Work & Winning Schluss mit 8-Stunden-Tag? Warum Merz‘ Arbeitszeit-Revolution scheitern könnte

Schluss mit 8-Stunden-Tag? Warum Merz‘ Arbeitszeit-Revolution scheitern könnte

Flexibilität bereits heute möglich

Der DGB kritisiert die Pläne scharf und spricht von einer Scheindebatte. In einem Mythencheck weist der Gewerkschaftsbund darauf hin, dass flexible Arbeitszeiten bereits heute möglich sind.

Nach aktueller Gesetzeslage können Arbeitnehmer bis zu zehn Stunden täglich, 60 Stunden wöchentlich und bis zu 13 Tage am Stück arbeiten, sofern die Ruhezeiten eingehalten werden. Amélie Sutterer-Kipping vom Hugo-Sinzheimer-Institut der Hans-Böckler-Stiftung erklärt laut „vorwaerts.de“, dass die bestehenden Spielräume ausreichend seien, „um weitgehende und nötige Flexibilität für beide Seiten des Arbeitsverhältnisses zu gewährleisten.“.

Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Gefahr

DGB-Chefin Yasmin Fahimi befürchtet, dass die Reform vor allem in bestimmten Branchen zu regelmäßigen Zwölf-Stunden-Schichten führen könnte – etwa bei Paketdiensten, im Gastgewerbe und in der Pflege. Besonders problematisch: Längere Arbeitstage erschweren die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Frauen, die ohnehin schon den Großteil der unbezahlten Care-Arbeit leisten, könnten noch stärker in die Teilzeitfalle gedrängt werden. Selbst innerhalb der CDU gibt es Kritik. Die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft (CDA) warnt vor einer schleichenden Entgrenzung der Arbeitszeit und fordert besonderen Schutz für körperlich belastete Berufsgruppen wie Pflege, Handwerk, Bau und Gastronomie.

Business Punk Check

Die Arbeitszeit-Revolution klingt nach New Work, ist aber ein Rückschritt ins 19. Jahrhundert. Während Silicon Valley längst auf kürzere Arbeitszeiten setzt, um Kreativität und Produktivität zu steigern, diskutieren wir über längere Arbeitstage. Die harte Realität: Mehr Stunden bedeuten nicht mehr Output. Studien zeigen, dass die Produktivität nach sechs Stunden konzentrierter Arbeit rapide abnimmt.

Unternehmen wie Microsoft Japan testeten die Vier-Tage-Woche und verzeichneten 40 Prozent Produktivitätssteigerung. Die wahre Innovation liegt nicht in der Ausweitung, sondern in der intelligenten Verdichtung von Arbeitszeit. Für Führungskräfte heißt das: Fokus auf Ergebnisse statt Präsenz, klare Priorisierung und Eliminierung von Meeting-Marathons. Wer heute noch glaubt, längere Arbeitszeiten seien der Schlüssel zum Erfolg, hat den Anschluss an moderne Arbeitskonzepte verpasst.

Häufig gestellte Fragen

  • Würde die Abschaffung des 8-Stunden-Tags wirklich mehr Flexibilität bringen?
    Nein, tatsächlich erlaubt das aktuelle Arbeitszeitgesetz bereits erhebliche Flexibilität. Arbeitnehmer können heute schon bis zu zehn Stunden täglich und 60 Stunden wöchentlich arbeiten, sofern bestimmte Ausgleichszeiträume eingehalten werden. Die eigentliche Herausforderung liegt in der Umsetzung moderner Arbeitszeitmodelle innerhalb des bestehenden Rahmens.
  • Wie können Unternehmen Produktivität steigern, ohne Arbeitszeiten zu verlängern?
    Statt längerer Arbeitszeiten sollten Unternehmen auf fokussierte Arbeitsphasen, klare Priorisierung und die Reduktion von Meetings setzen. Erfolgreiche Konzepte wie „Deep Work“ (2-3 Stunden ungestörte Konzentrationsphasen) und asynchrone Kommunikation (weniger Echtzeit-Unterbrechungen) haben nachweislich größere Produktivitätseffekte als die bloße Ausweitung von Arbeitszeit.
  • Welche Rolle spielt digitale Zeiterfassung für moderne Arbeitsmodelle?
    Digitale Zeiterfassung ist der Schlüssel für faire und transparente Arbeitszeitmodelle. Sie schützt Mitarbeiter vor unbezahlten Überstunden und hilft Unternehmen, Arbeitsbelastungen besser zu verteilen. Moderne Tools bieten dabei keine Überwachung, sondern dokumentieren lediglich Start- und Endzeiten. Für zukunftsorientierte Arbeitsmodelle wie flexible Wochenarbeitszeiten ist eine verlässliche digitale Erfassung unerlässlich.
  • Wie wirkt sich die Arbeitszeit-Debatte auf den Fachkräftemangel aus?
    Längere Arbeitstage verschärfen den Fachkräftemangel, da sie besonders Frauen, ältere Arbeitnehmer und Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen vom Arbeitsmarkt fernhalten. Progressive Unternehmen setzen stattdessen auf kürzere, flexiblere Arbeitszeiten, um attraktiv für Talente zu bleiben. Der Wettbewerb um Fachkräfte wird zunehmend über moderne Arbeitszeitmodelle entschieden.

Quellen: „wmn.de“, „merkur.de“, „vorwaerts.de“

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