Person
Interview icon Interview Gast:
Niklas Jansen
  Gründer:

- Niklas Jansen

- Co-Founder Interface Capital

- Serial Entrepreneur & Investor

- Background: BWL-Studium, früher Co-Founder von Blinkist & Superlist

- Mission: Investiert in Technologieunternehmen


Unternehmen:

- Name: Interface Capital

- Gründung: 2022

- Sitz: Berlin

- Branche: Venture Capital


www.interfacecap.com
22. Oktober 2025

Niklas Jansen

Cofounder von Interface Capital – investiert in Ideen, die Europa voranbringen

Niklas Jansen hat mit Blinkist gezeigt, wie man Wissen zugänglich macht – heute denkt er größer. Mit Interface Capital investiert er in Technologien, die Europa verändern können: von DeepTech bis CleanTech, von KI bis Energie. Dabei geht es ihm nicht nur um Rendite, sondern um Verantwortung – und darum, Kapital in Richtung Zukunft zu lenken.

[André Patrzek]: Niklas, warst du schon als Kind ein Bücherwurm, oder hast du dir damals schon gewünscht, es gäbe etwas wie Blinkist?

[Niklas Jansen]: Ja, absolut. Ich war immer neugierig, obwohl ich kein klassischer Bücherwurm war. Aber ich wollte immer verstehen, wie Dinge funktionieren und warum die Welt ist, wie sie ist. Ich habe mich viel für Geschichte und Technik interessiert, später dann HipHop.

[AP]: Gab’s in deiner Kindheit Momente, die dich als Unternehmer nachhaltig geprägt haben?

[NJ]: Es gibt nicht den einen Moment, aber meine Eltern haben mir immer viel Freiraum gegeben. Dadurch war ich früh sehr unabhängig – in dem, was ich gemacht habe, und wie ich über Dinge nachgedacht habe. Ich habe auch früh gerne Verantwortung übernommen, als Klassensprecher und Kapitän der Fußballmannschaft.

[AP]: Welche Werte haben dir deine Eltern oder deine Umgebung vermittelt, die dich bis heute leiten?

[NJ]: Vertrauen, Großzügigkeit, selbstständiges Denken – und dass man Arbeit reinstecken muss, um erfolgreich zu sein.

[AP]: Unternehmerisch oder auch privat: Wer waren deine Vorbilder, und was hast du dir von ihnen abgeschaut?

[NJ]: Als Jugendlicher war ich ein riesiger Fan von Kobe Bryant. Er hatte enorme Klasse und Exzellenz in seinem Spiel, war aber gleichzeitig reflektiert und hat sich immer versucht zu verbessern. Diese Kombination hat mich sehr beeindruckt. Auf der unternehmerischen Seite gibt es viele tolle Leute, von denen ich in den letzten Jahren viel gelernt habe, wie Mitgründer oder Mentoren, oder Leute, die mich inspirieren, wie Steve Jobs oder Warren Buffet. Klar versucht man sich hier und da auch mal was abzuschauen, aber ich glaube, Unternehmertum heißt auch, seinen eigenen Weg zu gehen und vor allem seine eigenen Fehler zu machen.

[AP]: Du hast in Marburg und später in Spanien studiert: Hat dein Blick auf Wirtschaft und Unternehmertum Einflüsse von beidem? 

[NJ]: In Marburg habe ich mein erstes Unternehmen gegründet, interessanterweise im Kern mit dem Team, mit dem ich später Blinkist gegründet habe. Besonders prägend war auch ein Professor, der selber gegründet hatte. In einer Vorlesung kurz vor den Weihnachtsferien hatte er eine ganze Vorlesung über seine eigene Gründungsgeschichte gemacht, von der Idee bis zum IPO. In dem Moment wusste ich: Ich will gründen.

[AP]: Du hast schon während der Uni gegründet: Was hat dich damals angetrieben, und von welchen Learnings daraus profitierst du heute noch?

[NJ]: Meine erste Gründung hat mir gezeigt, dass man seine Ideen wirklich umsetzen kann, wenn man bereit ist, Arbeit und Überzeugung hineinzustecken. Ich habe für mich gelernt, dass es erfüllend ist, andere Menschen für eine Idee zu begeistern und diese im Team umzusetzen. Aber auch, wie schwer es ist, Kunden zu gewinnen und dass unternehmerischer Erfolg viel Disziplin und Opferbereitschaft benötigt.

[AP]: Dein erster Job war bei KPMG, was hast du dort gelernt, das dir später bei Blinkist geholfen hat?

[NJ]: Bei KPMG habe ich gelernt, mit Zahlen und Menschen zugleich zu arbeiten, beides fasziniert mich bis heute. Ich habe verstanden, wie Unternehmen funktionieren, wachsen und gesteuert werden. Meine damaligen Chefs hatten alle auch einen enorm hohen Anspruch an die Arbeit, was mich auch sehr geprägt hat. Und (leider) bin ich seitdem auch in jedem Unternehmen, das ich gegründet habe, automatisch zum Finance Excel-Master geworden 😉

[AP]: Blinkist ist 2012 gestartet und wurde global groß. Aber gab es Momente, in denen du gezweifelt hast?

[NJ]: Es gab viele Dinge, die schief gelaufen sind, und gerade in den ersten Jahren sind viele Dinge nicht so gelaufen, wie wir uns das vorgestellt hatten. Aber an der Idee habe ich nie gezweifelt. Ich war immer überzeugt davon, dass es einen Markt für so ein Produkt gibt. In diesen schwierigen Phasen hat uns der Purpose motiviert: Menschen beim lebenslangen Lernen zu helfen. Irgendwann hat es Klick gemacht, durch gute Entscheidungen, viel Arbeit, aber auch Glück beim Timing.

[AP]: Was war dein größter Fehler bei Blinkist, und was dein größtes Learning, das du heute als Investor weitergibst?

[NJ]: Einer unserer größten Fehler war, dass wir irgendwann zu viele Dinge gleichzeitig wollten. Umsatz verdoppeln, Kernprodukt verbessern, Audiobücher hinzufügen, Original Content produzieren. Am Ende haben wir viele Sachen gemacht, aber nichts richtig gut. Was ich heute weiter gebe: Einfachheit schlägt Komplexität. Lieber eine Sache außergewöhnlich gut machen, als drei halbfertig.

[AP]: Nach dem Exit 2023: Wie hat sich dein Leben verändert, und was bedeutet „Erfolg“ für dich heute?

[NJ]: Wir sind alle sehr stolz auf das, was wir mit Blinkist erreicht haben. Der Exit war ein Abschluss, aber auch ein Start. Ich habe mit Interface Capital weitergemacht und kann nun meine Learnings weitergeben. Erfolg bedeutet für mich heute: Mit Menschen, die ich schätze, an Themen zu arbeiten, die mich interessieren, möglichst selbstbestimmt. Und genug Raum für Lernen und Familie haben.

„Erfolg ist kein Ziel, sondern die Freiheit, mit Menschen, die man schätzt, an Dingen zu arbeiten, die wirklich zählen.“
Niklas Jansen
Niklas Jansen

[AP]: Wie siehst du die aktuelle europäische Startup-Landschaft, eher optimistisch oder mit Frust?

[NJ]: Als Unternehmer ist man ja so etwas wie ein Berufsoptimist. Mich stimmt optimistisch, wie viele kluge, ehrgeizige Gründer es in Europa gibt. Die wollen wirklich etwas bewegen. Sorgen macht mir, dass viele in die USA abwandern, weil die Rahmenbedingungen hier zu kompliziert sind. Ich glaube fest daran, dass Europa alles hat, um in Themen wie Manufacturing, Robotics, Lifesciences oder Energie führend zu sein. Aber es wird gesellschaftlichen und politischen Mut zur Veränderung brauchen, um dafür einen starken Rahmen zu schaffen.

[AP]: Welche Unterschiede siehst du zwischen deutschen und internationalen Gründer:innen?

[NJ]: Wenn man zum Beispiel deutsche mit amerikanischen Gründern vergleicht, fällt auf, dass Amerikaner oft visionärer und größer denken. Das muss nicht immer besser sein, aber es hilft enorm, wenn man Kapital und Talent anziehen möchte, um eine „generational company“ zu gründen. Ich glaube davon können wir uns in Deutschland noch etwas abgucken.

[AP]: Gründen geht meist nicht ohne das richtige Team: welche Rollen oder Charaktere dürfen deiner Meinung nach nie fehlen?

[NJ]: Ich denke weniger an Rollen, sondern an Persönlichkeiten und Perspektiven. Entscheidend ist, dass im Team unterschiedliche Erfahrungen und Denkweisen zusammenkommen, und man sich vertraut, um diese wirklich zu nutzen und Synergien zu schaffen. Wir hatten bei Blinkist ein Gründerteam, das viele gemeinsame Werte und Prinzipien geteilt hat, aber sehr komplementäre Fähigkeiten und Sichtweisen hatte. Das war nicht immer einfach und hat auch viel Reibung erzeugt, aber wir haben über die Zeit gelernt, uns gegenseitig zu vertrauen und die eigenen Schwächen mit den Stärken der anderen Gründer zu kompensieren.

[AP]: Interface Capital investiert in DeepTech und KI. Was muss ein Investment haben, damit es sich für dich „richtig“ anfühlt, und nicht nur rentabel?

[NJ]: Neben den klassischen Punkten wie einem enorm starken Gründerteam und einer guten Idee wollen wir vor allem in Startups investieren, die Europa voranbringen und einen wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Mehrwert bieten. Als Investor hat man aus meiner Sicht das Privileg, aber auch die Verantwortung, mit dem Kapital die Zukunft, die man selber sehen möchte, mitzugestalten. Hier haben wir uns als Firma auch weiterentwickelt. Zu Beginn haben wir eigentlich nur Startups gesucht, die groß werden können. Jetzt ist der Purpose und der Impact auch ein Kriterium, auf das wir achten.

[AP]: Gab’s Deals, die du bewusst abgelehnt hast, aus ethischen Gründen?

[NJ]: Ja, das ist schon vorgekommen.

[AP]: Welches eurer Portfoliounternehmen fordert dich intellektuell am meisten, und warum?

[NJ]: Das ist eine der besten Sachen beim Investieren in Startups, man darf ständig in neue Welten eintauchen. Aktuell arbeite ich viel mit einer unserer Portfolio Firmen zusammen, die eine neue Batterietechnologie entwickeln. Hier steigt man nicht nur tief in die Technologie ein, sondern auch in globale Lieferketten und geopolitische Themen mit China. Auf jeden Fall sehr herausfordernd, aber es macht auch viel Spaß.

Aber auch ganz ehrlich, bei Investments in z. B. Space-Tech kann ich wenig Mehrwert leisten, auch wenn ich es enorm interessant finde. Da vertrauen wir voll und ganz auf das Gründerteam.

[AP]: KI ist überall. Was sind für dich die größten Chancen, und die gefährlichsten Fallstricke?

[NJ]: KI wird in den nächsten zehn Jahren wahrscheinlich vieles verändern, wie wir arbeiten, lernen und leben. 

Eine Chance, die ich sehe, ist, dass KI uns viele wiederkehrende und komplexe Arbeiten abnehmen kann und wir uns mehr auf das konzentrieren können, was uns menschlich macht – Ideen entwickeln, Dinge ausprobieren, Neues schaffen. Das wird neue Gründer hervorbringen, neue Jobs und neue Industrien schaffen.

Darüber gibt es natürlich die große Hoffnung, dass AI uns helfen wird, Lösungen für die großen Probleme unserer Zeit zu finden, Krankheiten zu heilen, den Klimawandel zu verlangsamen, neue Materialien zu entwickeln.

Gleichzeitig sehe ich auch viele Risiken, z.B. dass wir Kontrolle oder Sinn verlieren. Dass Maschinen Entscheidungen treffen, bevor wir verstehen, was passiert. Und dass wir den gesellschaftlichen Wandel, der damit kommen wird, nicht schnell und effektiv adressieren.

Ich glaube zwar, dass Wandel und Erneuerung prinzipiell gute Dinge sind. Gleichzeitig macht mir in der aktuellen Zeit und dem politischen Umfeld, in dem wir leben, der Gedanke an die schöpferische Zerstörung von AI und die Auswirkungen auch große Sorgen.

[AP]: Wie bleibst du nach all den Erfolgen neugierig und lernbereit?

[NJ]: Das ist ganz einfach: Meine Kinder helfen mir enorm, weil sie mich jeden Tag zurück in die Realität und das Hier und Jetzt holen. Gleichzeitig motivieren sie mich durch ihre Neugier und Entwicklung, selbst immer dazuzulernen.

[AP]: Wenn Geld kein Antrieb mehr ist, was treibt dich heute an?

[NJ]: Mich treibt der Wunsch, zu lernen und zu wachsen an. Ich will Dinge bauen, auf die ich stolz sein kann – etwas, das ich meinen Kindern zeigen möchte. Geld ist nicht (mehr) der Antrieb. Es geht um Neugier, um den Spaß an neuen Themen und darum, mit tollen Menschen zusammen etwas zu schaffen.

[AP]: Welche Bücher oder Podcasts konsumierst du selbst mit Blinkist?

[NJ]: Vor ein paar Wochen habe ich Sam Altman getroffen, seine Klarheit und Überzeugung haben mich stark beeindruckt.

[AP]: Und zum Schluss: Was willst du der nächsten Gründer:innen-Generation mitgeben?

[Niklas Jansen]: Vertraut eurem Instinkt und macht das, woran ihr glaubt, nicht das, was andere euch sagen. Unabhängiges Denken ist aus meiner Erfahrung eine wesentliche Eigenschaft von erfolgreichen Teams. Und Gründen ist oft eine lange, harte Reise. Wenn man nicht wirklich für das Thema brennt, wird man auf Dauer unglücklich. Leidenschaft für die Idee und Unternehmertum ist die Voraussetzung.

[André Patrzek]: Danke, Niklas, für ein Gespräch, das zeigt, dass Unternehmertum nicht nur um Wachstum geht, sondern auch um Verantwortung und den Mut, Wirkung über Profit zu stellen.

Das Interview führte André Patrzek für UnternehmerNEXT von Business Punk.

Company logo
  Gründer:

- Niklas Jansen

- Co-Founder Interface Capital

- Serial Entrepreneur & Investor

- Background: BWL-Studium, früher Co-Founder von Blinkist & Superlist

- Mission: Investiert in Technologieunternehmen


Unternehmen:

- Name: Interface Capital

- Gründung: 2022

- Sitz: Berlin

- Branche: Venture Capital


www.interfacecap.com
22. Oktober 2025

Niklas Jansen

Cofounder von Interface Capital – investiert in Ideen, die Europa voranbringen

Niklas Jansen hat mit Blinkist gezeigt, wie man Wissen zugänglich macht – heute denkt er größer. Mit Interface Capital investiert er in Technologien, die Europa verändern können: von DeepTech bis CleanTech, von KI bis Energie. Dabei geht es ihm nicht nur um Rendite, sondern um Verantwortung – und darum, Kapital in Richtung Zukunft zu lenken.

[André Patrzek]: Niklas, warst du schon als Kind ein Bücherwurm, oder hast du dir damals schon gewünscht, es gäbe etwas wie Blinkist?

[Niklas Jansen]: Ja, absolut. Ich war immer neugierig, obwohl ich kein klassischer Bücherwurm war. Aber ich wollte immer verstehen, wie Dinge funktionieren und warum die Welt ist, wie sie ist. Ich habe mich viel für Geschichte und Technik interessiert, später dann HipHop.

[AP]: Gab’s in deiner Kindheit Momente, die dich als Unternehmer nachhaltig geprägt haben?

[NJ]: Es gibt nicht den einen Moment, aber meine Eltern haben mir immer viel Freiraum gegeben. Dadurch war ich früh sehr unabhängig – in dem, was ich gemacht habe, und wie ich über Dinge nachgedacht habe. Ich habe auch früh gerne Verantwortung übernommen, als Klassensprecher und Kapitän der Fußballmannschaft.

[AP]: Welche Werte haben dir deine Eltern oder deine Umgebung vermittelt, die dich bis heute leiten?

[NJ]: Vertrauen, Großzügigkeit, selbstständiges Denken – und dass man Arbeit reinstecken muss, um erfolgreich zu sein.

[AP]: Unternehmerisch oder auch privat: Wer waren deine Vorbilder, und was hast du dir von ihnen abgeschaut?

[NJ]: Als Jugendlicher war ich ein riesiger Fan von Kobe Bryant. Er hatte enorme Klasse und Exzellenz in seinem Spiel, war aber gleichzeitig reflektiert und hat sich immer versucht zu verbessern. Diese Kombination hat mich sehr beeindruckt. Auf der unternehmerischen Seite gibt es viele tolle Leute, von denen ich in den letzten Jahren viel gelernt habe, wie Mitgründer oder Mentoren, oder Leute, die mich inspirieren, wie Steve Jobs oder Warren Buffet. Klar versucht man sich hier und da auch mal was abzuschauen, aber ich glaube, Unternehmertum heißt auch, seinen eigenen Weg zu gehen und vor allem seine eigenen Fehler zu machen.

[AP]: Du hast in Marburg und später in Spanien studiert: Hat dein Blick auf Wirtschaft und Unternehmertum Einflüsse von beidem? 

[NJ]: In Marburg habe ich mein erstes Unternehmen gegründet, interessanterweise im Kern mit dem Team, mit dem ich später Blinkist gegründet habe. Besonders prägend war auch ein Professor, der selber gegründet hatte. In einer Vorlesung kurz vor den Weihnachtsferien hatte er eine ganze Vorlesung über seine eigene Gründungsgeschichte gemacht, von der Idee bis zum IPO. In dem Moment wusste ich: Ich will gründen.

[AP]: Du hast schon während der Uni gegründet: Was hat dich damals angetrieben, und von welchen Learnings daraus profitierst du heute noch?

[NJ]: Meine erste Gründung hat mir gezeigt, dass man seine Ideen wirklich umsetzen kann, wenn man bereit ist, Arbeit und Überzeugung hineinzustecken. Ich habe für mich gelernt, dass es erfüllend ist, andere Menschen für eine Idee zu begeistern und diese im Team umzusetzen. Aber auch, wie schwer es ist, Kunden zu gewinnen und dass unternehmerischer Erfolg viel Disziplin und Opferbereitschaft benötigt.

[AP]: Dein erster Job war bei KPMG, was hast du dort gelernt, das dir später bei Blinkist geholfen hat?

[NJ]: Bei KPMG habe ich gelernt, mit Zahlen und Menschen zugleich zu arbeiten, beides fasziniert mich bis heute. Ich habe verstanden, wie Unternehmen funktionieren, wachsen und gesteuert werden. Meine damaligen Chefs hatten alle auch einen enorm hohen Anspruch an die Arbeit, was mich auch sehr geprägt hat. Und (leider) bin ich seitdem auch in jedem Unternehmen, das ich gegründet habe, automatisch zum Finance Excel-Master geworden 😉

[AP]: Blinkist ist 2012 gestartet und wurde global groß. Aber gab es Momente, in denen du gezweifelt hast?

[NJ]: Es gab viele Dinge, die schief gelaufen sind, und gerade in den ersten Jahren sind viele Dinge nicht so gelaufen, wie wir uns das vorgestellt hatten. Aber an der Idee habe ich nie gezweifelt. Ich war immer überzeugt davon, dass es einen Markt für so ein Produkt gibt. In diesen schwierigen Phasen hat uns der Purpose motiviert: Menschen beim lebenslangen Lernen zu helfen. Irgendwann hat es Klick gemacht, durch gute Entscheidungen, viel Arbeit, aber auch Glück beim Timing.

[AP]: Was war dein größter Fehler bei Blinkist, und was dein größtes Learning, das du heute als Investor weitergibst?

[NJ]: Einer unserer größten Fehler war, dass wir irgendwann zu viele Dinge gleichzeitig wollten. Umsatz verdoppeln, Kernprodukt verbessern, Audiobücher hinzufügen, Original Content produzieren. Am Ende haben wir viele Sachen gemacht, aber nichts richtig gut. Was ich heute weiter gebe: Einfachheit schlägt Komplexität. Lieber eine Sache außergewöhnlich gut machen, als drei halbfertig.

[AP]: Nach dem Exit 2023: Wie hat sich dein Leben verändert, und was bedeutet „Erfolg“ für dich heute?

[NJ]: Wir sind alle sehr stolz auf das, was wir mit Blinkist erreicht haben. Der Exit war ein Abschluss, aber auch ein Start. Ich habe mit Interface Capital weitergemacht und kann nun meine Learnings weitergeben. Erfolg bedeutet für mich heute: Mit Menschen, die ich schätze, an Themen zu arbeiten, die mich interessieren, möglichst selbstbestimmt. Und genug Raum für Lernen und Familie haben.

„Erfolg ist kein Ziel, sondern die Freiheit, mit Menschen, die man schätzt, an Dingen zu arbeiten, die wirklich zählen.“
Niklas Jansen
Niklas Jansen

[AP]: Wie siehst du die aktuelle europäische Startup-Landschaft, eher optimistisch oder mit Frust?

[NJ]: Als Unternehmer ist man ja so etwas wie ein Berufsoptimist. Mich stimmt optimistisch, wie viele kluge, ehrgeizige Gründer es in Europa gibt. Die wollen wirklich etwas bewegen. Sorgen macht mir, dass viele in die USA abwandern, weil die Rahmenbedingungen hier zu kompliziert sind. Ich glaube fest daran, dass Europa alles hat, um in Themen wie Manufacturing, Robotics, Lifesciences oder Energie führend zu sein. Aber es wird gesellschaftlichen und politischen Mut zur Veränderung brauchen, um dafür einen starken Rahmen zu schaffen.

[AP]: Welche Unterschiede siehst du zwischen deutschen und internationalen Gründer:innen?

[NJ]: Wenn man zum Beispiel deutsche mit amerikanischen Gründern vergleicht, fällt auf, dass Amerikaner oft visionärer und größer denken. Das muss nicht immer besser sein, aber es hilft enorm, wenn man Kapital und Talent anziehen möchte, um eine „generational company“ zu gründen. Ich glaube davon können wir uns in Deutschland noch etwas abgucken.

[AP]: Gründen geht meist nicht ohne das richtige Team: welche Rollen oder Charaktere dürfen deiner Meinung nach nie fehlen?

[NJ]: Ich denke weniger an Rollen, sondern an Persönlichkeiten und Perspektiven. Entscheidend ist, dass im Team unterschiedliche Erfahrungen und Denkweisen zusammenkommen, und man sich vertraut, um diese wirklich zu nutzen und Synergien zu schaffen. Wir hatten bei Blinkist ein Gründerteam, das viele gemeinsame Werte und Prinzipien geteilt hat, aber sehr komplementäre Fähigkeiten und Sichtweisen hatte. Das war nicht immer einfach und hat auch viel Reibung erzeugt, aber wir haben über die Zeit gelernt, uns gegenseitig zu vertrauen und die eigenen Schwächen mit den Stärken der anderen Gründer zu kompensieren.

[AP]: Interface Capital investiert in DeepTech und KI. Was muss ein Investment haben, damit es sich für dich „richtig“ anfühlt, und nicht nur rentabel?

[NJ]: Neben den klassischen Punkten wie einem enorm starken Gründerteam und einer guten Idee wollen wir vor allem in Startups investieren, die Europa voranbringen und einen wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Mehrwert bieten. Als Investor hat man aus meiner Sicht das Privileg, aber auch die Verantwortung, mit dem Kapital die Zukunft, die man selber sehen möchte, mitzugestalten. Hier haben wir uns als Firma auch weiterentwickelt. Zu Beginn haben wir eigentlich nur Startups gesucht, die groß werden können. Jetzt ist der Purpose und der Impact auch ein Kriterium, auf das wir achten.

[AP]: Gab’s Deals, die du bewusst abgelehnt hast, aus ethischen Gründen?

[NJ]: Ja, das ist schon vorgekommen.

[AP]: Welches eurer Portfoliounternehmen fordert dich intellektuell am meisten, und warum?

[NJ]: Das ist eine der besten Sachen beim Investieren in Startups, man darf ständig in neue Welten eintauchen. Aktuell arbeite ich viel mit einer unserer Portfolio Firmen zusammen, die eine neue Batterietechnologie entwickeln. Hier steigt man nicht nur tief in die Technologie ein, sondern auch in globale Lieferketten und geopolitische Themen mit China. Auf jeden Fall sehr herausfordernd, aber es macht auch viel Spaß.

Aber auch ganz ehrlich, bei Investments in z. B. Space-Tech kann ich wenig Mehrwert leisten, auch wenn ich es enorm interessant finde. Da vertrauen wir voll und ganz auf das Gründerteam.

[AP]: KI ist überall. Was sind für dich die größten Chancen, und die gefährlichsten Fallstricke?

[NJ]: KI wird in den nächsten zehn Jahren wahrscheinlich vieles verändern, wie wir arbeiten, lernen und leben. 

Eine Chance, die ich sehe, ist, dass KI uns viele wiederkehrende und komplexe Arbeiten abnehmen kann und wir uns mehr auf das konzentrieren können, was uns menschlich macht – Ideen entwickeln, Dinge ausprobieren, Neues schaffen. Das wird neue Gründer hervorbringen, neue Jobs und neue Industrien schaffen.

Darüber gibt es natürlich die große Hoffnung, dass AI uns helfen wird, Lösungen für die großen Probleme unserer Zeit zu finden, Krankheiten zu heilen, den Klimawandel zu verlangsamen, neue Materialien zu entwickeln.

Gleichzeitig sehe ich auch viele Risiken, z.B. dass wir Kontrolle oder Sinn verlieren. Dass Maschinen Entscheidungen treffen, bevor wir verstehen, was passiert. Und dass wir den gesellschaftlichen Wandel, der damit kommen wird, nicht schnell und effektiv adressieren.

Ich glaube zwar, dass Wandel und Erneuerung prinzipiell gute Dinge sind. Gleichzeitig macht mir in der aktuellen Zeit und dem politischen Umfeld, in dem wir leben, der Gedanke an die schöpferische Zerstörung von AI und die Auswirkungen auch große Sorgen.

[AP]: Wie bleibst du nach all den Erfolgen neugierig und lernbereit?

[NJ]: Das ist ganz einfach: Meine Kinder helfen mir enorm, weil sie mich jeden Tag zurück in die Realität und das Hier und Jetzt holen. Gleichzeitig motivieren sie mich durch ihre Neugier und Entwicklung, selbst immer dazuzulernen.

[AP]: Wenn Geld kein Antrieb mehr ist, was treibt dich heute an?

[NJ]: Mich treibt der Wunsch, zu lernen und zu wachsen an. Ich will Dinge bauen, auf die ich stolz sein kann – etwas, das ich meinen Kindern zeigen möchte. Geld ist nicht (mehr) der Antrieb. Es geht um Neugier, um den Spaß an neuen Themen und darum, mit tollen Menschen zusammen etwas zu schaffen.

[AP]: Welche Bücher oder Podcasts konsumierst du selbst mit Blinkist?

[NJ]: Vor ein paar Wochen habe ich Sam Altman getroffen, seine Klarheit und Überzeugung haben mich stark beeindruckt.

[AP]: Und zum Schluss: Was willst du der nächsten Gründer:innen-Generation mitgeben?

[Niklas Jansen]: Vertraut eurem Instinkt und macht das, woran ihr glaubt, nicht das, was andere euch sagen. Unabhängiges Denken ist aus meiner Erfahrung eine wesentliche Eigenschaft von erfolgreichen Teams. Und Gründen ist oft eine lange, harte Reise. Wenn man nicht wirklich für das Thema brennt, wird man auf Dauer unglücklich. Leidenschaft für die Idee und Unternehmertum ist die Voraussetzung.

[André Patrzek]: Danke, Niklas, für ein Gespräch, das zeigt, dass Unternehmertum nicht nur um Wachstum geht, sondern auch um Verantwortung und den Mut, Wirkung über Profit zu stellen.

Das Interview führte André Patrzek für UnternehmerNEXT von Business Punk.