„Deutschland braucht wieder eine starke Achse“
Der Wirtschaftsstandort Deutschland ist schwer erkältet mit der Tendenz zur Lungenentzündung. Doch es gibt wie in der echten Medizin auch in der Wirtschaft Rezepte gegen den Verfall – und die berechtigte Hoffnung auf Besserung.
Gastbeitrag von Timo Danner, CEO der Fulshipment GmbH.
Deutschland steht in den nächsten Jahren vor einer entscheidenden Phase. Ohne tiefgreifende Reformen und Investitionen in Schlüsselbereiche droht eine fortschreitende Erosion der bisherigen Wettbewerbsfähigkeit. Unternehmen verlagern zunehmend ihre Produktion und Innovationszentren ins Ausland. Dennoch liegt in der richtigen strategischen Neuausrichtung – etwa in den Bereichen Digitalisierung, Steuern, Bildung und Infrastruktur – auch ein enormes Potenzial. Wie schnell und konsequent werden politische Entscheidungsträger und Wirtschaft gemeinsam die notwendigen Weichen stellen? Derzeit erkenne ich nicht, ob die Tragweite unserer aktuellen Situation wirklich erkannt wurde und man sie angeht. Deutschland befindet sich weiter im Tiefschlaf …
Es sieht gut aus …
Deutschland kann auf einige unbestreitbare Stärken verweisen. Die zentrale geographische Lage in Europa, ein dichtes Netz an Verkehrswegen und eine solide Industriehistorie bieten traditionell hervorragende Voraussetzungen – gerade für Logistikunternehmen und den E-Commerce. So ermöglichen schnelle Transportwege, effiziente Umschlagplätze und ein hohes Maß an technischer Expertise, dass sich Waren nicht nur national, sondern auch international zeitnah verteilen lassen. Die bestehende Infrastruktur und der gut vernetzte Mittelstand sind Schlüsselfaktoren, die die deutsche Wirtschaft über viele Jahre hinweg international konkurrenzfähig gemacht haben. Besonders in der Logistik sorgt die präzise Organisation für effiziente Abläufe, was in einer globalisierten Weltwirtschaft ein erheblicher Wettbewerbsvorteil ist. Allerdings zeigt sich, dass steigende Betriebskosten, insbesondere durch hohe Energiepreise und verschärfte Regulierungen, dazu führen, dass Unternehmen zunehmend gezwungen sind, international zu diversifizieren. Diese strukturellen Herausforderungen führen dazu, dass die positiven Effekte der traditionellen Stärken nur noch bedingt zum Erhalt der globalen Wettbewerbsfähigkeit beitragen. Vor allem bei der Digitalisierung hinkt Deutschland trotz aller technischen Fortschritte in vielen Bereichen massiv hinterher. Diese Faktoren zusammen gefährden nicht nur kurzfristig, sondern auch langfristig die Attraktivität des Standorts.
… aber immenser Nachholbedarf bei Infrastruktur, Steuerrecht und Digitalisierung
Aus meiner Sicht wichtig …
- Reform der Infrastrukturpolitik
Eine schnellere Umsetzung von Großprojekten im Verkehrs- und Energiebereich. Hier könnten verkürzte Planungs- und Genehmigungsprozesse helfen, Investitionen zügiger in die Wege zu leiten. Es muss der Vergangenheit angehören, dass die Erneuerung kurzer Straßenabschnitte mit Planungs- und Umsetzungszeit ein knappes Jahrzehnt in Anspruch dauert. - Anpassung des Steuerrechts
Spürbare Steuerentlastungen für Unternehmen und Arbeitnehmer, finanziert aus massiven Einsparungen von Ausgaben, die nicht direkt oder gegebenenfalls mittelfristig indirekt zu unserer Volkswirtschaft beitragen. Auch die explodierenden Kosten unseres Sozialsystems, und deren Ursache müssen ehrlich hinterfragt und optimiert werden. Auch die Tabuisierung der Hintergründe von massiv gestiegenen gesetzlichen Kassenleistungen muss beendet werden. - Förderung der Digitalisierung
Der Staat sollte verstärkt in den digitalen Ausbau und die Innovationsförderung investieren, um den Anschluss an internationale Vorreiter nicht zu verlieren. Viele ländliche und auch einige städtische Gebiete leiden immer noch unter unzureichenden Internetanbindungen, was Unternehmen in ihrer digitalen Transformation stark behindert. Außerdem sollte die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Start-ups und etablierten Unternehmen intensiver gefördert werden, um die Innovationskraft zu stärken. Auch der Beamtenapparat in Ämtern und Gemeinden muss massiv verkleinert, und diese Prozesse für Unternehmen und Menschen deutlich beschleunigt werden. Hier spielt unsere „alternde“ Gesellschaft uns sogar in die Karten. Die Digitalisierung kann viele Jobs in den Ämtern überflüssig machen, während die Menschen nicht gekündigt, sondern auf natürlichem Wege in die Rente ausscheiden und die Jobs nicht neu besetzt werden. Hier liegt ein massives Effizienz- und Einsparungspotenzial.
Es besteht schlicht die Gefahr, dass Unternehmen ihre Produktion oder Innovationszentren ins Ausland verlagern. Dennoch liegt in der richtigen strategischen Neuausrichtung – etwa in den Bereichen Digitalisierung, Steuern, Bildung und Infrastruktur – auch ein enormes Potenzial, das Land in eine erfolgreiche Zukunft zu führen. Entscheidend wird sein, wie schnell und konsequent politische Entscheidungsträger und Wirtschaft gemeinsam die notwendigen Weichen stellen.