Kernfusion: Was bedeutet der Durchbruch aus den USA?
Auch Horas Startup hat einen namhaften Geldgeber: Lukasz Gadowski, Mitgründer von Delivery Hero, StudiVZ und Spreadshirt. Der Rest der umgerechnet knapp 4 Mio. Euro schweren Pre-Seed-Runde kommt laut dem Unternehmen ebenfalls von vermögenden Einzelpersonen. Eine Ehre sei es, an der Seite Heinrich Horas Teil der „Revolution der Energieproduktion“ zu sein, ließ Gadowski mitteilen. Aber er sagt auch: „Jetzt müssen wir die Theorie in die Praxis umsetzen. Eine schwierige Aufgabe, aber der Mühen wert.“
Der Durchbruch
Was sowohl Heike Freunds als auch Heinrich Horas Hoffnungen befeuert: Am 8. August gelang in Kalifornien ein historischer Durchbruch, wie die beteiligten Wissenschaftler:innen sagen. An dem Tag beschossen sie am Lawrence Livermore National Laboratory eine sehr kleine Menge Brennstoff mit einem 1,9 Millionen-Megajoule-Laser. Der stärkste, der von Menschen je gebaut wurde. Der kann einen Druck von 100 Millionen Bar aufbauen. (Wenn Vergleiche hier noch Sinn machten, könnte man anfügen, dass ein Rennradreifen auf maximal zehn Bar aufgepumpt wird). Die Wissenschaftler:innen lösten eine Fusion aus und gewannen eine Energiemenge, die mehr als zwei Dritteln der eingesetzten Energie entsprach. Das ist viel mehr, als am Livermore Lab jemals gelungen war – vor einem Jahr war es noch um den Faktor 25 weniger.
Es ist diese Hürde, an der alle Versprechen der Kernfusion bisher scheitern: Es entsteht weniger Energie, als man aufzuwenden hatte. Es zündet nicht. Von Zündung sprechen Expert:innen dann, wenn die Reaktion im Plasma sich immer weiter fortsetzt. Wenn genug Kernfusionen entstehen, dass sie weitere auslösen.
So ganz fern unseres Alltag die Kernfusion auch sein mag, in dieser Hinsicht gleicht das Problem dem eines jeden Feuers. Wenn man das Zündholz nicht lange genug an die Kohle hält, glimmt die nur kurz auf.

Hora kann sich durch den Durchbruch in Kalifornien bestätigt sehen: „Dieses ganz hervorragende Ergebnis hat die 30 Mrd. Dollar für die französische Anlage natürlich infrage gestellt.“ Er meint damit das internationale Großprojekt ITER, wo Forschende erstmals demonstrieren wollen, dass ein Fusionsreaktor Energie gewinnen kann. Auch am ITER sind es superheiße Plasmen, in denen die Fusion ablaufen soll. Hora hingegen verfolgt den alternativen Laser-Ansatz schon seit Jahrzehnten: Bei seiner Firma HB11 arbeiten sie ebenfalls mit einer nicht thermischen Reaktion. Nicht durch extremes Aufheizen sollen die Kerne zum Fusionieren gebracht werden. Stattdessen will er mit dem Laser so viel Druck aufbauen, dass es zur Verschmelzung kommt. „Das ist unsere ganz spezifische Neuheit“, sagt Hora.
Die Ausgangsstoffe sind dabei andere als beim Greifswalder Experiment oder beim Durchbruch am Livermore Lab. Nicht Tritium nutzen HB11 und ebenso auch Marvel Fusion, sondern Wasserstoff und Bor.