Work & Winning Als Carsten Jaekel vier Chinesen einstellen will, erlebt er seinen Unternehmer-Albtraum

Als Carsten Jaekel vier Chinesen einstellen will, erlebt er seinen Unternehmer-Albtraum

Heute ist Bürokratie-FREI-Tag: In unserer Bürokratieserie geht es heute um eine Solarfirma, die an der Visa-Politik der deutschen Behörden verzweifelt. Jetzt wendet sich der Unternehmer mit einer Petition direkt an den Bundestag.

Carsten Jaekel ist Unternehmer, und er will das, was wechselnde Bundesregierungen seit Jahren angeblich auch wollen: Hochqualifizierte Fachleute aus dem Ausland in Deutschland einstellen. Er will mit ihrer Hilfe innovative Produkte erzeugen, die es so und vor allem zu diesem Preis hier schlicht nicht gibt. In China schon, und da sollen auch die erfahrenen Ingenieure herkommen. Nur vier an der Zahl, erstmal. Aber schon das wird zu einem Alptraum, der aktuell, weil sonst gar nichts mehr geht, den Petitionsausschuss des Bundestages beschäftigen soll. Aber der Reihe nach.

Bösen Willen möchte Jaekel nicht unterstellen, aber seine Erfahrungen mit einzelnen deutschen Behörden im In-und Ausland könnte den Schluss bald nahelegen. Der Unternehmer ist promovierter Sinologe und Historiker und besitzt einen MBA (Master Of Business Administration). Er hat in China im Rahmen eines deutsch-chinesischen Joint-Venture als Finanzvorstand gearbeitet und dort eine Fabrik errichtet. Sein Geschäftsfeld: Solaranlagen, Wärmepumpen und dergleichen mehr. Also genau das, was in Deutschland gebraucht und staatlich sogar gefördert wird. Sein Ziel: Spezielle Solaranlagen und andere energieerzeugende Anlagen zu bauen und zu installieren. Sein Vorhaben: Vier Mitarbeiter, alle mit Hochschulabschluss (einer davon mit einem Technikabschluss des KIT in Karlsruhe), aus China nach Deutschland zu holen, um mit ihnen hierzulande günstigere und bessere Lösungen anzubieten. Ohne Zuschüsse: „Es gibt genug Solarpaneele, Speicher, Wechselrichter und auch Wärmepumpen von sehr guter Qualität. Diejenigen, die ständig Förderungen einrichten und nach Förderungen fragen, wären überrascht, wie günstig eine eigene Solaranlage sein kann“. Auch ohne jeden Zuschuss, so Jaekel, könne er die Konkurrenz unterbieten.

Erste, aber keineswegs einzige Hürde: Das deutsche Generalkonsulat in Guangzhou. Für die Arbeitsvisa: „Aufenthaltszweck nach §18g Abs. 1 S. 1 AufenthG (Blaue Karte EU Regelberuf)“. Behördenstempel: Abgelehnt. In dem mehrseitigen Amtsschreiben (alle erwähnten Dokumente liegen der Redaktion vor) wird dem unbescholtenen Unternehmer nur wenig verklausuliert Betrugsversuch, gar Hochstapelei vorgeworfen: Er kenne offenbar den Unterschied zwischen „Solar“ und „Photovoltaik“ nicht; diese abstruse Idee entnimmt die Behörde der Internetseite Jaekels, denn dort sei nur von „Solar“ die Rede, es gehe aber um Stromerzeugung (PV). Man verkennt offenbar in Guangzhou, dass das Wort im deutschen Sprachgebrauch, gerade für Laien verständlich, längst als Oberbegriff für Strom aus Sonnenergie verwendet wird. 

Außerdem seien die angegebenen Gehälter für die Mitarbeiter viel zu hoch. Die Behörde nennt die studierten Techniker „Monteure“ und „Installateure“. Dabei geht es im Antrag um Beratung, Entwicklung, Verarbeitung und Installation. Das Generalkonsukat Guangzhou verstand also auch gar nicht, warum die Bewerber allesamt Hochschulabschlüsse besitzen. Und vermutete forsch gleich mal unlautere Gründe für die Anträge der chinesischen Fachleute.

Von einer neugegründeten Firma erwartet das Generalkonsulat zunächst Geschäftsdaten (die es ja nicht geben kann, da vergangenheitsbezogen), hilfsweise einen Businessplan. Den erstellte Jaekel mit seiner international tätigen Steuerberater- und Wirtschaftsprüfergesellschaft. Den Plan bezeichnet das Konsulat freihändig als „unplausibel“ und weiß es also besser als die Spezialisten von einer der fünf Großen der weltweiten Wirtschaftsprüferbranche. Und zweifelt dann auch noch gleich ganz salopp die persönliche finanzielle Leistungsfähigkeit des Unternehmers an. Es sei auch ein Problem, dass das Unternehmen aus Mönchengladbach (Nordrhein-Westfalen), Jaekels Heimat, eine Planung für einen Unternehmensaufbau in Neumünster (Schleswig-Holstein) vorlege. 

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