Female Entrepreneurship Zum Frauentag: Fünf feministische Power-Moves für den Arbeitsalltag

Zum Frauentag: Fünf feministische Power-Moves für den Arbeitsalltag

Ein Gastbeitrag von Rebecca Clarke

Viel ist seit dem ersten internationalen Tag der Frau im Jahr 1911 im Hinblick auf die Gleichberechtigung passiert. Doch Beispiele wie das Foto einer Runde ausschließlich männlicher CEOs auf der Münchener Sicherheitskonferenz, das in den sozialen Netzwerken und medial für Aufregung sorgte, sind nur die Spitze der fortbestehenden strukturellen Diskriminierung von Frauen.

Als Recruitees Global Head of People & Culture beschäftigt mich und mein Team immer wieder die Frage, wie wir einen diverseren und inklusiveren Arbeitsplatz schaffen. Während es klare Zielsetzungen wie die Überwindung des Gender Pay Gap gibt, sind Aspekte wie die Unternehmenskultur schwerer zu reformieren.

Tschüss Masculinity Contest Culture

Immer wieder fallen selbst als fortschrittlich geltende Unternehmen durch schwerwiegende Vorfälle sexueller Diskriminierung oder gar Belästigung durch männliche Mitarbeitende negativ auf. US-Forscher:innen führen das auf eine vorherrschende „masculinity contest culture” zurück. Diese Kultur befördert eine hochkompetitive Mentalität, die traditionell männliche Attribute wie körperliche Stärke, emotionale Härte und Rücksichtslosigkeit zelebriert. Der Kern des Problems ist das Konzept einer Männlichkeit, die stets infrage gestellt werden kann, wodurch sie immer wieder performt und bewiesen werden muss.

Es gilt, diese sich selbstverstärkenden Muster nachhaltig zu durchbrechen. Bloß wie? Natürlich sind Unternehmen und ihre People & Culture-Teams gefragt, strukturelle Reformen umzusetzen. Allerdings können alle Mitarbeitenden tagtäglich einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass die „masculinity contest culture” keine Chance hat. Dafür haben ich und mein Team eine Reihe feministischer Power-Moves zusammengetragen, mit der ihr dieser toxischen Kultur entgegentreten könnt, egal wie subtil sie sich präsentiert.

Meeting unterbrechen, um den Fokus neu zu stellen

Es kommt nicht selten vor, dass sich Diskussionen vor allem in internen Meetings hochschaukeln und einen Punkt erreichen, an dem sachdienliche Argumente außen vor gelassen werden und Kolleg:innen sich gegenseitig ins Wort fallen. Männer sind für 60 Prozent dieser Unterbrechungen verantwortlich, Frauen hingegen unterbrechen sich vor allem (zu 87 Prozent) gegenseitig, so die Forschungsergebnisse eines Teams der George Washington University.

Männliche Kollegen versuchen dann nicht selten in einer solch angespannten Lage zum Beispiel durch das Anheben ihrer Stimme, andere Teilnehmer:innen von ihrem Standpunkt zu überzeugen und die Diskussion für sich zu entscheiden. Es ist sinnvoll vor einer solchen „Eskalation” die Wogen durch eine fünfminütige Unterbrechung des Meetings zu glätten und dann nochmal mit neuer Sachlichkeit an das Thema heranzugehen. Schlagt dafür zum Beispiel einfach eine kurze Kaffeepause oder Bio-Break vor.

Sucht euch Verbündete

Eine Person ist gerade in einer Diskussion wortführend, aber es ist offensichtlich, dass sie dies nur aufgrund ihrer Stellung als HIPPO (highest paid person’s opinion) ist? Versuche zum Beispiel per Chat Verbündete für deine Position zu finden. Eine:r aus eurer Gruppe präsentiert dann die Konsensmeinung und bekommt „spontanen” Zuspruch von der gesamten Gruppe. Alternativ kann in einer solchen Situation auch angeregt werden, Kleingruppen zu bilden, in denen die Argumente weiter ausgearbeitet werden, um sie dann anschließend vor der gesamten Gruppe zu präsentieren.

Durch diesen Move können auch jene Kolleg:innen eingebunden werden, die sich besonders schwertun, in hybriden Meetings Gehör zu bekommen – das betrifft laut einer Umfrage fast ein Drittel aller Arbeitnehmer:innen.

Sexismus beim Namen nennen

Angestellte haben aber auch abseits von Meetings mit den negativen Seiten einer Unternehmenskultur, wie Nichtbeachtung, Mobbing oder Sexismus, zu kämpfen. Letzterer tritt teilweise sogar so subtil auf, dass er gar nicht als solcher erkannt und benannt wird. Zum Beispiel dann, wenn Frauen in einer anderen Stimmlage oder mit dem Vor- statt dem Nachnamen angesprochen werden.

An dieser Stelle hilft nur, die Vorfälle offen an die betreffenden Personen heranzutragen und sie damit idealerweise im Moment zu konfrontieren und deutlich anzusprechen – gerade wenn ihr nicht direkt betroffen seid und den Vorfall nur beobachtet. Nutzt unbedingt auch die Möglichkeit solche Vorfälle anonym zu melden, damit andere Kolleg:innen geschützt und möglicherweise notwendige (rechtliche) Schritte eingeleitet werden können.


Rebecca Clarke ist Global Head of People bei Recruitee, der Software für kollaboratives Recruiting. ©Recruitee

Erfolge weiblicher Kolleginnen ausdrücklich feiern

Leider ist es auch heute noch so, dass Frauen in gemischtgeschlechtlichen Teams weniger konkretes und auf die Sacharbeit bezogenes Lob erhalten als ihre männlichen Kollegen. Führungskräfte und Kolleg:innen können dieser Ungleichheit zum Beispiel durch das ausdrückliche Hervorheben spezifischer Erfolge weiblicher Kolleginnen begegnen. Ein kurzer Satz in einem Meeting wie z. B. „Ich wollte nur kurz hinzufügen, wie super Andrea mich bei dem Projekt mit ihrer Idee XY unterstützt hat” ist ein guter Anfang. Die öffentliche Bestätigung ist hierbei entscheidend – privat ausgesprochenes Lob ist natürlich trotzdem immer willkommen.

Keine Macht den Machtspielchen

Trotz vermeintlicher „Hierarchiefreiheit”, geht es im Arbeitsleben immer noch häufig um das Aushandeln von Machtverhältnissen. Durch den Abbau formaler und offensichtlicher Machtstrukturen sind diese vielfach nur unsichtbarer geworden. So werden die daraus resultierenden Machtspielchen gerade von Männern häufig gar nicht mehr als solche erkannt. Eine Ursache liegt sicherlich in der Erziehung, die weltweit nach wie vor stark von traditionellen Geschlechternormen geprägt ist. Jungen genießen beim Aufwachsen grundsätzlich mehr Freiheiten, während Mädchen zu Zurückhaltung und Mäßigung erzogen werden.

Halten sich männliche Kollegen grundsätzlich nicht an (ungeschriebene) Regeln und Vereinbarungen? Dann stoßt dazu ein Gespräch im Team an und  fordert klare Regelungen, wie ihr zusammenarbeiten möchtet. Bei Verstößen könnt ihr euch dann auf die festgelegten Abmachungen berufen.

Fazit

Viel mehr ist noch zu tun und weltweite Krisen und Konflikte führen immer wieder dazu, dass die hart erstrittenen Fortschritte zunichtegemacht werden. Nicht zuletzt die Coronakrise hat weltweit dazu geführt, dass mehr Frauen als Männer langfristig ihre Arbeit und damit ihr Einkommen verloren haben, sich die Bildungsteilhabe von Frauen verschlechtert hat und die häusliche Gewalt gegen Frauen deutlich zugenommen hat.

Der letzte Global-Gender-Gap-Report des Weltwirtschaftsforums rechnet vor, dass es bei dem aktuellen Tempo noch 133 Jahre dauern wird, bis wir global Gleichberechtigung erreicht haben. Das ist nicht akzeptabel! Nicht umsonst ist die Geschlechtergleichheit ein entscheidender Baustein der Ziele für eine soziale, wirtschaftliche und ökologisch nachhaltige Entwicklung.

Die Power-Moves sollen vor allem zum Nachdenken anregen und das Gespräch über Gleichberechtigungsthemen befördern. Allein werden sie das Problem struktureller Diskriminierung nicht lösen. Trotzdem solltet ihr gleichzeitig auch echte Veränderung von euren Arbeitgeber:innen einfordern. Noch nie war die Macht von Mitarbeitenden in den letzten Jahren so groß wie im aktuellen kandidatenzentrierten Arbeitsmarkt.

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