Person
Interview icon Interview Gast:
Andy Bruckschlögl
  Gründer:

- Andy Bruckschlögl

- Serienunternehmer & Investor

- Background: Gründer von Ryte und Mitgründer von Bits & Pretzels

- Heute: Aktiv zwischen Startup-, Investoren- und Konferenzwelt

- Ziel: Stärkung der europäischen Gründerszene und Aufbau nachhaltiger Tech-Unternehmen


Unternehmen:

- Gründung Ryte: 2012

- Exit: 2023, Integration in Semrush

- Gründung Bits & Pretzels: 2014

- Sitz: München

- Branche: SaaS (Website-Qualitätsmanagement), EventTech / Gründerökosystem


https://www.bitsandpretzels.com/
18. September 2025

Andy Bruckschlögl

Andy Bruckschlögl über Erfolge, Fails und den Spirit von Europa

Europas Startup-Szene braucht Gesichter – und Andy Bruckschlögl ist eines ihrer prägendsten. Seine Geschichte liest sich wie ein Lehrstück über Unternehmergeist und Durchhaltevermögen.


Seine ersten Sales machte er als Zwölfjähriger auf eBay, aus dem „Kid am Computer“ wurde
ein Seriengründer mit internationalem Impact: Mit Ryte trieb er Website-
Qualitätsmanagement voran, mit Bits & Pretzels hat er eines der relevantesten
Gründerfestivals Europas geschaffen. Heute jongliert er zwischen Startup, Konferenz-Bühne
und Investorenwelt – und bleibt dabei Triathlet im Kopf: immer am Limit, immer im
Wettkampf, meistens mit sich selbst.

[André Patrzek]: Du hast sehr früh angefangen, professionell auf eBay zu verkaufen. Wie kam es dazu?

[Andy Bruckschlögl]: Damals habe ich in der Chip eine kleine Anzeige gesehen – eBay war noch winzig. Die Idee, online Dinge zu kaufen und zu verkaufen, hat mich sofort gepackt. Also habe ich mir eine Digitalkamera besorgt, einen Rucksack aus dem Laden meiner Mutter fotografiert und eingestellt. Das war mein Einstieg ins Unternehmertum.

[AP]: Weißt du noch, was dein erster Kauf auf eBay war?

[AB]: Ein Rennrad. Ich hatte gerade mit Triathlon angefangen, aber kein Geld für ein neues Rad. Auf eBay fand ich ein gebrauchtes Cannondale – statt 1.500 Euro nur rund 700. Ein Jahr später wurde ich mit genau diesem Rad bayerischer Vizemeister. Für mich ein Schlüsselmoment: Mit den richtigen Entscheidungen kannst du mehr erreichen, als du denkst.

[AP]: Du warst auch Triathlet. Was reizt dich: der Wettkampf mit anderen – oder der mit dir selbst?

[AB]: Beides. Ich habe früh gemerkt, dass ich Talent fürs Laufen habe, und bin bei regionalen Läufen gestartet. Aber mein eigentlicher Antrieb war immer der Wettkampf mit mir selbst. Ich komme aus Roth, der Triathlon-Hochburg mit dem legendären Ironman. Jedes Jahr stand ich dort an der Strecke, sah die Athleten und dachte: Da will ich auch mal mitmachen.

Für mich steckt darin ein großes Learning: Unerreichbares wird erreichbar, wenn man hart dafür arbeitet. Als ich mir das Ziel gesetzt habe, konnte ich keine 25 Meter am Stück schwimmen. Ein paar Jahre später stand ich in Roth am Start. Genau dieses „über sich hinauswachsen“ prägt mich bis heute im Unternehmertum. Vielleicht finde ich es auch deshalb völlig unverständlich, dass die Bundesjugendspiele abgeschafft wurden – Wettbewerb bringt dich weiter.

[AP]: Nach eBay kam dein erster Onlineshop. Welche Rolle spielte dabei Alan Webb mit seiner SEO-Agentur Abakus? Was hat dich an SEO so gepackt?

[AB]: Alan Webb hatte damals ein Forum, da war ich extrem aktiv. Er bot auch Telefoncoachings an – 45 Minuten für rund 400 Euro. Für mich als Schüler war das ein Vermögen. Aber ich habe es gebucht – und Alan hat mir die Tür zu SEO aufgestoßen. Da habe ich verstanden: Mit Wissen im Internet kannst du einen riesigen Hebel bewegen. Dieses Prinzip hat mich nie losgelassen.

[AP]: Mit 17 hast du einen Fashion-Shop gegründet – viel Traffic, viel Umsatz, aber am Ende gescheitert. Warum? Und was hast du daraus gelernt?

[AB]: Wir sind an den Retouren zerbrochen. Bei Rucksäcken hatten wir unter zehn Prozent Rückläufer, bei Klamotten dagegen über 90. Teilweise kamen die Sachen getragen oder stinkend nach Rauch zurück. Damit hatten wir nie gerechnet. Später habe ich gesehen, dass selbst Zalando anfangs mit genau diesem Problem überrascht wurde – sie konnten es nur mit viel Kapital lösen.

Mein Learning: Jedes Business ist anders. Erfolge lassen sich nicht einfach multiplizieren. Nur weil ein Modell in einem Bereich funktioniert, heißt das nicht, dass es automatisch auch in einem anderen aufgeht.

Unerreichbares wird erreichbar, wenn man hart dafür arbeitet. Genau dieses über sich hinauswachsen prägt mich bis heute im Unternehmertum.
Andy Bruckschlögl
Andy Bruckschlögl


[AP]: Du warst schon als Jugendlicher auf der SEMSEO. Was war das Besondere am Spirit dieser Konferenz – und wie hat sie dich zu Bits & Pretzels inspiriert?

[AB]: Für mich war das ein Gamechanger. Plötzlich standen Experten live auf der Bühne und teilten ihr Wissen. Das war etwas völlig anderes als ein Forumseintrag. Ich war sofort angefixt, habe jedes Event besucht, das ich finden konnte – Konferenzen, Meetups, Abendveranstaltungen. Dort habe ich gemerkt: Networking ist genauso wertvoll wie der Vortrag selbst. Genau dieses Gefühl, Teil einer Szene zu sein, wollte ich später auch für Gründer schaffen. Das war die Keimzelle von Bits & Pretzels.

[AP]: Dort hast du auch Florian Lehwald und Marcus Tandler kennengelernt. Wie haben die beiden dich unterstützt?

[AB]: Florian war einer der ersten, der an meine Ideen geglaubt hat. Marcus gilt bis heute als einer der besten SEOs – er hat mir viel beigebracht und war ein echtes Vorbild. Solche Kontakte haben meinen Weg geprägt. Das ist übrigens auch ein großes Thema in meinem Buch: Dein Netzwerk entscheidet oft über deinen Erfolg.

[AP]: 2012 kam Onpage.org, später Ryte. Wie entstand die Idee?

[AB]: Die Idee kam direkt aus der Agenturarbeit. Wir haben viele Audits manuell gemacht – mühsam, fehleranfällig. Mein Mitgründer Jan Hendrik Merlin Reichenbacher, ein genialer Techie, baute dann in ein paar Nächten einen Crawler, der diese Arbeit automatisierte. Aus diesem internen Tool wurde Onpage.org, später Ryte – und am Ende eine Plattform, die weltweit genutzt wird.

[AP]: Was macht Ryte besonders?

[AB]: Wir haben uns nie auf SEO allein beschränkt, sondern Website-Qualität holistisch gesehen: Rankings, Datenschutz, Barrierefreiheit, Nachhaltigkeit. Unser Ziel war immer, Websites als Ganzes besser zu machen. Das hat uns von klassischen SEO-Tools unterschieden.

[AP]: 2017 habt ihr knapp 5 Mio. Euro eingesammelt. Warum war das wichtig – und was hat es bei Ryte verändert?

[AB]: Bis dahin waren wir gebootstrapped. Aber Mitbewerber hatten von Anfang an Millionen eingesammelt. Wir mussten nachziehen, um mitzuhalten. Mit dem Kapital konnten wir internationalisieren und schneller wachsen – aber es hat unseren Modus komplett verändert: von „jeden Euro umdrehen“ hin zu „schnell skalieren“. Eine völlig andere Welt.

[AP]: 2021 kamen weitere 6,5 Mio. von Octopus Investments. Was hat dieser Kick gebracht?

[AB]: Er hat uns Wachstum ermöglicht, aber auch gezeigt: Wir waren in manchen Bereichen zu früh zu groß. Sales zum Beispiel hätten wir strukturierter aufbauen müssen, bevor wir neue Leute einstellen. Wir haben Lehrgeld bezahlt – ein typischer Scale-up-Fehler. Genau darum geht es auch in meinem Buch: Wachstum ja, aber im richtigen Tempo.

[AP]: Warum wächst das Thema Website-Qualität weiterhin so stark?

[AB]: Weil Websites die Basis für alles sind – nicht nur für Google, sondern auch für KI. Chatbots und AI-Tools ziehen ihre Informationen aus Websites. Wenn die Qualität nicht stimmt, wirst du nicht gefunden. Ganz einfach.

[AP]: Ryte hat rund 100 Leute in München und Ho Chi Minh City. Was sind die nächsten großen Ziele?

[AB]: Vor dem Exit waren wir bei rund 130 Leuten, haben aber zweimal unser Team verkleinern müssen. Heute sind wir Teil von Semrush und haben die Ryte-Plattform vollständig integriert. Das war ein großer Schritt. Der Fokus liegt jetzt klar auf den Gewinn weiterer Großkunden sowie weitere Produktideen, die wir durch die Semrush-Struktur schneller umsetzen können.

[AP]: 2014 hast du mit Bernd Storm van’s Gravesande Bits & Pretzels gestartet. Warum – und wie hat sich das Festival über die Jahre verändert?

[AB]: Angefangen haben wir als kleines Gründerfrühstück. Die Idee war: Gründer zusammenbringen. Wir trafen einen Nerv und wuchsen schnell. Bald merkten wir aber: Als Frühstück allein funktioniert das nicht. Also haben wir das Konzept neu gedacht – drei Tage, zwei davon im ICM, der dritte auf dem Oktoberfest. Letzteres war unser USP.

Lange waren große Speaker unser Zugpferd. In den letzten Jahren haben wir den Fokus verschoben: Heute geht es uns noch stärker darum, echten Business-Value zu liefern. Jeder Teilnehmer investiert Zeit, Geld und Energie – und soll am Ende mit neuen Kontakten, Investoren, Wissen und Inspiration nach Hause gehen. Unser Ziel ist erreicht, wenn jemand sagt: Bits & Pretzels ist das Event, das mir am meisten gebracht hat.

[AP]: In diesem Jahr steht alles unter dem Motto „Connecting Europe“. Was bedeutet das für dich?

[AB]: Für mich ist das eine Mission: europäische Gründer zu stärken. Wir haben tolle Unternehmer in Europa, wir müssen sie nur besser vernetzen. Letztes Jahr starteten wir mit „Kickstart Europe“, dieses Jahr geht es tiefer. Mehr Länderpartner, mehr internationale Teilnehmer. Das Ziel: mehr Gründungen, die hier in Europa groß werden.

[AP]: Natürlich spielt KI auch eine Rolle. Wie sollte Europa mit dem Thema umgehen – jetzt und in Zukunft?

[AB]: Mutiger. Weniger regulieren, mehr machen. Die Amerikaner legen los und regulieren später. Wir regulieren erst und verlieren Zeit. Unser Mittelstand sollte enger mit Startups arbeiten, schneller testen, mutiger kaufen. So entstehen Umsätze, Investorenvertrauen – und Wettbewerbsfähigkeit.

[AP]: Zum Abschluss: Welche Person – dead or alive – würdest du gerne mal bei Bits & Pretzels begrüßen?

[AB]: Steve Jobs. Er hat mit dem iPhone ein Produkt geschaffen, das unser Leben komplett verändert hat – im Positiven wie im Negativen. Mich würde interessieren: Wie hätte er auf Social-Media-Sucht, ständige Ablenkung und die Stagnation in der Hardware-Innovation reagiert? Kurz vor seinem Tod hat er viel reflektiert. Ich frage mich oft: Welche Produkte hätte ein reflektierter Steve Jobs gebaut?

[André Patrzek]: Danke Andy für den inspirierenden Austausch und die wertvollen Learnings. Das ist sicher eine Motivation für viele Gründer. Dein Buch Startup! steht ganz oben auf meiner Leseliste!

Das Interview führte André Patrzek für UnternehmerNEXT von Business Punk.

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  Gründer:

- Andy Bruckschlögl

- Serienunternehmer & Investor

- Background: Gründer von Ryte und Mitgründer von Bits & Pretzels

- Heute: Aktiv zwischen Startup-, Investoren- und Konferenzwelt

- Ziel: Stärkung der europäischen Gründerszene und Aufbau nachhaltiger Tech-Unternehmen


Unternehmen:

- Gründung Ryte: 2012

- Exit: 2023, Integration in Semrush

- Gründung Bits & Pretzels: 2014

- Sitz: München

- Branche: SaaS (Website-Qualitätsmanagement), EventTech / Gründerökosystem


https://www.bitsandpretzels.com/
18. September 2025

Andy Bruckschlögl

Andy Bruckschlögl über Erfolge, Fails und den Spirit von Europa

Europas Startup-Szene braucht Gesichter – und Andy Bruckschlögl ist eines ihrer prägendsten. Seine Geschichte liest sich wie ein Lehrstück über Unternehmergeist und Durchhaltevermögen.


Seine ersten Sales machte er als Zwölfjähriger auf eBay, aus dem „Kid am Computer“ wurde
ein Seriengründer mit internationalem Impact: Mit Ryte trieb er Website-
Qualitätsmanagement voran, mit Bits & Pretzels hat er eines der relevantesten
Gründerfestivals Europas geschaffen. Heute jongliert er zwischen Startup, Konferenz-Bühne
und Investorenwelt – und bleibt dabei Triathlet im Kopf: immer am Limit, immer im
Wettkampf, meistens mit sich selbst.

[André Patrzek]: Du hast sehr früh angefangen, professionell auf eBay zu verkaufen. Wie kam es dazu?

[Andy Bruckschlögl]: Damals habe ich in der Chip eine kleine Anzeige gesehen – eBay war noch winzig. Die Idee, online Dinge zu kaufen und zu verkaufen, hat mich sofort gepackt. Also habe ich mir eine Digitalkamera besorgt, einen Rucksack aus dem Laden meiner Mutter fotografiert und eingestellt. Das war mein Einstieg ins Unternehmertum.

[AP]: Weißt du noch, was dein erster Kauf auf eBay war?

[AB]: Ein Rennrad. Ich hatte gerade mit Triathlon angefangen, aber kein Geld für ein neues Rad. Auf eBay fand ich ein gebrauchtes Cannondale – statt 1.500 Euro nur rund 700. Ein Jahr später wurde ich mit genau diesem Rad bayerischer Vizemeister. Für mich ein Schlüsselmoment: Mit den richtigen Entscheidungen kannst du mehr erreichen, als du denkst.

[AP]: Du warst auch Triathlet. Was reizt dich: der Wettkampf mit anderen – oder der mit dir selbst?

[AB]: Beides. Ich habe früh gemerkt, dass ich Talent fürs Laufen habe, und bin bei regionalen Läufen gestartet. Aber mein eigentlicher Antrieb war immer der Wettkampf mit mir selbst. Ich komme aus Roth, der Triathlon-Hochburg mit dem legendären Ironman. Jedes Jahr stand ich dort an der Strecke, sah die Athleten und dachte: Da will ich auch mal mitmachen.

Für mich steckt darin ein großes Learning: Unerreichbares wird erreichbar, wenn man hart dafür arbeitet. Als ich mir das Ziel gesetzt habe, konnte ich keine 25 Meter am Stück schwimmen. Ein paar Jahre später stand ich in Roth am Start. Genau dieses „über sich hinauswachsen“ prägt mich bis heute im Unternehmertum. Vielleicht finde ich es auch deshalb völlig unverständlich, dass die Bundesjugendspiele abgeschafft wurden – Wettbewerb bringt dich weiter.

[AP]: Nach eBay kam dein erster Onlineshop. Welche Rolle spielte dabei Alan Webb mit seiner SEO-Agentur Abakus? Was hat dich an SEO so gepackt?

[AB]: Alan Webb hatte damals ein Forum, da war ich extrem aktiv. Er bot auch Telefoncoachings an – 45 Minuten für rund 400 Euro. Für mich als Schüler war das ein Vermögen. Aber ich habe es gebucht – und Alan hat mir die Tür zu SEO aufgestoßen. Da habe ich verstanden: Mit Wissen im Internet kannst du einen riesigen Hebel bewegen. Dieses Prinzip hat mich nie losgelassen.

[AP]: Mit 17 hast du einen Fashion-Shop gegründet – viel Traffic, viel Umsatz, aber am Ende gescheitert. Warum? Und was hast du daraus gelernt?

[AB]: Wir sind an den Retouren zerbrochen. Bei Rucksäcken hatten wir unter zehn Prozent Rückläufer, bei Klamotten dagegen über 90. Teilweise kamen die Sachen getragen oder stinkend nach Rauch zurück. Damit hatten wir nie gerechnet. Später habe ich gesehen, dass selbst Zalando anfangs mit genau diesem Problem überrascht wurde – sie konnten es nur mit viel Kapital lösen.

Mein Learning: Jedes Business ist anders. Erfolge lassen sich nicht einfach multiplizieren. Nur weil ein Modell in einem Bereich funktioniert, heißt das nicht, dass es automatisch auch in einem anderen aufgeht.

Unerreichbares wird erreichbar, wenn man hart dafür arbeitet. Genau dieses über sich hinauswachsen prägt mich bis heute im Unternehmertum.
Andy Bruckschlögl
Andy Bruckschlögl


[AP]: Du warst schon als Jugendlicher auf der SEMSEO. Was war das Besondere am Spirit dieser Konferenz – und wie hat sie dich zu Bits & Pretzels inspiriert?

[AB]: Für mich war das ein Gamechanger. Plötzlich standen Experten live auf der Bühne und teilten ihr Wissen. Das war etwas völlig anderes als ein Forumseintrag. Ich war sofort angefixt, habe jedes Event besucht, das ich finden konnte – Konferenzen, Meetups, Abendveranstaltungen. Dort habe ich gemerkt: Networking ist genauso wertvoll wie der Vortrag selbst. Genau dieses Gefühl, Teil einer Szene zu sein, wollte ich später auch für Gründer schaffen. Das war die Keimzelle von Bits & Pretzels.

[AP]: Dort hast du auch Florian Lehwald und Marcus Tandler kennengelernt. Wie haben die beiden dich unterstützt?

[AB]: Florian war einer der ersten, der an meine Ideen geglaubt hat. Marcus gilt bis heute als einer der besten SEOs – er hat mir viel beigebracht und war ein echtes Vorbild. Solche Kontakte haben meinen Weg geprägt. Das ist übrigens auch ein großes Thema in meinem Buch: Dein Netzwerk entscheidet oft über deinen Erfolg.

[AP]: 2012 kam Onpage.org, später Ryte. Wie entstand die Idee?

[AB]: Die Idee kam direkt aus der Agenturarbeit. Wir haben viele Audits manuell gemacht – mühsam, fehleranfällig. Mein Mitgründer Jan Hendrik Merlin Reichenbacher, ein genialer Techie, baute dann in ein paar Nächten einen Crawler, der diese Arbeit automatisierte. Aus diesem internen Tool wurde Onpage.org, später Ryte – und am Ende eine Plattform, die weltweit genutzt wird.

[AP]: Was macht Ryte besonders?

[AB]: Wir haben uns nie auf SEO allein beschränkt, sondern Website-Qualität holistisch gesehen: Rankings, Datenschutz, Barrierefreiheit, Nachhaltigkeit. Unser Ziel war immer, Websites als Ganzes besser zu machen. Das hat uns von klassischen SEO-Tools unterschieden.

[AP]: 2017 habt ihr knapp 5 Mio. Euro eingesammelt. Warum war das wichtig – und was hat es bei Ryte verändert?

[AB]: Bis dahin waren wir gebootstrapped. Aber Mitbewerber hatten von Anfang an Millionen eingesammelt. Wir mussten nachziehen, um mitzuhalten. Mit dem Kapital konnten wir internationalisieren und schneller wachsen – aber es hat unseren Modus komplett verändert: von „jeden Euro umdrehen“ hin zu „schnell skalieren“. Eine völlig andere Welt.

[AP]: 2021 kamen weitere 6,5 Mio. von Octopus Investments. Was hat dieser Kick gebracht?

[AB]: Er hat uns Wachstum ermöglicht, aber auch gezeigt: Wir waren in manchen Bereichen zu früh zu groß. Sales zum Beispiel hätten wir strukturierter aufbauen müssen, bevor wir neue Leute einstellen. Wir haben Lehrgeld bezahlt – ein typischer Scale-up-Fehler. Genau darum geht es auch in meinem Buch: Wachstum ja, aber im richtigen Tempo.

[AP]: Warum wächst das Thema Website-Qualität weiterhin so stark?

[AB]: Weil Websites die Basis für alles sind – nicht nur für Google, sondern auch für KI. Chatbots und AI-Tools ziehen ihre Informationen aus Websites. Wenn die Qualität nicht stimmt, wirst du nicht gefunden. Ganz einfach.

[AP]: Ryte hat rund 100 Leute in München und Ho Chi Minh City. Was sind die nächsten großen Ziele?

[AB]: Vor dem Exit waren wir bei rund 130 Leuten, haben aber zweimal unser Team verkleinern müssen. Heute sind wir Teil von Semrush und haben die Ryte-Plattform vollständig integriert. Das war ein großer Schritt. Der Fokus liegt jetzt klar auf den Gewinn weiterer Großkunden sowie weitere Produktideen, die wir durch die Semrush-Struktur schneller umsetzen können.

[AP]: 2014 hast du mit Bernd Storm van’s Gravesande Bits & Pretzels gestartet. Warum – und wie hat sich das Festival über die Jahre verändert?

[AB]: Angefangen haben wir als kleines Gründerfrühstück. Die Idee war: Gründer zusammenbringen. Wir trafen einen Nerv und wuchsen schnell. Bald merkten wir aber: Als Frühstück allein funktioniert das nicht. Also haben wir das Konzept neu gedacht – drei Tage, zwei davon im ICM, der dritte auf dem Oktoberfest. Letzteres war unser USP.

Lange waren große Speaker unser Zugpferd. In den letzten Jahren haben wir den Fokus verschoben: Heute geht es uns noch stärker darum, echten Business-Value zu liefern. Jeder Teilnehmer investiert Zeit, Geld und Energie – und soll am Ende mit neuen Kontakten, Investoren, Wissen und Inspiration nach Hause gehen. Unser Ziel ist erreicht, wenn jemand sagt: Bits & Pretzels ist das Event, das mir am meisten gebracht hat.

[AP]: In diesem Jahr steht alles unter dem Motto „Connecting Europe“. Was bedeutet das für dich?

[AB]: Für mich ist das eine Mission: europäische Gründer zu stärken. Wir haben tolle Unternehmer in Europa, wir müssen sie nur besser vernetzen. Letztes Jahr starteten wir mit „Kickstart Europe“, dieses Jahr geht es tiefer. Mehr Länderpartner, mehr internationale Teilnehmer. Das Ziel: mehr Gründungen, die hier in Europa groß werden.

[AP]: Natürlich spielt KI auch eine Rolle. Wie sollte Europa mit dem Thema umgehen – jetzt und in Zukunft?

[AB]: Mutiger. Weniger regulieren, mehr machen. Die Amerikaner legen los und regulieren später. Wir regulieren erst und verlieren Zeit. Unser Mittelstand sollte enger mit Startups arbeiten, schneller testen, mutiger kaufen. So entstehen Umsätze, Investorenvertrauen – und Wettbewerbsfähigkeit.

[AP]: Zum Abschluss: Welche Person – dead or alive – würdest du gerne mal bei Bits & Pretzels begrüßen?

[AB]: Steve Jobs. Er hat mit dem iPhone ein Produkt geschaffen, das unser Leben komplett verändert hat – im Positiven wie im Negativen. Mich würde interessieren: Wie hätte er auf Social-Media-Sucht, ständige Ablenkung und die Stagnation in der Hardware-Innovation reagiert? Kurz vor seinem Tod hat er viel reflektiert. Ich frage mich oft: Welche Produkte hätte ein reflektierter Steve Jobs gebaut?

[André Patrzek]: Danke Andy für den inspirierenden Austausch und die wertvollen Learnings. Das ist sicher eine Motivation für viele Gründer. Dein Buch Startup! steht ganz oben auf meiner Leseliste!

Das Interview führte André Patrzek für UnternehmerNEXT von Business Punk.