Work & Winning 82 Milliarden Euro: Lohnfortzahlung wird zur Kostenfalle

82 Milliarden Euro: Lohnfortzahlung wird zur Kostenfalle

Vierfache Belastung im Vergleich zu Krankenkassen

Besonders frappierend: Die Arbeitgeber tragen eine vierfach höhere finanzielle Last als die Krankenkassen. Während Unternehmen für die ersten sechs Wochen komplett aufkommen, zahlen die Kassen danach lediglich Krankengeld in Höhe von 70 Prozent des Bruttoentgelts – und das auch nur bis zur 72. Woche, wie „Tagesspiegel“ dokumentiert.

Die Wirtschaft fordert angesichts dieser Zahlen eine grundlegende Reform. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger macht sich für einen umfassenden Umbau des Sozialstaats stark. Ohne Entlastung drohe die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen weiter zu leiden, so der Tenor aus der Wirtschaft.

Business Punk Check

Die Debatte um Karenztage offenbart ein klassisches Dilemma: Während Unternehmen unter Kostendruck stehen, würde eine Reform die finanzielle Last auf die Arbeitnehmer abwälzen. Die wahre Herausforderung liegt woanders: Deutschland hat ein strukturelles Gesundheitsproblem. Statt an Symptomen herumzudoktern, sollten Unternehmen in Prävention investieren.

Progressive Firmen setzen längst auf betriebliches Gesundheitsmanagement und flexible Arbeitsmodelle. Die Rechnung ist einfach: Gesündere Mitarbeiter = weniger Krankheitstage = niedrigere Kosten. Zudem fehlt in der Debatte ein entscheidender Faktor: Die Produktivitätsverluste durch Präsentismus (krank zur Arbeit kommen) übersteigen die Kosten der Lohnfortzahlung bei weitem. Wer hier nur auf Kostenreduktion setzt, verliert langfristig.

Häufig gestellte Fragen

  • Wie können Unternehmen die Kosten für Lohnfortzahlung senken, ohne Karenztage einzuführen?
    Investitionen in betriebliches Gesundheitsmanagement zahlen sich mehrfach aus. Präventionsprogramme, ergonomische Arbeitsplätze und Stressmanagement-Trainings reduzieren nachweislich Krankheitstage. Zusätzlich können flexible Arbeitsmodelle und Homeoffice-Optionen die Ansteckungsgefahr minimieren und chronisch Kranken ermöglichen, trotz Einschränkungen zu arbeiten.
  • Welche Branchen sind besonders von hohen Lohnfortzahlungskosten betroffen?
    Körperlich belastende Berufe wie Bau, Logistik und Pflege verzeichnen überdurchschnittlich hohe Krankenstände. Auch Schichtarbeit in der Produktion führt zu mehr Ausfällen. Diese Branchen sollten gezielt in ergonomische Verbesserungen und Arbeitsplatzgestaltung investieren, um langfristig Kosten zu senken.
  • Wie wirken sich die steigenden Lohnfortzahlungskosten auf den Mittelstand aus?
    Für mittelständische Unternehmen stellen die wachsenden Kosten eine überproportionale Belastung dar. Anders als Konzerne können sie Ausfälle schwerer kompensieren. Branchenverbände sollten kollektive Gesundheitsprogramme entwickeln und politisch für steuerliche Anreize bei Präventionsmaßnahmen eintreten, statt nur auf Kostenreduktion zu drängen.
  • Welche internationalen Modelle zur Lohnfortzahlung könnten für Deutschland funktionieren?
    Skandinavische Länder kombinieren Karenztage mit umfassenden betrieblichen Gesundheitsprogrammen und flexiblen Arbeitsmodellen. Die Niederlande setzen auf ein gestuftes System mit geteilter Verantwortung zwischen Arbeitgebern, Versicherungen und Staat. Deutschland könnte von diesen hybriden Ansätzen lernen, statt einzelne Elemente isoliert zu betrachten.

Quellen: „Manager Magazin“, „Focus“, „Tagesspiegel“

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