Work & Winning Entbürokratisierung? Nicht für Start-Ups

Entbürokratisierung? Nicht für Start-Ups

  • Ganze Gesetze sollen verschwinden

Das nationale Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz wird abgeschafft, es verpflichtet Unternehmen bislang sorgfältig zu dokumentieren, wer, wo wie, was mit welcher Methode und zu welchen Arbeitsbedingungen anfertigt, bevor es als Vorprodukt in deutschen Unternehmen landet. Die schwarz beschäftigte Putzkolonne bei einem Zulieferer am anderen Ende der Welt kann zum KO-Kriterium werden. Damit soll sofort Schluss sein. Aber: Das übergründliche deutsche Gesetz wird nur abgelöst durch ein Gesetz zur internationalen Unternehmensverantwortung, das die Europäische Lieferkettenrichtlinie umsetzt. Immerhin könnte sich eine Erleichterung ergeben. Helfen soll auch ein sofortiges Moratorium von mindestens zwei Jahren für alle neuen rechtlichen Statistikpflichten. Das Außenhandelsstatistikgesetz, das Gesetz über die Statistik im produzierenden Gewerbe und das Handels- und Dienstleistungsstatistikgesetz könnten kippen. Bei den fünf für die Wirtschaft aufwändigsten Statistiken soll zumindest Schluss sein mit dem deutschen Goldstandard, der regelmäßig eine Übererfüllung von EU-Vorgaben vorsieht. 20 Prozent der Verwaltungsvorschriften des Bundes sollen abgeschafft werden, heißt eine weitere plakative Forderung, die am Ende kaum kontrollierbar sein wird. Immerhin eine kleine Maßnahme kann jeder überprüfen: Die Bonpflicht beim Bäcker und in kleineren Läden wird abgeschafft.

  • Genehmigung kommen schneller

Seit vielen Jahren führt eine an sich effektive Regelung im Verwaltungswust ein Schattendasein: die sogenannte Genehmigungsfiktion. Sie besagt, dass Anträge als genehmigt gelten, wenn über sie nicht innerhalb einer gesetzten Frist entschieden worden ist. Was also zu lange dauert, läuft irgendwann von allein. Bisher musste diese Regelung jeweils extra angeordnet werden, was die Sache wieder komplizierter machte. Künftig soll diese Fiktion immer gelten, sofern sie nicht vorher extra ausgeschlossen wurde. 

  • Aber ein neuer Gesetzeshammer kommt

Konsequent ist anders: Während allerorten entbürokratisiert werden soll, verfolgt die neue Koalition ein Vorhaben der alten weiter, das für erheblich mehr bürokratischen Aufwand führen wird: das Tariftreuegesetz. Es sieht vor, dass Unternehmen, in denen die Beschäftigten keiner von den Gewerkschaften kontrollierten Tarifbindung unterliegen, von größeren Staatsaufträgen ausgeschlossen werden. Die Überprüfung ist ein zusätzlicher staatlicher Akt und die entsprechende Organisatíon innerhalb der Unternehmen aufwendig und mitunter kostspielig. Insbesondere Start-ups die in ihrer Gründungsphase andere Aufgaben erledigen, als Tarifverträge einzuführen, bekommen damit ein Problem. Sie sollen künftig von Staatsaufträgen mit einem Volumen von mehr als 100 000 Euro ausgeschlossen werden.

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