Work & Winning Neue Zahlen zur Abfindung: So unterschiedlich zahlen Deutschlands Arbeitgeber

Neue Zahlen zur Abfindung: So unterschiedlich zahlen Deutschlands Arbeitgeber

Neue Studie enthüllt massive Ungleichheiten bei Abfindungszahlungen in Deutschland: Zwischen Bundesländern, Geschlechtern und Einkommensklassen klaffen enorme Lücken. Die Daten zeigen, wer wirklich profitiert.

Job weg, Abfindung her – doch die Höhe dieser finanziellen Entschädigung folgt keinem einheitlichen Muster. Eine aktuelle Datenanalyse des LegalTech-Unternehmens Allright deckt auf, dass Abfindungen in Deutschland einem komplexen Gefälle unterliegen. Wer in Hessen arbeitet, männlich ist und gut verdient, kann mit deutlich höheren Summen rechnen als der Rest der Republik. Die Analyse von 1.117 internen Datensätzen aus dem Zeitraum September 2024 bis August 2025 zeichnet ein klares Bild wirtschaftlicher Ungleichheit.

Finanzielle Kluft zwischen den Bundesländern

Die regionale Wirtschaftskraft spiegelt sich direkt in den Abfindungszahlungen wider. Hessen führt mit durchschnittlich 9.339 Euro pro Abfindung die Rangliste an, wie laut „Merkur“ aus dem Allright Abfindungsatlas 2025 hervorgeht. Mit deutlichem Abstand folgen Bayern (7.611 Euro) und Nordrhein-Westfalen (7.082 Euro).

Am unteren Ende der Skala finden sich Rheinland-Pfalz mit mageren 4.061 Euro, Schleswig-Holstein (4.874 Euro) und Niedersachsen (5.349 Euro). Die Ost-West-Differenz hat sich zwar verringert, bleibt aber weiterhin messbar: Westdeutsche Arbeitnehmer erhielten 2024 durchschnittlich 6.948 Euro, ihre ostdeutschen Kollegen 5.990 Euro – eine Differenz von 14 Prozent. Im Vorjahr betrug dieser Unterschied noch 21 Prozent, wie die Daten laut „Merkur“ belegen.

Gender Pay Gap setzt sich in Abfindungen fort

Besonders alarmierend: Die Geschlechterkluft bei Abfindungen übertrifft sogar die bekannten Gehaltsunterschiede. Männer erhalten mit durchschnittlich 7.550 Euro rund 40 Prozent mehr als Frauen, die im Schnitt nur 5.387 Euro bekommen.

Diese Diskrepanz verdeutlicht, wie strukturelle Ungleichheiten im Arbeitsleben bis in die Abfindungsverhandlungen hineinwirken. Arbeitsrechtsexperte Paul Krusenotto von Allright erklärt laut „Merkur“, dass diese Ungleichheiten kein Zufall seien, sondern die strukturellen Einkommensunterschiede widerspiegeln. Er fordert Arbeitgeber auf, diese Ungleichheiten aktiv abzubauen.

Alter und Gehalt als entscheidende Faktoren

Die Analyse zeigt zudem einen klaren Zusammenhang zwischen Alter und Abfindungshöhe. Während 20- bis 30-Jährige im Durchschnitt nur 3.975 Euro erhalten, steigt die Summe mit zunehmendem Alter kontinuierlich an. Die Altersgruppe der 60- bis 70-Jährigen kann mit knapp 9.900 Euro rechnen – mehr als doppelt so viel wie junge Berufseinsteiger.

Noch drastischer fallen die Unterschiede zwischen den Einkommensklassen aus. Während Geringverdiener mit weniger als 1.850 Euro Bruttogehalt durchschnittlich nur 2.493 Euro Abfindung erhalten, bekommen Topverdiener mit mehr als 5.780 Euro Bruttogehalt satte 13.952 Euro. „Beschäftigte mit höherem Einkommen haben bessere Ausgangsbedingungen für Verhandlungen“, fasst Rechtsexperte Krusenotto laut „Merkur“ zusammen.

Business Punk Check

Die Daten entlarven ein System, das bestehende Ungleichheiten zementiert statt sie auszugleichen. Während Unternehmen gerne mit Diversity-Initiativen und Gleichstellungsversprechen werben, offenbart sich in den Abfindungszahlen die harte wirtschaftliche Realität: Wer bereits privilegiert ist, bekommt beim Exit noch mehr. Besonders brisant: Frauen werden doppelt benachteiligt – erst beim Gehalt, dann bei der Abfindung.

Die Zahlen zeigen, dass Verhandlungsmacht entscheidend ist. Wer in strukturschwachen Regionen arbeitet oder in typischen „Frauenberufen“ tätig ist, hat schlechtere Karten. Für Unternehmen, die wirklich fair agieren wollen, bietet sich hier ein konkreter Ansatzpunkt: standardisierte Abfindungsregeln, die strukturelle Benachteiligungen aktiv ausgleichen statt sie fortzuschreiben.

Häufig gestellte Fragen

  • Wie kann ich als Arbeitnehmer meine Verhandlungsposition bei Abfindungen stärken?
    Dokumentieren Sie konsequent Ihre Leistungen und Erfolge im Unternehmen. Informieren Sie sich vor Verhandlungen über branchenübliche Abfindungssummen und die finanzielle Situation des Unternehmens. Frauen sollten besonders auf marktgerechte Forderungen bestehen und sich nicht unter Wert verkaufen.
  • Welche Auswirkungen haben die regionalen Abfindungsunterschiede auf den Mittelstand?
    Mittelständische Unternehmen in strukturschwachen Regionen haben einen Wettbewerbsvorteil durch niedrigere Personalkosten – auch bei Trennungen. Dies kann langfristig jedoch zum Nachteil werden, wenn qualifizierte Fachkräfte in Regionen mit besseren Konditionen abwandern.
  • Wie können Unternehmen faire Abfindungsregelungen implementieren?
    Durch transparente, standardisierte Abfindungsrichtlinien, die nicht nur an Gehalt und Betriebszugehörigkeit gekoppelt sind. Progressive Unternehmen berücksichtigen auch strukturelle Benachteiligungen und gleichen diese aktiv aus – etwa durch Mindestabfindungssätze für untere Gehaltsklassen.
  • Welche Branchen zahlen überdurchschnittlich hohe Abfindungen?
    Finanzdienstleister, Technologieunternehmen und die Automobilindustrie zahlen traditionell höhere Abfindungen. Dies erklärt teilweise die regionalen Unterschiede, da diese Branchen in wirtschaftsstarken Bundesländern wie Hessen und Bayern stärker vertreten sind.
  • Wie wirkt sich der Abfindungs-Gap auf die Wirtschaftspolitik aus?
    Die Daten liefern wichtige Argumente für eine aktivere Gleichstellungspolitik. Wirtschaftspolitische Maßnahmen sollten gezielt strukturschwache Regionen fördern und Anreize für faire Vergütungsstrukturen schaffen, um langfristig die Abfindungslücken zu schließen.

Quellen: „Merkur“