Productivity & New Work Präsentieren im Homeoffice-Zeitalter

Präsentieren im Homeoffice-Zeitalter

Ein Gastbeitrag von Jonas Keller

„I will fire you on the spot”, drohte der Redner seinem Zoom-Publikum. Spätestens an dieser Stelle wären alle Teilnehmenden einer Videokonferenz aufgewacht. Doch dem Absender der Botschaft war die Aufmerksamkeit seiner knapp 1.000 Zuhörenden auch so gewiss. In einer „Virtual Ceremony“ schwor US-Präsident Joe Biden am Tag seiner Amtseinführung persönlich seine Mitarbeitenden ein. Und das nicht nur im übertragenen Sinne, sondern amtlich.

Alle Zuhörenden dürften hochkonzentriert am heimischen Computer den Ausführungen ihres Chefs gelauscht haben. Die halbe Welt schaute zu und es war der offizielle Beginn eines prominenten Arbeitsverhältnisses. Dabei mahnte Biden seine Helfenden, respektvoll miteinander umzugehen, sonst werden sie auf der Stelle entlassen.

Nun haben nicht alle von uns den „State Dining Room“ des Weißen Hauses als Zoom-Hintergrund. Otto-Normal-Führungskraft, ja selbst DAX-Vorstände müssen sich ins Zeug legen, damit ihre Botschaften auch im Zeitalter der Heimarbeit zünden. Zwar haben wir uns an Videokonferenzen gewöhnt, die digitale Abstimmung innerhalb der Unternehmen läuft routiniert.

Jonas Keller ist CEO von Explain. Das Startup baut Präsentationen für Unternehmen. ©Explain

Hauptversammlungen und Bilanz-Pressekonferenzen, Trainings und Strategieveranstaltungen – alles erreicht via Internet die Empfänger*innen. Doch ein Selbstläufer ist all dies nicht – besonders bei Präsentationen. Powerpoint-Vorträgen haftete vorher schon der Ruf an, verstaubt zu sein (wenn sie schlecht gemacht sind). Nun ist alles noch schwieriger geworden. Denn bei Video-Formaten rücken die Sprechenden in den Hintergrund und es ist komplizierter, sich mit dem Publikum auszutauschen. Die Hemmschwelle, sich während einer Video-Konferenz mit etwas anderem zu beschäftigen, liegt niedriger als bei realen Treffen vor Ort – zumal die Kameras oft aus sind. Wie also wird das Homeoffice zur wirkungsvollen Bühne? Fünf Tipps, womit das digitale Präsentieren gelingt.

1.     Distanz überbrücken

Langweilige Vorträge und Meetings sind trauriger Alltag. Auch analog. Fast alle Tipps gelten daher auch für echte Treffen. Sie sind im virtuellen Raum aber noch wichtiger. Denn das Hauptproblem dort liegt in der Distanz. Von Dynamik keine Spur. Im selben Raum können Präsentator*innen schnell auf die Stimmung ihres Publikums eingehen.

Bei einer digitalen Konferenz ist das schwieriger. Redner*innen sehen ihr Publikum oft nicht – und können kaum einschätzen, wie ihr Vortrag ankommt. Verschärfend wirkt, dass Referierende die Folien auf ihrem Bildschirm teilen und damit meist winzig wird. Alle Konferenzteilnehmenden sehen sich nur als kleine Avatare. Das schafft eine weitere Barriere und ermüdet die Zuhörenden zusätzlich. Glücklicherweise gibt es Software, bei der die Sprechenden nicht nur als Bildkachel erscheinen, sondern in die Präsentation integriert sind. Fast wie Claus Kleber im Studio des heute-journals.

2.     Teilnehmende einbinden

Ich fordere meine Zuhörenden dazu auf, wenigstens zur Begrüßung die Kamera einzuschalten. Schließlich möchte ich einen Eindruck von meinem Publikum erhalten. Denn die wichtigste Herausforderung ist es, eine Verbindung zu seinen Zuhörenden aufzubauen. Also ist es hilfreich, schon vor der vereinbarten Zeit online sein und mit den bereits anwesenden Teilnehmenden Smalltalk zu treiben. Das aktiviert das Publikum. Überhaupt ist es empfehlenswert, die Gäste ständig einzubeziehen. Die Sprecher sollten Fragen stellen oder sogar kleine Aufgaben bereithalten: Bevor man Zahlen vorstellt, kann man die Zuhörenden bitten, diese zu schätzen. Oder bei mehreren Möglichkeiten einer Business-Lösung, darüber abstimmen lassen.

3.     Der Inhalt entscheidet

Doch entscheidend ist der Inhalt. Und was erwartet die Zielgruppe? Im besten Fall lösen Präsentierende ein Problem. Idealerweise beherrschen die Redner*innen Storytelling und mischen Fakten mit Beispielen und Episoden. Das so berüchtigte Power-Point darf dabei lediglich unterstützen. Auch beim realen Vortrag im Konferenzraum sollten Sprecher*innen keinen Fließtext vorlesen. Infografiken, packende Fotos oder einleuchtende Diagramme hingegen können Kernbotschaft ausgezeichnet visualisieren.

4.     Kamera auf Augenhöhe

Vergesst ebenfalls nicht, auf gleicher Augenhöhe zu kommunizieren und nicht mit der Laptop-Kamera von unten. Die Zuschauer*innen wollen den direkten Blick der Redner*innen – und hier geht das sogar besser als in einem Raum 20 Leute gleichzeitig anzusehen. Also sollte man sich ein paar Bücher unter das MacBook schieben und sich vor allem hinstellen. Das schafft eine ganz andere Dynamik.

5.     Technik für jedes Budget

Je nach Anlass und Unternehmensdimension kann / sollte man den technischen Aufwand auch größer betreiben. Vor allem aber sollten die Sprecher*innen zu sehen sein. Eine Streaming-Software kann das Bild der Redner*innen einspeisen und neben die Folie legen.

Mit etwas mehr Budget und Aufrüstung lässt sich das Sprecher*innenvideo in das Layout der Folie integrieren. Viele kennen das von Gaming-Streams. Inhalt, Folie und Sprecher*innen verschmelzen so. Und die Krönung ist, wenn Präsentierende vor einem Greenscreen oder Rückprojektion stehen. Die Redner*innen können dann freigestellt werden und präsentieren vor ihrer Folie – was das Erlebnis für die Sprecher*innen als auch für das Publikum deutlich erhöht. Sozusagen die Champions League der Präsentationen.

Offenkundig müssen wir mit der Pandemie noch eine Weile leben – und arbeiten. Und die virtuelle Arbeitsform wird uns auch nach Corona nicht verlassen. Auch künftig gilt es also, (sich) per Videokonferenz wirkungsvoll zu präsentieren, das Publikum einzubinden und sich als Sprecher*innen ins Rampenlicht zu setzen. Selbst wenn der Heimarbeitsplatz nicht das Weiße Haus ist.

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