Work & Winning Was passieren kann, wenn man ein „ss“ im Nachnamen trägt

Was passieren kann, wenn man ein „ss“ im Nachnamen trägt

Heute ist Bürokratie-FREI-tag. In unserer Serie schildern wir, wie sich Menschen und Unternehmen im deutschen Bürokratiedschungel verfangen. Heute geht es um einen Leser, der das Pech hat, dass die Schreibweise seines Namens immer wieder schiefläuft. Vom Visum bis zur Kreditkarte kann das ins Auge gehen.

Manchmal genügt für bürokratische Verwicklungen in Deutschland schon ein einzelner, harmloser Buchstabe des heimischen Alphabets. Wie weit eine einfache Behörde dabei gehen kann, wenn ganz persönliche Angelegenheiten des Bürgers betroffen sind, zeigt sich in dieser Hinsicht am ehesten beim Einwohnermeldeamt.

Im Fall von Giselher Weiss, wohnhaft und angemeldet in einer deutschen Mittelstadt, hat dies zu einem bizarren Streit geführt, der zahlreiche amtliche Vorgänge nach sich zog – und für den Betroffenen diverse Behördengänge, Telefonate und Antragsschreiben zur Folge hatte. Dabei entzündete es sich eben nur an einem einzigen Buchstaben, oder allenfalls, und das ist Interpretationssache, an zweien davon.

Es ging um Weiß; nicht um schwarz oder weiß, sondern um die Schreibweise des Familiennamens, die sich immerhin über mehrere Generationen zurückverfolgen lässt. Schon seit Jahrhunderten hatte das Deutsche in Deutschland ein paar Buchstaben, die es anderswo nicht gibt, was so mancher Sprache eigen ist. Im Deutschen allerdings, das in mehreren Ländern auch Amtssprache ist, gibt es das „ß“. Aber nur in Deutschland. Woanders schreibt man „ss“. Was für Deutsche etwas verwirrend sein kann, wenn in der Schweiz die Busse sowohl öffentliche Verkehrsmittel sind, als es auch, lang gesprochen, eine Geldbuße sein kann. Man merkt aber dann schon in der Regel, was gemeint ist.

Giselher Weiss nun hat Akten und Briefe, die teils vom Großvater überliefert sind und den Familiennamen „Weiss“ tragen. Zweimal s hintereinander. Hin und wieder taucht der Name auch mit ß auf, aber amtlich heißt es: Weiss. Der Unterschied, mag es auch nach einem Streit um des Kaisers Bart klingen, ist schon bedeutsam. Nämlich bei international notwendigen Dokumenten, die zum Beispiel in Englisch abgefasst sind. Denn ein „ß“ dort ist ein unbekanntes Zeichen, und wenn ein Name im Visum für die USA „Weiss“ lautet, dann sollte er tunlichst nicht „Weiß“ oder in Großbuchstaben „WEIß“ geschrieben werden. Im Ausland liest man dies nämlich als den Buchstaben B, ein wenig schief halt. Man weiß – mit ß – es halt nicht besser. Und bei Visa und dergleichen nimmt man es überall genau.

Was deutsche Behörden nicht recht kümmert, wenn – wie meist Vorschrift – bei der erstmaligen Beantragung eines Passes oder Personalausweises in einer Stadt neuerdings auch die Geburtsurkunde vorgelegt werden muss. Dann nämlich könnte dort – und bei Giselher Weiss war es so – der Name mit „ß“ geschrieben sein; das war vor Jahrzehnten halt oft dem Zufall überlassen, da man das doppelte „s“ durch ein „ß“ ersetzen konnte und vice versa – zumindest bei Kleinbuchstaben machte man es weitgehend nach freier Wahl. Ein großes „ß“ nämlich gab es streng genommen gar nicht. Warum? Es wurde nicht gebraucht, denn dieser Kombinationsbuchstabe stand – und steht – nie am Anfang eines Wortes, das man großschreiben müsste.

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