Life & Style Portugal. The Man im Gespräch

Portugal. The Man im Gespräch

Indie-Musiker müssen sich meist entscheiden. Credibility und arm oder Seele verkaufen. Portugal. The Man gehen es anders an. Für die Band aus Alaska ist authentische Message und cleveres Business kein Widerspruch. Die Musiker bewegen sich zwischen Aktivismus, Unternehmertum und Branding. Ein Gespräch mit Gründer Zach Carothers  und Gitarrist Eric Howk über Politik und Selbsvermarktung, aber auch über Sexismus und die Demokratisierung der Popmusik.

Business Punk: Seht ihr euch als Aktivisten?

Zach Carothers: Alles ist mittlerweile so politisch aufgeladen und wir sind nicht unbedingt eine politische Band. Wir treten einfach für Menschenrechte ein. Traurigerweise steht das in Amerika gerade politisch zur Disposition, was verdammt lächerlich ist. Wir stehen für Race Equality, Gleichheit der Geschlechter und so weiter.

Eric Howk: In den letzten Jahren sind solch grundlegende Dinge wie sauberes Wasser politisch geworden. Dinge, die das nicht sein sollten. Wir haben also mehr einen humanistischen Standpunkt, was Politik betrifft. Wenn es um Dinge geht, die politisch nicht zur Disposition stehen sollten. Aber jetzt muss man sich auf eine Seite stellen. Und Portugal. The Man wollen auf der richtigen Seite der Geschichte stehen.

Zach Carothers: Noch vor einem Jahr war ich einfach Anarchist, jetzt bin ich sehr politisiert, wie zum Teufel konnte das passieren? [lacht]

Business Punk: Die Frage zielte auf eure Partnerschaften: Ihr habt mit dem Smithsonian Zoo kooperiert, um auf gefährdete Sumatra-Tiger aufmerksam zu machen. Jetzt werbt ihr für bessere Drogengesetze mit eurer eigenen Gras-Sorte. Ist Portugal. The Man eine Öko- und Sozial-Brand geworden?

Zach Carothers: [Überlegt] Wir haben nie gepredigt. Aber wir wollen die Leute zum Nachdenken bringen und dabei das machen, woran wir Spaß haben. Ich meine, wir sind aus Alaska, hatten also immer einen gewissen Bezug zur Umwelt, inklusive gefährdeter Arten. Das Smithsonian-Ding war somit für mich das Beste, was wir bisher gemacht haben.

Portugal. The Man Carothers Howk

Business Punk: Das Gras – hergestellt von Hifi Farms – verkauft ihr gebrandet, beworben von der Agentur Wieden + Kennedy, und das kurz vor Veröffentlichung des Albums. Das ist Promotion, kommerzielles Business. Seht ihr kein Credibility-Problem?

Eric Howk: Das Ganze hat natürlich einen unternehmerischen Aspekt.

Zach Carothers: Das ist der Zeitpunkt, an dem ich sagen sollte, halt die Klappe Eric! [lacht] Aber ernsthaft: Wenn wir eine super Marketing-Idee haben, die Geld und Awareness für eine gute Sache bringt, dann ist das doch eine Win-Win-Situation oder nicht? Ich glaube darum geht es. Abgesehen davon liebe ich Marketing und Branding, es ist einfach überall, du kommst nicht dran vorbei. Und jeder branded sich doch gewissermaßen selbst: mit den Shirts, die man trägt, Politiker branden sich selbst, jeder macht Marketing. Diese Tools wollen wir nutzen und wenn wir das für eine gute Sache tun können, umso besser.

Business Punk: „Do good and talk about it“, sehr amerikanisch. Das macht die vorangegangene Frage wohl eher europäisch…

Eric Howk: Das ist interessant, da bin ich gleich neugierig, wie es hier ankommt, dass wir unseren Namen für etwas kontroverses wie Weed hergeben. Für uns war das ja ein No-Brainer, etwas mit einem einzigartigen Spin, das die Leute kaufen wollen. Warum sollten wir das dann nicht tun? Ich würde auch von Portugal. The Man gebrandete Mercedes verkaufen. [lacht]

Zach Carothers: Es geht um interessante Kollaborationen und darum, neue Dinge auszuprobieren. Die Weed-Sache war ein Spaß mit einem Kumpel, der zufällig auf der Weed-Farm arbeitet. Und dann dachten wir: Hey, gibt es eigentlich eine Band, die ihr eigenes Weed hat? Lass mal machen.

Eric Howk: Wir haben diese Zeile im Song „Feel it Still“: Feels like 1966, eine direkte Referenz zu den Acid-Tests [eine vom Schriftsteller Ken Kesey in den Sechzigern initiierte Partyreihe und Happenings mit regelmäßigem Gruppenkunsum von LSD, Anm. d. Red.]. Natürlich können wir kein LSD verkaufen in Amerika, aber Dope kriegen wir hin.

Portugal. The Man Carothers Howk

Business Punk: Wie ist die Gesetzeslage? Könnt ihr das Gras überhaupt verkaufen?

Eric Howk: Jeder Staat hat eine andere Regelung. Momentan ist es glaube ich in sieben Staaten freigegeben [es sind zur Zeit acht, Anm. d. Red.], medizinisch in in 30 Staaten. Die Mitte Amerikas ist aber ein dunkler Ort ohne Geist der Aufklärung.

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