Productivity & New Work Vier (eher ungünstige) Pitch-Typen und wie daraus ein erfolgreicher Deal wird

Vier (eher ungünstige) Pitch-Typen und wie daraus ein erfolgreicher Deal wird

Ein Gastbeitrag von Madeline Lawrence, Head of DACH beim europäischen VC Peak

Investor:innen müssen sich viele Pitches in ihrem Leben anhören. Teils sogar 300 pro Jahr. Da will wohl überlegt sein, in welches Startup sie das Geld investieren. Umso wichtiger ist also der Auftritt und der Pitch der Idee. Im Berufsalltag von Investor:innen kommen diese vier verschiedenen Pitch-Typen vor, die alle noch an ihrer Performance arbeiten könnten. Kommt euch davon was bekannt vor?

Der oder die Routinierte

Wer gründet, lebt für seine Geschäftsidee und arbeitet hart, damit diese auch tatsächlich Erfolg hat. Fundraising ist dafür zwar dringend notwendig, gehört aber für viele angehende Unternehmer eher zur leidigen Routine. Manche Gründer:innen merkt man das auch bei ihrem Pitch an. Sie wirken auf Investor:innen fast schon gelangweilt, das Pitch-Deck wird nicht selten einfach Wort für Wort vorgelesen. Die Präsentation ist wenig ausgearbeitet und selbst bei Nachfragen fallen die Antworten kurz und knapp aus und lassen auch dann die wichtigen Informationen vermissen. Mein Fazit: No Invest.

Den Routinierten rate ich: Auch wenn es mühsam ist, die eigenen Ideen immer wieder von neuem zu erklären, letztlich darf der Enthusiasmus das Produkt oder das Geschäftsmodell an den Investor zu bringen nicht fehlen, denn was für die Investor:innen gilt, gilt später auch für Kund:innen, die Fähigkeit neue Talente für sich zu gewinnen und neues Kapital zu beschaffen.

Der oder die Enthusiast:in/Hochstapler:in

Woran es manchen Jungunternehmer:innen fehlt, davon haben andere zu viel: Die Enthusiasten tragen meist ein bisschen zu dick auf, wenn es um die Einschätzung des Marktes und des eigenen Business-Cases geht. Da werden schnell mehrere „Tier 1“ Investor:innen gleichzeitig ins Spiel gebracht, um Druck aufzubauen. Insgesamt bleibt der Pitch, wenn es um das Geschäftsmodell- und Zahlen an sich geht, oft vage.

Nachfragen werden stets durch superlative Beurteilungen der eigenen Innovationskraft und des USP abgewiegelt. Wer ein Unternehmen aufbaut, muss selbstbewusst sein – keine Frage,  trotzdem lassen sich Investor:innen nicht zu einer Entscheidung drängen, nur um der Konkurrenz zuvor zu kommen – schon gar nicht, wenn solide Zahlen zur Geschäftsentwicklung fehlen. Auch hier fällt meine Entscheidung klar aus: No Invest.

Wenn es mit einem Deal klappen soll, will ich vom Konzept und dem Team überzeugt werden. Das geht nur mit sachlichen Informationen und wenn das Pitch-Team auch klar benennen kann, wo sie Unterstützung brauchen. Eigene Schwächen zu erkennen, kann in diesem Fall eine Stärke sein. Prinzipiell beobachte ich jedoch auch eine Machtverschiebung. Wirklich erfolgsversprechende Start-ups sind rar, Fondsmanager:innen und Ventur Capitalists gibt es jedoch immer mehr. Für die Gründer:innen bedeutet das deutlich mehr Verhandlungsspielraum, der auch genutzt werden sollte. Aber: es gibt einen schmalen Grat zwischen einem gesunden Maß an Druck und zu viel davon. 

Madeleine Lawrence kommt es beim Pitch auf die Team-Dynamik und Präsentation an. ©Peak

Der After-Work-Pitch

Ja, es gibt diese unglaublichen Erfolgsstories von Gründer:innen, die im Flugzeug oder der Bahn zufällig neben einem Investor:in saßen und mit einem handfesten Deal ausgestiegen sind. Das ist zwar keine Urban Legend, aber auch nicht der Normalfall. Es gibt eine Grenze zwischen dem Geschäftlichen und Freizeit. Gründer:innen haben mal Feierabend, und Investor:innen ebenso. Wenn wir bei einem Bier in einer Bar sagen, dass wir Investor:innen sind, ist das kein Freibrief für ein Gespräch über Investment Cases. Wenn man eine:n Arzt oder Ärztin trifft, bittet man ihn oder sie ja auch nicht darum sich mal schnell den Ausschlag am Bein mitten in einer Bar zu untersuchen, oder?

Statt voreilig jede Chance für einen Pitch zu nutzen, sollten Gründer:innen lieber die Gunst der Stunde zum Networking nutzen. Das Ziel sollte sein, die Kontaktdaten der Investor:innen zu bekommen und in einem nächsten Schritt seine Geschäftsidee zu verkaufen. Dann aber bitte bei einem geplanten Meeting mit einem Pitch-Deck. Wenn wir uns tatsächlich jemals in einer Bar oder in einem Club über den Weg laufen, dann lasst uns gerne Nummern austauschen und das Geschäftliche dann klären, wenn es Zeit dafür ist.

Der oder die Verschwiegene

Sein Geschäftsgeheimnis zu wahren, gehört mit zum Erfolgsrezept eines jeden Unternehmens. Auf der Suche nach Investor:innen ist zu viel Geheimhaltung jedoch eher hinderlich. Bei einem Pitch des Verschwiegenen-Typs erfährt man im schlimmsten Fall nicht einmal genau, was eigentlich die Geschäftsidee beziehungsweise das Alleinstellungsmerkmal ist – so groß ist die Angst vor Nachahmer:innen.

Das größte Problem, wenn es um Verschwiegenheit geht, sind Gespräche bei denen nicht über Zahlen gesprochen wird. Dabei müssen wir als Investor:innen dringend wissen, wie viel Geld ein Unternehmen erwirtschaftet. Gründer:innen sollten sich in Gesprächen mit VCs keine Sorgen machen, wenn die Einnahmen noch niedrig sind, denn gute Investor:innen achten auf mehr als nur blanke Zahl. Im Grunde geht es hierbei darum Schwächen und Offenheit zuzulassen, zu zeigen und offen zu diskutieren – das ist ein wichtiger Bestandteil einer Gründer:innen-Investor:innen-Beziehung und beginnt schon beim Pitch.

Auch hier lautet die Entscheidung: Keine Transparenz, kein Investment. Für die Zukunft sei all den Verschwiegenen gesagt: Es ist völlig nachvollziehbar, dass Gründer:innen ihr Konzept vor potenziellen Mitbewerber:innen schützen wollen, als Kapitalgeber:innen sind wir jedoch nicht die Konkurrenz, sondern im besten Fall bald Teil des Start-ups. Es ist unser Job Informationen vertraulich zu behandeln. Wir können unser Kapital und unsere Erfahrungen nur einbringen, wenn die Gründer:innen uns auch lassen. 

Die perfekte Mischung

Wie so oft im Leben, die Mischung macht’s. Wer Investor:innen für sich gewinnen will, sollte die Vorzüge seines Unternehmens nicht hinterm Berg halten und sich ruhig auch ein bisschen rar machen, denn die Kräfteverhältnisse zwischen Gründer:innen und Venture Capitalists haben sich in den vergangenen Jahren deutlich verschoben. Es gibt derzeit so viel Kapital, dass Gründer:innen oft nicht mal wissen, was sie damit machen sollen. Diese Verschiebung sollten junge Unternehmer:innen für sich nutzen, aber auch nicht zu lange zögern oder Investor:innen gegeneinander ausspielen.

Letztlich gilt es Transparenz über die eigenen Geschäftszahlen zu schaffen und umgekehrt klar festzulegen, was man sich von einer Zusammenarbeit mit den Investor:innen erwartet. Nur so können sich beide Parteien auf Augenhöhe begegnen, verhandeln und das Unternehmen gemeinsam voranbringen. Ist der Deal dann besiegelt, feiern wir das auch, denn dafür ist der Feierabend da.

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