Work & Winning Zu Besuch im Haifischbecken des Himalajas: der Startup-Stadt Kathmandu

Zu Besuch im Haifischbecken des Himalajas: der Startup-Stadt Kathmandu

Der Herde voraus

Eine große Hürde für Startups sieht Gocher in der Verwaltung: Wenn Regeln nicht völlig fehlen, dann benötigen die bürokratischen Prozesse sehr viel Zeit. Da man sich außerdem nicht auf ein effizientes Rechtssystem verlassen kann, muss man auf Beziehungsarbeit setzen, erklärt er: „Ich bin ständig unterwegs, um Vertrauen aufzubauen – bei Politikern, Beamten, Geschäftsleuten, Interessenvertretern. Man geht zunächst fünfmal miteinander essen, bevor man mit Verhandlungen beginnt.“ Man könne schon Geschäfte in Nepal machen, sagt Gocher, auch gute, brauche aber Geduld.

Und Geld. Ausländische Direktinvestitionen machen noch nicht einmal ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. In Ländern wie Kambodscha liegt der Wert bei zwölf Prozent. Für Nepal, wo weder asphaltierte Straßen noch sauberes Trinkwasser selbstverständlich sind, könnte mehr internationales Kapital zu einem „Game Changer“ werden, wie es die Weltbank formuliert. Das Kapital von Gochers Dolma Impact Fund stammt hauptsächlich von staatlichen Entwicklungsbanken aus Europa, private Investoren halten sich noch zurück. Warum eigentlich? „Die Kapitalmärkte sind vom Herdentrieb geprägt. Niemand will der Erste sein“, sagt Gocher. „Private Investoren fragen immer: Wer hat das bereits gemacht, und wie viel hat er damit verdient? Sie wollen als Erstes einen Track-Record sehen. Den gibt es in Nepal aber noch nicht. Daher braucht es Pioniere wie uns, die einen schaffen.“

Auch der Niederländer Willem Grimminck und sein nepalesischer Geschäftspartner Suman Joshi versuchen daher mit ihrem Fonds One to Watch, Impact nach Nepal zu bringen. Private Equity ist in dem Land ein noch junges Phänomen: „Noch vor wenigen Jahren hat kaum jemand hier den Begriff auch nur gekannt“, sagt Grimminck. Wobei es in einem Land wie Nepal nicht sonderlich schwierig sei, einen positiven Impact zu haben, so sein Partner Joshi: „Wir sind so rückständig, dass bei uns jede Investition eine positive Wirkung hat – einfach weil sie wirtschaftliche Aktivität und damit Arbeitsplätze schafft.“

Früher war Grimminck Entwicklungshelfer in Indien. Er blickt desillusioniert auf diese Zeit zurück: „Diese Organisationen bewirken keine nachhaltige Verbesserung. Wenn die Hilfsgelder aufgebraucht sind, ist alles wieder wie vorher“, sagt Grimminck. Der Unterschied bei Unternehmen: Wenn die Lösungen gut sind, verdienen sie Geld und sorgen für eine dauerhafte Veränderung. Aber auch nur dann.

Der Nepalese und der Niederländer investieren aber nicht nur, mit ihrem Accelerator Enterprise haben sie bereits über 60 lokale Startups fit für Investments gemacht. Die meisten kleinen Unternehmen befinden sich nicht auf dem professionellen Niveau, das für Beteiligungskapital notwendig wäre, sagt Joshi: „Viele Unternehmen müssen sehr intensiv an die Hand genommen werden“, aber dann könne es schnell gehen. Wie es, gemessen an der Vergangenheit, überhaupt sehr schnell vorangehe in Nepal. Der Bürgerkrieg, der bis 2006 dauerte. Die absolute Monarchie, die erst 2008 endete. „Jetzt wird der Mittelstand langsam wieder lebendig“, sagt Grimminck. Und das sei ja letztlich auch das Faszinierende an Frontier-Märkten wie Nepal: „Hier kann man wirklich große Sprünge machen.“

Der Artikel stammt aus unserer aktuellen Ausgabe. Titelstory: Wie das Fleischersatz-Startup Beyond Meat vom Weltverbesserereinfall zur milliardenschweren Company wurde – womit Gründer Ethan Brown gar nicht gerechnet hatte. Außerdem starten wir zum ersten Mal unser Reputationsranking „Top Companies für digitale Talente“, welches Orientierung geben und anhand von Case-Studies zeigen soll, wie die Digitalisierung der Arbeitswelt in ausgewählten Unternehmen vom Startup bis zum Konzern angegangen wird. Für mehr Infos hier entlang.

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