Tech & Trends Tech-Milliardäre wollen das Gen-Baby: Kommt jetzt das Designer-Kind?

Tech-Milliardäre wollen das Gen-Baby: Kommt jetzt das Designer-Kind?

Silicon Valley investiert in die genetische Embryo-Bearbeitung. Startup Preventive will Erbkrankheiten eliminieren – doch Kritiker warnen vor Designerbabys. Was steckt hinter dem 30-Millionen-Investment?

Silicon Valley hat ein neues Lieblingsprojekt gefunden: Designer-Babys. Ein frisch gegründetes Startup namens Preventive will menschliche Embryonen genetisch verändern – und hat dafür prominente Unterstützer gewonnen. OpenAI-Chef Sam Altman und Coinbase-CEO Brian Armstrong gehören zu den frühen Investoren des Unternehmens, das bereits 30 Millionen Dollar eingesammelt hat, wie „NYPost“ berichtet. Das Ziel: Erbkrankheiten durch Gen-Editierung vor der Geburt eliminieren.

Millionen für die Gen-Revolution

Die in San Francisco ansässige Firma wurde erst in diesem Jahr vom Genforscher Lucas Harrington gegründet. Harrington, der seinen Doktortitel unter der CRISPR-Pionierin Jennifer Doudna erwarb, betont laut „WSJ“, dass das Unternehmen zunächst nur präklinische Forschung betreibe.

Man wolle herausfinden, ob die Bearbeitung von Embryonen sicher durchgeführt werden könne, bevor überhaupt an die Erzeugung eines Babys gedacht werde. „Wir wollen nichts überstürzen“, versichert Harrington gegenüber dem „WSJ“. „Wir verpflichten uns zu Transparenz in unserer Forschung und werden unsere Ergebnisse veröffentlichen – egal ob positiv oder negativ.“.

Rechtliche Grauzone und globale Suche

In den USA ist die Technologie höchst umstritten. Das amerikanische Gesetz verbietet der Food and Drug Administration (FDA), Anträge für klinische Studien zu prüfen, bei denen genetisch veränderte Embryonen für Schwangerschaften verwendet werden. Wie „NYPost“ berichtet, hat Preventive deshalb bereits alternative Standorte außerhalb der USA sondiert – darunter die Vereinigten Arabischen Emirate, wo Embryo-Editierung möglicherweise erlaubt wäre.

Harrington betont jedoch, dass die Suche nach ausländischen Standorten nur aufgrund regulatorischer Einschränkungen erfolge, nicht um Aufsichtsbehörden zu umgehen. Preventive präsentiert sich als Public-Benefit-Corporation, die neben Profit auch gesellschaftlichen Nutzen verfolgen darf. Ihr Unternehmenszweck: „Die verantwortungsvolle Weiterentwicklung von Genom-Editierungstechnologien vor der Geburt zum Wohle der Menschheit.“.

Tech-Milliardäre als Treiber

Die Investition in Preventive passt zur Agenda von Coinbase-CEO Armstrong, der sich laut „WSJ“ öffentlich für Embryo-Editierung ausgesprochen hat. Er argumentiert, dass es weitaus einfacher sei, einen genetischen Defekt im Embryo zu korrigieren als später im Leben eine Krankheit zu behandeln.

Bei OpenAI-Chef Altman führte dessen Ehemann Oliver Mulherin die Investition an. Er bezeichnet das Engagement als Versuch, Familien vor genetischen Krankheiten zu bewahren. Die Tech-Elite scheint das Thema für sich entdeckt zu haben – neben Preventive fließt Silicon-Valley-Kapital auch in andere Unternehmen der Reproduktionsgenetik wie Manhattan Genomics und Bootstrap Bio.

Zwischen Heilsversprechen und Eugenik-Vorwürfen

Kritiker sehen in der kommerziellen Embryo-Editierung den Einstieg in die Eugenik. „Sie lügen entweder, sind wahnhaft oder beides“, urteilt Fyodor Urnov, Direktor am Innovative Genomics Institute der UC Berkeley, gegenüber dem „WSJ“.

„Diese Leute mit ihren schlecht eingesetzten Geldsäcken arbeiten an der ‚Verbesserung von Babys‘.“ Die Erinnerung an den chinesischen Wissenschaftler He Jiankui ist noch frisch. Er schuf 2018 die weltweit ersten genveränderten Babys – Zwillinge, deren Embryonen so verändert wurden, dass sie gegen HIV resistent sein sollten. Jiankui verbüßte dafür drei Jahre Gefängnis wegen illegaler medizinischer Praktiken. Bis heute ist unklar, wie sich die Genveränderungen auf die Kinder ausgewirkt haben.

Business Punk Check

Der Tech-Hype um Designer-Babys verpackt ein ethisches Minenfeld in glänzendes Venture-Capital-Papier. Die 30 Millionen Dollar für Preventive sind nur der Anfang einer Entwicklung, die den 250 Milliarden Dollar schweren IVF-Markt revolutionieren könnte. Doch zwischen dem Versprechen, Erbkrankheiten zu eliminieren, und dem Albtraum genetischer Klassengesellschaften liegt nur ein Enzymschnitt.

Die wahre Disruption findet nicht in der Technologie statt, sondern in unserer Definition von Menschsein. Für Early Adopters gilt: Die ersten Gen-Babys werden nicht in San Francisco, sondern in regulatorischen Grauzonenmärkten wie Dubai geboren – zu Kosten von schätzungsweise 500.000 Dollar pro Kind. Die Frage ist nicht, ob es funktioniert, sondern ob wir es wollen.

Häufig gestellte Fragen

  • Was würde ein genverändertes Baby kosten?
    Die Kosten für ein genverändertes Baby werden auf mindestens 500.000 Dollar geschätzt – ein Vielfaches normaler IVF-Behandlungen. Darin enthalten: Embryo-Screening, Gen-Editierung, regulatorische Umgehungsstrategien und medizinische Betreuung in spezialisierten Offshore-Kliniken.
  • Welche Erbkrankheiten könnten tatsächlich eliminiert werden?
    Der Fokus liegt zunächst auf monogenetischen Erkrankungen wie Mukoviszidose oder Sichelzellenanämie, bei denen beide Eltern dieselbe Genmutation tragen. Diese Krankheiten haben einen klaren genetischen Marker und sind mit CRISPR-Technologie theoretisch behandelbar. Komplexere genetische Erkrankungen mit mehreren Genbeteiligungen bleiben vorerst unerreichbar.
  • Wann ist mit den ersten genveränderten Babys zu rechnen?
    Trotz des 30-Millionen-Investments dürfte es mindestens 5-7 Jahre dauern, bis erste klinische Anwendungen stattfinden – und diese werden höchstwahrscheinlich in Ländern mit laxerer Regulierung wie den VAE erfolgen. Die technologische Reife ist weniger limitierend als die regulatorischen Hürden.
  • Wie unterscheiden sich medizinische Genveränderungen von „Designer-Babys“?
    Die Grenze ist fließend. Während Preventive betont, nur schwere Erbkrankheiten eliminieren zu wollen, könnten dieselben Technologien theoretisch für die Optimierung von Eigenschaften wie Intelligenz oder körperlicher Leistungsfähigkeit eingesetzt werden. Die Unterscheidung liegt weniger in der Technologie als in der Intention und Regulierung.
  • Welche Alternativen gibt es zur Embryo-Editierung?
    Für Paare mit Risiko für Erbkrankheiten existieren bereits etablierte Alternativen wie Präimplantationsdiagnostik (PID), bei der Embryonen vor dem Einsetzen getestet werden. Diese Methode vermeidet die risikoreiche Genveränderung, kann aber nicht alle genetischen Konstellationen abdecken.

Quellen: „nypost.com“, „wsj.com“