Work & Winning Länger arbeiten oder Wohlstand weg? Bundesbank-Chef fordert „arbeiten“

Länger arbeiten oder Wohlstand weg? Bundesbank-Chef fordert „arbeiten“

Bundesbank-Chef Nagel fordert längere Lebensarbeitszeit als Antwort auf Deutschlands Wirtschaftskrise und demografischen Wandel. Seine Botschaft: Ohne spätere Rente droht der Absturz des Wirtschaftsstandorts.

Deutschland steckt in einer wirtschaftlichen Zwickmühle: Demografischer Wandel trifft auf Wachstumsschwäche. In dieser Situation fordert Bundesbank-Präsident Joachim Nagel eine unbequeme Wahrheit ein: Die Deutschen müssen länger arbeiten, um ihren Wohlstand zu sichern. Seine klare Botschaft an Politik und Gesellschaft: Die Lebensarbeitszeit muss verlängert werden, sonst droht der Abstieg.

Unbequeme Wahrheiten statt Wohlfühlpolitik

„Wir müssen uns ehrlich machen. Wir sind eine alternde Gesellschaft. Wir müssen länger arbeiten, um uns den Wohlstand zu erhalten, den die Generationen nach dem Krieg aufgebaut haben“, so Nagel gegenüber „Table Media“. Der Bundesbank-Chef spricht damit ein Tabuthema der deutschen Wirtschaftspolitik an: Die Rente mit 67 reicht nicht aus, um den demografischen Wandel aufzufangen.

Nagel setzt dabei auf die Einsichtsfähigkeit der Bevölkerung: „Man muss den Menschen zutrauen, zu verstehen, wo die Herausforderungen liegen“. Seine Analyse: Ohne schmerzhafte Reformen verlieren Deutschland und Europa im globalen Wettbewerb entscheidend an Boden. Die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts steht auf dem Spiel.

Wachstumshoffnung trotz Krisenmodus

Trotz der aktuellen Wirtschaftsflaute blickt Nagel vorsichtig optimistisch in die Zukunft. Nach zwei Jahren mit schrumpfender Wirtschaftsleistung könnte 2025 die Trendwende bringen. Die deutsche Wirtschaft habe das Potenzial, auf einen „moderaten Wachstumspfad“ einzuschwenken, berichtet „Focus“. Voraussetzung dafür: Die richtigen Zukunftsinvestitionen müssen jetzt getätigt werden.

Für 2026 prognostiziert die Bundesregierung bereits ein Wirtschaftswachstum von 1,3 Prozent. So sollen vor allem die geplanten Milliardeninvestitionen in Infrastruktur und Verteidigung als Konjunkturmotor wirken. Nagel verteidigt diese Ausgabenpolitik gegen Kritiker: Es sei zu früh, die Wirksamkeit des Fiskalpakets zu bezweifeln, da dessen Effekte erst noch zum Tragen kämen.

Business Punk Check

Die Rentendebatte offenbart Deutschlands fundamentales Dilemma: Entweder länger arbeiten oder Wohlstandsverlust akzeptieren – ein dritter Weg existiert nicht. Während Politiker um die Gunst der Wähler buhlen, spricht Nagel die unbequeme Wahrheit aus. Für Unternehmen bedeutet das: Die Arbeitswelt muss radikal umgedacht werden.

Statt starrer Altersgrenzen braucht es flexible Modelle, die ältere Arbeitnehmer länger produktiv halten. Der demografische Wandel wird zum Innovationstreiber für neue Arbeitskonzepte. Wer jetzt in altersgerechte Arbeitsplätze und Weiterbildung investiert, sichert sich Wettbewerbsvorteile. Die wahre Herausforderung liegt nicht im längeren Arbeiten, sondern im Umgestalten der Arbeit selbst.

Häufig gestellte Fragen

  • Welche konkreten Auswirkungen hätte eine längere Lebensarbeitszeit auf den Mittelstand?
    Für mittelständische Unternehmen ergeben sich zwei zentrale Effekte: Einerseits bleibt Fachexpertise länger im Betrieb, andererseits müssen Arbeitsplätze altersgerecht umgestaltet werden. Unternehmen sollten jetzt in flexible Arbeitszeitmodelle und ergonomische Arbeitsplätze investieren, um vom demografischen Wandel zu profitieren statt darunter zu leiden.
  • Wie können Unternehmen ihre Arbeitsplätze für längere Erwerbsbiografien optimieren?
    Erfolgreiche Unternehmen setzen auf einen Mix aus technologischer Unterstützung (Assistenzsysteme), ergonomischer Arbeitsplatzgestaltung und kontinuierlicher Weiterbildung. Besonders wichtig: Altersmischung in Teams fördert den Wissenstransfer und entlastet ältere Mitarbeiter von körperlich anspruchsvollen Tätigkeiten.
  • Welche Branchen profitieren besonders von einer längeren Lebensarbeitszeit?
    Wissensintensive Dienstleister wie Beratungen, Ingenieurbüros und Technologieunternehmen können am stärksten vom längeren Verbleib erfahrener Fachkräfte profitieren. Auch das Gesundheitswesen und die Bildungsbranche gewinnen durch längere Erwerbsbiografien wertvolle Expertise. Physisch belastende Branchen müssen hingegen massiv in Automatisierung und Ergonomie investieren.
  • Wie wirkt sich die Rentendebatte auf Investitionsentscheidungen deutscher Unternehmen aus?
    Die Unsicherheit über künftige Rentenregelungen führt zu verstärkten Investitionen in Automatisierung und Digitalisierung. Gleichzeitig werden Ausgaben für altersgerechte Arbeitsplatzgestaltung und Weiterbildungsprogramme erhöht. Langfristig orientierte Unternehmen bauen bereits jetzt Strukturen auf, die eine produktive Beschäftigung älterer Mitarbeiter ermöglichen.

Quellen: „Focus“, „Table Media“