Tech & Trends Wie in Kiel die Aquakultur der Zukunft entsteht

Wie in Kiel die Aquakultur der Zukunft entsteht

Selbst das Getümmel in den Unterwasserhochhäusern von Förde Garnelen hat Johnigk gefilmt. Je nach Schwerpunktthema gibt es in den Modulen beispielsweise Fragen zur Anatomie des Karpfens, zu dessen fachgerechter Betäubung oder zum korrekten Umgang mit Hightech-Equipment in Kreislaufanlagen. „Anhand von Unterwasserbildern können wir die Teilnehmer sogar auffordern, die Gesundheit der Tiere zu kontrollieren. Das ist viel wirksamer, als würde man sich ein paar Grafiken in Lehrbüchern oder auf Powerpoint-Folien anschauen“, sagt Behrendt.

Noch steckt das mit einem sechsstelligen Betrag von der Berliner Albert Schweitzer Stiftung finanzierte VR-Projekt in seinen Anfängen. Bis Jahresende werden vier Module fertig sein. 2022 folgen zwölf weitere. Im Februar stellen Johnigk und Behrendt ihr Konzept auf der Fish International Messe in Bremen vor.

Momentan konzentrieren sich Johnigk und Behrendt auf gut ein Dutzend Arten, die auch in deutschen Aquakulturbetrieben produziert werden. Etwa Garnelen, Karpfen oder Lachsforellen. Sobald es Corona wieder zulässt, sollen Farmen in Indonesien, Honduras oder Mexiko hinzukommen. Dort wird der in Deutschland beliebte Fisch Tilapia produziert. „Diese Module werden wir gar nicht erst auf Deutsch, sondern direkt auf Indonesisch, Spanisch und Englisch vertonen“, sagt Johnigk, der seine fast schon kindhafte Begeisterung für die Symbiose aus Technologie und Natur nicht zu verbergen versucht. Geht es nach ihm und Behrendt, wird ihre Innovation bald um die Welt gehen.

Tim Staufenberger, Betreiber der Kieler Meeresfarm GmbH & Co. KG. Foto: Evgeny Makarov FÜR BUSINESS PUNK

Bis nach Indonesien schaut Tim Staufenberger nicht. Sein Blick konzentriert sich ganz auf die Kieler Förde. Konkret: Auf zwei mit gelben Tonnen markierte Rechtecke. Insgesamt 100 mal 400 Meter groß. Völlig unscheinbar dümpeln sie dort, wo einst die Wasserflugzeuge der deutschen Marine abhoben und landeten. Heute züchten Staufenberger, Kristina Hartwig und Nikolai Nissen dort biozertifizierte Miesmuscheln.

Hindernis Blindgänger

Während Staufenberger, bei Nieselwetter im knallgelben Friesennerz verpackt am Ufer stehend, von Entstehung, Umsetzung und Vision der Kieler Meeresfarm erzählt, sind Hartwig und Nissen zwischen den beiden Anbaufeldern unterwegs. Auf einem motorbetriebenen Arbeitsponton, mit Kran an Deck und einem Unterstand daneben, der mehr an eine Telefonzelle denn ein Fahrerhaus erinnert.

Sie setzen neue Bojen, denn die Muschelfarm wird wachsen. „Doch bevor wir Ankersteine und Leinen im Wasser installieren, müssen wir den Ostseeboden sondieren lassen. Um auszuschließen, dass unter dem neuen Anbaugebiet Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg liegen“, sagt Staufenberger.

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