Leadership & Karriere „Unternehmertum kann auch mal wehtun“ – Frederik Hümmeke im Interview

„Unternehmertum kann auch mal wehtun“ – Frederik Hümmeke im Interview

Coach und Unternehmer Frederik Hümmeke weiß wie kein Zweiter, wie man mit dem Ballast von anderen umzugehen hat. Ein Gespräch über Akademisches und zutiefst Profanes.

Herr Hümmeke, genau wie Ihr Coachingprogramm heißt Ihr Buch „Handling Shit“. Erklären Sie bitte diesen griffigen Titel.

Shit ist nicht das, woran man als Erstes denkt. Es geht im Grunde um den Umgang mit schwierigen Personen und Situationen. Shit ist ein Akronym für die vier wichtigsten Gründe, warum man es mit kritischen Personen und Umständen zu tun hat.

Wofür stehen die Buchstaben?

S steht für Stress. Situationen, in denen wir die Kontrolle verlieren, genervt sind und emotional herausgefordert werden. H steht für Heuchler:innen. Die gibt es oft auf den Führungsetagen. I steht für Idiot:innen. Das sind diejenigen, die extreme oder ideologische Ansichten haben und nicht mit sich reden lassen. Und T steht für Temperamente. Damit meine ich Choleriker:innen und Phlegmatiker:innen. Mit diesen vier Kategorien gilt es umzugehen. Dafür gebe ich Leser:innen meine Werkzeuge und Methoden an die Hand.

An wen richten sich die Methoden?

Im Grunde an alle Menschen, die Verantwortung jeder Art übernehmen wollen. Natürlich richte ich mein Coaching vor allem an Unternehmer:innen und Führungskräfte, weil diese oft unter großem Druck stehen. Aber gleichzeitig beispielsweise auch an Lehrer:innen, von denen ich viele Anfragen bekomme. Ich habe das Buch bewusst für Menschen in unterschiedlichen Rollen geschrieben.

Sie selber haben zwei Studienabschlüsse und einen Doktor. Warum haben Sie sich für den wissenschaftlichen Bildungsweg entschieden?

Über einen Umweg: Ich habe als Jugendlicher meine erste Firma gegründet. Ich habe mit einem Freund auf Provisionsbasis Sicherheitsdienstleistungen verkauft. Ich habe Unternehmertum geschnuppert und wusste: Das will ich machen. Da bot es sich an, Wirtschaftswissenschaften zu studieren.

Zudem haben Sie Philosophie und Neurowissenschaften studiert.

Die Philosophie hat mich an der Wirtschaft immer mehr interessiert als die Ökonomie selbst. Deshalb bin ich noch in die Verhaltens- und Kulturphilosophie übergegangen. Neben meiner Doktorarbeit habe ich Angewandte Neurowissenschaften studiert. Es steckt so viel interessantes Zeug in der Forschung.

Und dann sind Sie doch im Unternehmertum gelandet. Warum?

Ich habe schon immer Forschung und unternehmerische Tätigkeiten parallel laufen lassen. Nach meinem Doktor habe ich meinen Fokus wieder mehr auf das Unternehmen gelenkt, weil ich mehr Zeit hatte. Aber ich bin bei meinem Thema aus der Forschung geblieben und habe diese Leidenschaft mit ins Unternehmen genommen. Nämlich: Menschen in ihren Veränderungsprozessen begleiten und ihnen in schwierigen Momenten helfen. Deshalb habe ich mit dem Coaching in Familienunternehmen angefangen.

©Books4Success (erscheint am 13.5.)

Um welche Art von Coaching handelt es sich genau?

Es geht um zielgerichtete Veränderung von Verhalten auf unterschiedlichen Ebenen. Auf der individuellen Ebene, der Teamebene und auf der Organisationsebene. Ich helfe zum einen, Konflikte zu vermeiden, und zum anderen, die schon vorhandenen zu lösen.

Unterscheiden Sie dabei zwischen Business- und privaten Problemen?

Das kann man nicht trennen. Wir schleppen ja denselben Körper und dasselbe Gehirn ins Büro und auch nach Hause. Oft drücken die beruflichen Probleme auf das private Leben. Manchmal liegt der Auslöser im Privaten. Deshalb arbeiten wir nicht mit Mitarbeiter:innen oder Privatleuten, sondern mit Menschen.

Sie sind seit 15 Jahren Coach, aber haben nebenbei viele Unternehmen und Startups gegründet. Wie?

Ich bin ein Überzeugungstäter, der Chancen nicht ablehnen kann. Das fing ja schon mit der Sicherheitsfirma an, die ich als Jugendlicher gegründet habe. Und danach folgten weitere Ideen, die ich umsetzen wollte. Ich habe nicht viel nachgedacht, sondern einfach gemacht.

Sie sind nicht gerade risikoscheu.

Bedenken sind schon wichtig. Ich bin ein Freund davon, Bedenken ins Konstruktive umzusetzen. Man sollte zuerst kalkulieren, was sich mit dem vorhandenen Geld umsetzen lässt, und abwägen, was schiefgehen kann. Und dann muss man sich mit Fleiß vorarbeiten. Es kann auch finanziell mal richtig wehtun, aber das gehört zum Unternehmertum dazu. Kein Risiko, kein Fortschritt.

Sie geben auch Coachings über Youtube. Warum?

Ich teile immer wieder Inhalte auf Social Media und Youtube, weil ich festgestellt habe, dass diese Inhalte den Menschen guttun. Viele können sich ein professionelles Coaching nicht leisten. Mein Wissen soll nicht exklusiv sein. Ganz im Gegenteil. Es soll allen Menschen das Leben besser machen.

Ist es nicht riskant, die Buchinhalte frei zugänglich zu machen?

Strategisch gesehen ist es kein kluger Schachzug, meine Methoden und Quellen für mein Coaching preiszugeben. Klar können sich jetzt andere meine Methoden schnappen und daraus eigene Coachings entwickeln. Aber ich denke eben auch, dass Wissen nicht exklusiv sein sollte. Es soll allen geholfen werden können.

Haben Sie spezielle Tipps für Menschen, die ihr eigenes Unternehmen starten wollen?

Gründer:innen haben ja praktisch auch eine Führungsfunktion. Am Anfang nicht in Bezug auf ihre Mitarbeiter:innen, sondern auf sich selbst und ihre Kund:innen. Wichtig ist, taktisch klug zu handeln. Der Stress in Shit spielt dabei die größte Rolle. Der Trick ist, den Stress in eine gewisse Stärke umzuwandeln.

Deswegen auch der Slogan „Shit in Dünger verwandeln“?

Das ist meine Lieblingsidee. Wann hat man Stress? In Situationen, in denen es um etwas Wichtiges geht. Aber selbst wenn es nicht klappt, kann man die Situation als Impuls nehmen, um zu lernen und stärker daraus hervorzugehen. Daher kommt der Spruch.

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