Work & Winning Ein kleiner Schritt für die Wirtschaft

Ein kleiner Schritt für die Wirtschaft

Der Koalitionsvertrag bringt ein paar Steuererleichterungen und gibt vor, die Bürokratie ernsthaft bekämpfen zu wollen. Angesichts der geoplitischen Veränderungen ist das nicht genug.

Wer diesen Koalitionsvertrag liest, stellt schnell eines fest: heiße Nadel. Da finden sich ganze Absätze doppelt, es wiederholt sich vorn und hinten. Das Dokument ist kein Ruhmesblatt deutscher Literaturgeschichte. Es ist ein Arbeitspapier. Insofern hat es etwas Gutes: Es kann sich auch wieder verändern. Die Deutschen haben bereits zu viele Koalitionsverträge erlebt, die nach ein paar Monaten den Speicherplatz nicht mehr wert waren, auf dem sie abgelegt wurden. Dieser hier ist mehr ein Zwischenstand als ein Manifest – und das ist gut so. Nur ist es eben auch ziemlich dünn.

Was bedeutet der vertrag für die Wirtschaft, die lange den Wahlkampf des designierten Kanzlers Friedrich Merz bestimmte? Zwei Ansätze sind entscheidend: Die Union hat ganz offenbar das Ansinnen der SPD abgewehrt, Steuererhöhungen durchzusetzen. Weder für besonders vermögende Bürger noch für Unternehmer droht Ungemach. Im Gegenteil. Es gibt ein paar wesentliche Erleichterungen: Unternehmen werden von einer degressiven Abschreibung auf Ausrüstungsinvestitionen von 30 Prozent in den Jahren 2025, 2026 und 2027 profitieren. Danach soll Körperschaftssteuer in fünf Schritten um jeweils einen Prozentpunkt gesenkt werden. Strom soll um 5 Cent pro Kilowattstunde für alle billiger werden. Und für die Industrie gelten deutlich niedrigere Tarife.

Für Arbeitnehmer gibt es ein paar neue Anreize zum Geldverdienen: Vollzeitkräfte, die länger arbeiten, als im Vertrag vereinbart, erhalten die Vergütung dafür steuerfrei. Und wer nach dem gesetzlichen Rentenalter weiterarbeiten will, kann bis zu 2000 Euro steuerfrei verdienen. 

Die SPD hat durchgesetzt, dass der Mindestlohn aller Voraussicht nach überproportional steigt, nämlich gleich um mehr als zwei auf 15 Euro. Die Kosten dafür tragen zu 100 Prozent die Arbeitgeber. Auch das Tariftreuegesetz, das Unternehmen, die keine Tarifbindung haben, von Staatsaufträgen ausschließt, soll wie noch von der Ampel beschlossen, eingeführt werden. Für Start Ups, die dem bei Aufträgen ab 100 000 Euro unterliegen, ist das besonders bitter.

Der zweite für die Wirtschaft bedeutende Punkt, der sich wie ein roter Faden durch den Vertrag zieht, heißt: Entbürokratisierung: Zwei Jahre lang werden auf jeden Fall keine neue Statistikpflichten eingeführt. Wenn Behörden zu lange über einen Antrag nicht entscheiden, gilt er als genehmigt. Das beauftragten-Wesen in kleineren Firmen – wo inzwischen sogar Leiter-Beauftragte ernannt werden müssen – wird gestrichen. Ebenso will die Bundesregierung ihre Beauftragten für irgendwelche Sonderaufgaben drastisch reduzieren. Das nationale „Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz“ entfällt sofort. In Supermärkten gibt es keine Bonpflicht mehr. Insgesamt, so die gute Absicht, sollen 20 Prozent der Verwaltungsvorschriften des Bundes ersatzlos verschwinden.

Fazit: Die neue Regierung ist wirtschaftsfreundlicher als es die alte war. Sie wirft sogar ein paar Vorschriften über Bord. Es ist ein Schrittchen in die richtige Richtung, das allerdings nicht aufwiegen kann, dass die Welt um Deutschland herum gerade mit Riesenschritten Frieden und Wohlstand in Frage stellt.