-Standort Deutschland?
    Der BCI-Markt wächst bis 2035 auf prognostizierte 19 Milliarden Dollar. Deutsche Unternehmen können sich durch Fokussierung auf therapeutische Anwendungen und Kooperationen mit internationalen Kliniken positionieren. Entscheidend wird sein, ob die Technologieentwicklung mit schnelleren Zulassungsprozessen und besseren Finanzierungsmöglichkeiten in Europa unterstützt wird, um die Abwanderung von Tests und Talenten zu verhindern.
  • Wie können mittelständische Medizintechnikunternehmen von dieser Entwicklung profitieren?
    Zulieferer und Spezialisten für Komponenten, Materialien oder Software können sich als Partner für Neurotech-Unternehmen positionieren. Besonders gefragt: biokompatible Materialien, miniaturisierte Elektronik und KI-gestützte Signalverarbeitung. Mittelständler sollten frühzeitig Kooperationen mit Forschungseinrichtungen und Kliniken suchen und ihre Expertise in regulatorischen Fragen international ausbauen.

Quellen: „Igorslab“, „Handelsblatt“

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