Tech & Trends Vom Diebstahl zur Dunkelwirtschaft: Der lukrative Handel mit geklauten iPhones

Vom Diebstahl zur Dunkelwirtschaft: Der lukrative Handel mit geklauten iPhones

„Die Geräte mit ID wurden wahrscheinlich in den USA gestohlen oder geraubt. Sie werden nach Hongkong verkauft und dann in andere Länder weiterverkauft, darunter in den Nahen Osten“, erklärt Kevin Li, ein Händler aus Shenzhen, der das Gebäude in Kwun Tong besucht gegenüber „Financial Times“.

Hongkongs Status als zollfreie Freihandelszone macht es zum idealen Zwischenstopp. Der Import von Gebrauchtgeräten wird kaum kontrolliert und unterliegt keinen Einfuhrabgaben. Von dort gelangen die iPhones durch Kuriere im Reisegepäck oder über spezialisierte Schmuggelfirmen auf das chinesische Festland – ein Weg, der chinesische Zölle auf Elektronik umgeht.

Das Verwertungszentrum in Shenzhen

Im Huaqiangbei-Distrikt von Shenzhen, oft als „Silicon Valley Asiens“ bezeichnet, endet die Reise vieler gestohlener iPhones. Im Feiyang Times Building, besonders in der dritten und vierten Etage, reihen sich Hunderte Stände aneinander, an denen Händler mit Smartphones handeln – eine Aktivität, die vor allem am späten Nachmittag bis in die Nacht hinein pulsiert.

Das Besondere an diesem Ort: Jedes Gerät und jede Komponente hat einen Wert. Selbst gesperrte iPhones, die als Ganzes kaum nutzbar sind, werden hier profitabel verkauft. Die Region ist darauf spezialisiert, für jedes Einzelteil – von Displays über Logicboards bis hin zu kleinsten Chips – Abnehmer zu finden.

„Wenn sie einen Passcode haben… gibt es keine Möglichkeit, sie als Ganzes zu verkaufen“, erklärt ein Insider gegenüber „Financial Times“, ein Händler, dessen Stand iPhone-Bildschirme anbietet. „Wir haben keine Möglichkeit, die Herkunft der Geräte zu kennen.“

Wertschöpfung trotz Aktivierungssperre

Apples Aktivierungssperre (iCloud-Lock) macht gestohlene iPhones für Fremde zunächst unbrauchbar. Dennoch sind auch gesperrte iPhones fester Bestandteil des Handels. Der Ankaufpreis für solche „Has ID“-Geräte liegt bei etwa 30 Prozent des Werts eines funktionierenden, entsperrten iPhones. Dieser deutliche Abschlag macht das Geschäft für Zwischenhändler dennoch attraktiv, weil die Summe der verkauften Komponenten immer noch einen Gewinn einbringt.

Neben dem Ausschlachten gibt es auch perfide Versuche, die iCloud-Sperre zu umgehen. Viele Diebstahlopfer berichten von Nachrichten aus Shenzhen, in denen sie unter Vorwänden oder Drohungen aufgefordert werden, ihr Gerät aus der Ferne zu entsperren. Ein Krimineller schrieb einem Opfer, man sei nur „Recycling-Verkäufer“ und habe das Gerät nicht gestohlen. Falls die Sperre nicht entfernt werde, könne die Hauptplatine „gehackt“ werden, um an Kreditkarten oder Familiendaten zu gelangen.

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