Personal Finance Gastbeitrag: Der Wahlausgang und die Finanzmärkte (Teil 2: Altersvorsorge)

Gastbeitrag: Der Wahlausgang und die Finanzmärkte (Teil 2: Altersvorsorge)

Ein Gastbeitrag von Nils-Hendrik-Höcker, Deutschlandchef des Neo-Brokers BUX

In dreieinhalb Wochen ist Bundestagswahl. Das Wahlergebnis wird nicht nur Einfluss auf unseren Alltag haben, sondern möglicherweise auch auf die Finanzmärkte. Wir nehmen die Parteiprogramme unter die Lupe, um zu schauen, welche Vorschläge die aktuell im Bundestag vertretenen Parteien machen. Letzte Woche ging es um ‘Digitalisierung’, heute  um Rente & Altersvorsorge. 

Foto: BUX, Robert Lehmann

„Bei der Vermögensbildung stehen insbesondere die Deutschen im internationalen Vergleich nicht gut da“

– Nils-Hendrik Höcker

Das Sorgenkind Altersvorsorge 

Unsere  Altersvorsorge ist eine der größten Herausforderungen für Politik und Gesellschaft. Denn eines ist sicher: Das aktuelle System funktioniert nicht mehr. Bürgerinnen und Bürger müssen länger arbeiten und zahlen höhere Beiträge. 

Immer mehr Expertinnen und Experten raten daher vor allem den jungen Generationen, sich schon früh um ihre private Altersvorsorge zu kümmern – zum Beispiel in Form von Investitionen in Immobilien oder vor allem auch in Aktien und ETFs. Doch bei der Vermögensbildung stehen insbesondere die Deutschen im internationalen Vergleich nicht gut dar. Daher ist es umso wichtiger zu wissen, was die Parteien in diesem Bereich nach der Wahl planen. Von Riester- bis Aktienrente – hier sind die wichtigsten Erkenntnisse aus den Wahlprogrammen:

· CDU/CSU

Die Unionsparteien sind wenig konkret zur Höhe der Beiträge oder zum Rentenniveau. Vermutlich wollen sie die größte Wählerschicht vor der Wahl nicht abschrecken. Die Union sieht lediglich einen “Altersicherungsbeirat” vor und schließt einen späteren Renteneintritt durch Kopplung der Regelaltersgrenze an die durchschnittliche Lebenserwartung nicht aus. Die CDU/CSU plant neben dem Erhalt der Riester-Rente eine private, staatlich geförderte Altersvorsorge als Ergänzung zur gesetzlichen Rente. Dabei soll monatlich ein Beitrag in einen Pensionsfonds fließen, dessen Umsetzung jedoch unklar ist. 

· SPD

Die Sozialdemokraten sind gegen eine Erhöhung des Renteneintrittsalters von 67 Jahren. Das Programm sieht vor, dass die Grundlage der Altersvorsorge nach wie vor die gesetzliche Rentenversicherung bleiben soll. Familienbedingte Tätigkeiten bei der Rente sollen künftig gerechter berücksichtigt werden und insbesondere die Pflege von Familienangehörigen soll sich nicht negativ auf die Rente auswirken. Die SPD plant zudem, die private Altersvorsorge attraktiver zu machen und will sich dafür an dem schwedischen Vorbild orientieren, um sie „kostengünstig, digital und grenzüberschreitend“ zu machen.

· Die Grünen

Auch die Grünen halten an dem Renteneintrittsalter von 67 Jahren fest und das Rentenniveau soll bei mindestens 48 Prozent bleiben. Das Programm beinhaltet außerdem eine schrittweise Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung zu einer “Bürgerversicherung”. In dieser sollen mittel- bis langfristig alle Bürger:innen einzahlen. Riester- und Rürup-Rente sollen durch einen öffentlich verwalteten Bürgerfonds ersetzt werden, der langfristig und vor allem nachhaltig am Aktienmarkt investiert werden soll.

· FDP

Die FDP orientiert sich am schwedischen Modell und setzt in puncto Altersvorsorge vor allem auf Flexibilität. Im Mittelpunkt steht dabei ein Baukastensystem mit einem Mix aus gesetzlicher, betrieblicher und privater Vorsorge. Das bedeutet konkret: Wer früher in Rente geht, bekommt auch weniger, aber Zuverdienstgrenzen sollen abgeschafft und Teilrenten unkompliziert möglich sein. Außerdem möchte die Partei eine Basisrente einführen. Für den Baustein ‘private Altersvorsorge’ plant die FDP die Einführung einer gesetzlichen Aktienrente. Dazu sollen circa zwei Prozent des Beitrages für die gesetzliche Rentenversicherung nicht mehr in das Umlagesystem, sondern in einen Fonds fließen.

· Die Linke

Das Programm der Linkspartei sieht eine Senkung des Renteneintrittsalters auf 65 Jahre und für die ab 40-Jährigen auf 60 Jahre vor. Außerdem sollen Selbstständige, Freiberufler und Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung eingegliedert und das Rentenniveau in Ostdeutschland an das Niveau in Westdeutschland angeglichen werden. Die Riester-Rente soll abgeschafft und eine solidarische Mindestrente von 1.200 Euro eingeführt werden. 

· AfD

Die AfD will das Renteneintrittsalter nicht festlegen, sondern jeden Menschen selbst entscheiden lassen, wann er oder sie in Rente gehen will. Geringverdiener, die lange in die Rentenkasse eingezahlt haben, will die AfD dabei besser stellen: 25 Prozent der Altersrente sollen nicht auf die Grundsicherung im Alter angerechnet werden. Politikerpensionen will die AfD abschaffen. Beamte sollen nicht in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden. Die Rentenpolitik der AfD soll in erster Linie durch Streichungen bei der Migrations-, Klima- und EU-Politik finanziert werden. 

Die (letzte) Hoffnung für die gesetzliche Rente?

Das Umlageverfahren des Rentensystems wird an der alternden Gesellschaft in Deutschland scheitern. Hoffnung sehen nahezu alle Parteien in der Eingliederung von Selbständigen, Freiberuflern und Beamten in die gesetzliche Rentenversicherung. Und bei den möglichen Optionen der Regierungsbeteiligungen wird es wohl auch dazu kommen.

Insbesondere die Vorschläge der Grünen und der FDP sind spannend für Anleger:innen: Beide Parteien plädieren für einen Staatsfonds, um in den Aktienmarkt zu investieren. Eine Inspiration für die Zusammensetzung ist der norwegische Staatsfonds: 78 Prozent des Fondsvolumens sind in Aktien investiert, 24,7 Prozent in Bonds und 2,5 Prozent in Immobilien. Beaufsichtigt wird der Fonds durch das norwegische Parlament. Hier werden die Grundsätze der Anlagepolitik festgelegt und auch die Höhe der jährlichen Auszahlungen. Sein Vermögen beläuft sich mittlerweile auf 1,1 Bio. Dollar.

Pro Kopf macht das für jeden Norweger gut 170.000 Euro. Der Fokus des Fonds liegt auf Unternehmen im Bereich Immobilien (in Deutschland zum Beispiel Vonovia), die zweitgrößte Position ist der Technologiesektor. Beachtlich niedrig ist die Position des Fonds in der Öl- und Gas-Industrie. Insgesamt hält der Fonds Beteiligungen an 9.123 Unternehmen in 69 Ländern. 

Man kann davon ausgehen, dass auch ein deutscher Staatsfond eine ähnliche Zusammensetzung planen würde: internationale Streuung, nachhaltige Strategie, Immobilien und Technologie.

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