Tech & Trends Deutsches Milliardenbündnis: Wie Telekom und Lidl-Mutter Europas KI-Gigafactory bauen wollen

Deutsches Milliardenbündnis: Wie Telekom und Lidl-Mutter Europas KI-Gigafactory bauen wollen

Zwei deutsche Schwergewichte machen gemeinsame Sache: Die Deutsche Telekom und die Schwarz-Gruppe (Lidl) planen ein milliardenschweres KI-Rechenzentrum – mit EU-Förderung im Rücken.

Deutschland positioniert sich im europäischen KI-Wettlauf. Die Deutsche Telekom und die Schwarz-Gruppe (Mutterkonzern von Lidl) führen intensive Gespräche über den gemeinsamen Bau eines Großrechenzentrums. Laut „n-tv“ steht eine formelle Einigung zwar noch aus, doch die Verhandlungen befinden sich bereits in einem fortgeschrittenen Stadium. Das Vorhaben könnte vom kanadischen Finanzinvestor Brookfield unterstützt werden.

Milliardenförderung als Treiber

Die Europäische Union plant die Förderung von vier bis fünf KI-Großrechenzentren mit öffentlichen Mitteln von bis zu 35 Prozent der Gesamtinvestition, wie „industriemagazin.at“ berichtet. Pro Rechenzentrum rechnet die EU-Kommission mit Investitionen zwischen drei und fünf Milliarden Euro. Diese finanzielle Unterstützung macht das Projekt für beide Unternehmen besonders attraktiv.

Eine Telekom-Sprecherin sagte dem „Handelsblatt“, der Dax-Konzern sei „interessiert, die EU-AI-Gigafactory in führender Position für den Standort Deutschland aufzubauen“. Zu konkreten Plänen mit der Schwarz-Gruppe äußerte sich das Unternehmen jedoch nicht. Auch die Schwarz-Gruppe selbst sowie Brookfield gaben keine Stellungnahme ab, wie „n-tv“ dokumentiert.

Vom Discounter zum Tech-Player

Die Schwarz-Gruppe hat bereits den Bau eines Großrechenzentrums in Lübbenau im Spreewald für elf Milliarden Euro angekündigt. Der Konzern entwickelt sich zunehmend vom reinen Handelsunternehmen zum ernstzunehmenden Tech-Player. Laut „turi2“ mischt die Schwarz-Gruppe inzwischen in Bereichen wie Cybersecurity, Cloud-Computing und Künstlicher Intelligenz mit.

Die Partnerschaft wurde offenbar auf höchster Ebene angebahnt. Wie „n-tv“ berichtet, sollen Telekom-Chef Timotheus Höttges und Schwarz-CEO Gerd Chrzanowski persönlich die Gespräche vorangetrieben haben. Diese Kooperation könnte ein entscheidender Schritt sein, um Deutschland im internationalen KI-Wettbewerb zu stärken.

Europas digitale Souveränität im Fokus

Die EU-Initiative für KI-Großrechenzentren zielt darauf ab, Europas digitale Souveränität zu stärken und die Abhängigkeit von amerikanischen und chinesischen Tech-Giganten zu reduzieren. Mit der Förderung will die EU-Kommission laut „industriemagazin.at“ sicherstellen, dass Europa im globalen KI-Wettlauf nicht abgehängt wird.

Die Kombination aus Telekoms Netzwerk-Expertise und der zunehmenden Tech-Kompetenz der Schwarz-Gruppe könnte ein schlagkräftiges Konsortium bilden. „Turi2“ zufolge hat sich besonders die Schwarz-Gruppe in den vergangenen Jahren als überraschend innovativer Akteur im Technologiesektor positioniert und fordert mittlerweile sogar Schwergewichte wie Amazon und OpenAI heraus.

Business Punk Check

Was hier als simple Kooperation zweier Großkonzerne daherkommt, ist in Wahrheit ein Frontalangriff auf die US-dominierte KI-Landschaft. Die Realität: Europa hat den KI-Zug fast verpasst und versucht nun mit Steuergeld, den Anschluss zu finden. Bemerkenswert ist, dass ausgerechnet ein Discounter-Imperium zum Tech-Player aufsteigt – während etablierte Softwarehäuser in Deutschland kaum KI-Relevanz entwickeln.

Die EU-Förderung von 35 Prozent ist dabei kein Geschenk, sondern notwendige Anschubfinanzierung in einem Markt, in dem US-Konzerne bereits Milliarden verbrannt haben. Entscheidend wird sein, ob das deutsch-deutsche Duo tatsächlich KI-Technologie entwickeln kann oder nur teure Rechenzentrumsinfrastruktur bereitstellt. Für den Wirtschaftsstandort Deutschland steht dabei mehr auf dem Spiel als nur Prestige – es geht um die Frage, ob Europa überhaupt noch eigenständige digitale Infrastruktur betreiben kann.

Häufig gestellte Fragen

  • Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hat das geplante KI-Rechenzentrum für den deutschen Mittelstand?
    Mittelständische Unternehmen könnten von lokalem KI-Zugang mit europäischen Datenschutzstandards profitieren. Entscheidend wird sein, ob das Konsortium tatsächlich offene Schnittstellen für kleinere Unternehmen bereitstellt oder primär die eigenen Konzerninteressen verfolgt. Mittelständler sollten jetzt Kontakte zu den Projektverantwortlichen knüpfen, um frühzeitig Zugangsoptionen zu sichern.
  • Kann die EU-Förderung von 35 Prozent wirklich ausreichen, um mit US-Tech-Giganten konkurrenzfähig zu werden?
    Die Förderung allein reicht nicht. Entscheidend wird die Kombination aus kontinuierlicher Investitionsbereitschaft, Talent-Akquise und strategischen Partnerschaften sein. Europäische Unternehmen müssen zudem ihre Datensilos öffnen, um wettbewerbsfähige KI-Modelle trainieren zu können – ohne dabei amerikanische Datenschutzstandards zu kopieren.
  • Welche Branchen würden am meisten von einem europäischen KI-Großrechenzentrum profitieren?
    Primär werden Industrie, Gesundheitswesen und Finanzsektor profitieren. Diese Branchen verfügen über große, strukturierte Datensätze und regulatorische Anforderungen, die europäische Lösungen attraktiv machen. Unternehmen dieser Sektoren sollten bereits jetzt Use Cases identifizieren und KI-Kompetenzen aufbauen, um bei Verfügbarkeit der Infrastruktur sofort handlungsfähig zu sein.
  • Wie verändert die Kooperation zwischen Telekom und Schwarz-Gruppe die europäische Tech-Landschaft?
    Diese ungewöhnliche Allianz könnte ein neues Modell für europäische Tech-Kooperationen etablieren. Sie zeigt, dass branchenübergreifende Partnerschaften nötig sind, um die nötige Investitionskraft aufzubringen. Für die Tech-Landschaft bedeutet dies: Traditionelle Branchengrenzen verschwimmen, und Unternehmen müssen über ihren angestammten Sektor hinausdenken, um im KI-Zeitalter relevant zu bleiben.

Quellen: „n-tv.de“, „industriemagazin.at“, „turi2.de“