Work & Winning Deutschland, mach Tempo!

Deutschland, mach Tempo!

Deutschland, bau bürokratische Hürden ab!

„Auf Unternehmensseite wird oft zu viel Bürokratie als Hauptinvestitionshemmnis genannt. Hier sollte man zuerst ansetzen, vor allem, weil Bürokratieabbau den Staat prinzipiell nichts kostet und es einen breiten politischen Konsens gibt“, schlägt Ackermans vor. „Deutschland verliert durch ineffiziente Verwaltungsprozesse jährlich bis zu 146 Milliarden Euro“, meint Christian Schneider-Sickert, CEO der Berliner Investment-Gesellschaft LIQID. „Ein umfassender Bürokratieabbau könnte das deutsche BIP pro Kopf um bis zu 2.449 Euro steigern und Unternehmen spürbar entlasten.“ Länder wie Schweden oder Estland würden zeigen, wie digitale Verwaltung die Wirtschaft entlasten kann – beispielsweise würden Immobiliengeschäfte dort in einem einzigen Vorgang abgewickelt. DZ-Bank-Chefvolkswirt Michael Holstein hält zudem viele der zuletzt hinzugekommenen Regulierungen für gut gemeint, jedoch unverhältnismäßig mit Blick auf die dadurch entstehenden Belastungen für die Unternehmen. „Beispiele sind sicherlich das Lieferkettengesetz oder die Nachhaltigkeitsberichterstattung“, sagt Holstein. Im Juni tritt das „Barrierefreiheitsstärkungsgesetz“ in Kraft, das erneut einen Mehraufwand für die Unternehmen bedeuten wird. Holstein hält zudem ein Absenken der Abgabenlast perspektivisch für notwendig. „Mit fast 30 Prozent liegt Deutschland bei den Unternehmenssteuern allein im EU-Vergleich weit über dem Durchschnitt.“ 

LIQID-Chef Schneider-Sickert bemängelt derweil vor allem die vielen Regularien am Kapitalmarkt. Ob in der Versicherungsbranche oder bei der Altersvorsorge, diese verhinderten, dass privates Kapital seinen Weg in produktive Anlagen finde. Stattdessen lande es in Staatsanleihen. „In den USA stammen über 70 % der Unternehmensfinanzierung aus Eigenkapital, in Deutschland nur 30 %. Das behindert Wachstum und Innovationskraft – denn risikobehaftete Firmen beißen bei Banken oft auf Granit.“   

Deutschland, mach Schulden!

Nicht mehr in Stein gemeißelt scheint die deutsche Schuldenbremse. SPD und Grüne wollen sie lockern, auch die Union ist einer Reform gegenüber offen. Und auch immer mehr Wirtschaftsexperten halten ein Festhalten daran kaum noch für vereinbar mit den Herausforderungen, vor denen das Land steht. „Wir brauchen eine Reform der Schuldenbremse, weil öffentliche Investitionen in der Regel private Investitionen nach sich ziehen“, erklärt Fidelity-Fondsmanager Ackermans. Ein Allerheilmittel sieht der Experte aber nicht darin: „Staatliche Investitionen können nur ein Teil eines größeren Gesamtpaketes sein.“ Auch DZ-Bank-Chefvolkswirt Holstein plädiert für eine Reform, unter der Voraussetzung, dass Investitionen priorisiert werden. Das sieht auch LIQID-CEO Schneider-Sickert so: „Ein klares Ja“ zur Lockerung der Schuldenbremse, „aber nur, wenn die dringend notwendigen Investitionen in unser Bildungssystem, unsere Infrastruktur und die Innovationsförderung fließen. Und nicht in Transferleistungen an meist ältere Wähler“. Zentral sollte sein, wie sich schuldenfinanzierte Initiativen mittel- und langfristig auf die Produktivität auswirkten. Denn diese sei über Jahre schrittweise hinter die der USA gefallen. „Grund dafür einmal wieder: mangelnde Digitalisierung und ein Fokus auf veraltete Industrien.“  

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