Work & Winning Als Carsten Jaekel vier Chinesen einstellen will, erlebt er seinen Unternehmer-Albtraum

Als Carsten Jaekel vier Chinesen einstellen will, erlebt er seinen Unternehmer-Albtraum

Dort allerdings besitzt der Unternehmer eine Immobilie, und dort will er seinen Sitz einrichten. Was die Konsularbeamten offenbar nicht verstehen. Jaekel: „Es erstaunt schon, dass eine Mitarbeiterin einer Visastelle in Guangzhou Entscheidungen auf der Grundlage von falschen Annahmen und Unterstellungen trifft und sich zugleich anmaßt, eine

unternehmerische Planung zu bewerten.“ Der Unternehmer fragt schließlich selbst in China nach und spricht mit dem Generalkonsulat – „geholfen hat es nicht“. Seine Erfahrung, die ihm auch befreundete Unternehmer bestätigt hätten: Die Blockade kommt seitens des Auswärtigen Amtes. Warum und weshalb, versucht Jaekel nun in einigen Schreiben nach Berlin zu ergründen, dort allerdings werden erst einmal Zuständigkeiten geklärt. Seit über einem Jahr läuft nun das an die berühmte Stadt Schilda erinnernde Verfahren.

Unterdessen hatte Jaekel seinen Versuch gestartet, zuhause in Deutschland die nötigen Vorabgenehmigungen der zuständigen Ausländerbehörde zu erlangen. Das scheitert in Mönchengladbach schon vor der eigentlichen Beschäftigung mit dem Anliegen des Gründers. Jaekel: „Da ich in Mönchengladbach einen Wohnsitz hatte und auch weiterhin habe, habe ich im April 2024 beim dortigen Ausländeramt vorgesprochen. Ziel war es, chinesische Fachkräfte für Solartechnik nach Deutschland zu holen, um mit diesen Spezialisten für private und institutionelle Kunden Solartechnik zu installieren. Mir wurde dann dies erklärt: Das Ausländerrecht ist viel zu kompliziert, man habe im Amt nicht genug Personal, niemand wolle sich ins Ausländeramt versetzen lassen, und zuständig sei man sowieso nicht. Man könne nichts machen. Zuständig sei in Nordrhein-Westfalen eine

Zentralstelle in Köln, die aber auch völlig überlastet sei“.

Das war es für ihn dann in NRW. Danke, und nein, danke. Nächster Anlauf in Neumünster (Schleswig-Holstein), wo er das Gebäude in seinem Besitz für Beratungsdienstleistungen rund um Solartechnik als Firmensitz auserkoren hatte. Beratung deshalb, weil Installation und weiteres ohne Mitarbeiter schlecht möglich ist. Die Behörden für Fachkräfteeinwanderung in Schleswig-Holstein waren von anderem Kaliber. Sie verstanden vor allem, dass der Unternehmer sein Startup neu in ihrem Bundesland ansiedeln wollte und blickten offenbar über den Tellerrand: Vorabgenehmigung für die Fachkräfte war kein Problem in Neumünster. Nur leider nicht das letzte Wort.

Zurück nach China: Diesen anscheinend neuen Firmenzweck, Beratung, verstand man bei den deutschen Behördenmitarbeitern in Guangzhou überhaupt nicht. Und warum der Umzug nach Neumünster? Und am Gebäude sei ja gar kein Firmenschild. Und überhaupt, seine Internetseite sei zu unspezifisch. Derart chinesische Weisheit seitens deutscher Konsulatsmitarbeiter trieb den Start-Up-Gründer in andere Konsulate, nach Chengdu zum Beispiel. Dort immerhin erhielt einer der Kandidaten ein Arbeitsvisum. Was in Jaekels Fall gar nicht oder nur bedingt weiterhilft, denn er braucht die Leute im Team. 

Der Verweis der Behörde auf den Rechtsweg, den man vier Wochen nach den Ablehnungsbescheiden des Generalkonsulats hätte beschreiten müssen, sah Jaekel zunächst nicht als vielversprechend an. Denn, so seine spitze Bemerkung, für das Generalkonsulat sei der kostenlos und belaste einzig den Steuerzahler – für ihn als Unternehmer bei ungewissem Ausgang nach jahrelanger Dauer aber finanziell riskant. Und auch nicht zielorientiert: Nach Jahren ist die Situation eine andere, die Leute sind längst anderswo untergekommen, mit Kusshand genommen, vermutlich. Einer der Bewerber hat von Deutschland schon jetzt genug und verfolgt die Sache nicht weiter.

Eine nicht unerhebliche Brisanz und fast schon zynische Note erhält der ganze Vorgang aktuell angesichts der politischen Diskussion um die Visavergabe des Auswärtigen Amtes in der jüngeren Vergangenheit. Es besteht der Verdacht, dass, politisch gewollt, Visa auch ohne vorliegende stichhaltige Gründe oder gar nach Vorlage gefälschter Dokumente vergeben wurden, wie oft berichtet wurde. Dies betrifft wohl im Wesentlichen afghanische Staatsangehörige, Ausgang und Aufarbeitung: ungewiss. Im Falle des Generalkonsulats Guangzhou geht man offensichtlich andere Wege, mutmaßlich, so sieht es Gründer Carsten Jaekel, auch hier politisch gewollt. Eine Antwort des Bundesaußenministers auf einen Brief Jaekels wie auch die Entscheidung des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages stehen derzeit aus. Das letzte Kapitel ist noch nicht geschrieben. 

Mehr zum Bürokratie-FREI-tag findet ihr hier.

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