Life & Style Wir haben den Mann getroffen, dem der Smiley gehört :) :o

Wir haben den Mann getroffen, dem der Smiley gehört :) :o

Nicolas Loufrani ist Chef der Smiley Company. Das Unternehmen macht hunderte Millionen Umsatz im Jahr, in dem es das Design für Produkte lizensiert. Loufrani selbst sieht sich als Zwilling des berühmten gelben Lachgesichts. Er kam zu der Zeit auf die Welt, als sein Vater auch den Smiley für die Zeitung „France Soir“ entwickelte.

Monsieur Loufrani, wir beschreiben Sie ihr Geschäftsmodell einem zehnjährigen Kind?

Wir sind wie Hello Kitty, nur kleiner.

Die japanische Marke macht Milliardenumsätze. Aber wie kann ein Smiley oder eine Hello Kitty so viel Geld bringen?

Ein klassisches Modell: Wir bringen gemeinsam mit anderen Firmen Produkte raus. Die zahlen uns dann Lizenzgebühren. Wir sehen uns aber als besonders stark involvierten Lizenzgeber. Andere vergeben bloß die Rechte und lassen die Marken damit ihr eigenes Ding machen. Wir haben unser eigenes Designstudio, schauen uns Saison für Saison Trends an und erfinden den Smiley neu. Außerdem eine sehr aktives Marketing. Zum 50. Geburtstag des Smiley dieses Jahr haben wir ihn mit Street Art-Künstlern neu designt. David Guetta hat unser Street Art-Manifest in einem seiner Videos aufgegriffen. All das sind Kampagnen, die wir aktiv entwickeln. Die einzige andere Lizenzfirma, die das so professionell und produktiv wie wir betreibt, ist Disney. Und die sind natürlich ein Gigant, der Marktführer.

Ihr erfolgreichstes Produkt?

Das T-Shirt. Dutzende Millionen über die Jahre.

Franklin und Nicolas Loufrani, Vater und Sohn Foto: Florence Moncenis

Was verdienen Sie an jedem T-Shirt?

Sagen wir, der Verkaufspreis ist zehn Euro. Der Großhandelspreis dann gut 3 Euro. Davon bekommen wir circa 12 Prozent, etwa 36 Cent.

Hier habe ich einen Smiley in mein Notizbuch gezeichnet. Er sieht ihrem einigermaßen ähnlich. Wenn ich den auf T-Shirts drucken würde, schulde ich Ihnen dann eine Gebühr?

Sie können das selbst auf ihr T-Shirt drucken oder malen, das ist kein Problem. Aber wenn Sie ein Geschäft aufbauen und das zehntausendfach auf T-Shirts gedruckt verkaufen, dann haben wir einen Konflikt. Wenn das Geschäft unsere Aktivitäten kannibalisiert. Das ist Fälschung: Geld mit geistigem Eigentum zu verdienen, das einem nicht gehört.

Auf dem Sessel neben uns ein Rucksack mit Smiley-Muster, soweit war das zu erwarten. Auf dem Couchtisch eine historische Ausgabe von Marcel Proust… Ihr Buch?

Ja, das ist mein Buch. Unglaublich. Sehr, sehr langsam. Kein Page Turner. Aber das Niveau der französischen Sprache. Magisch!

Eine bekannte Passage des Romans „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ dreht sich darum, wie sehr sich der Erzähler einen Gute Nacht-Kuss seiner Mutter wünscht. In Ihrem Unternehmen spielt ihr Vater Franklin eine große Rolle. Hat er den Smiley erfunden?

Ja. Zumindest in dem Sinne wie man das bei einer Trademark, einem Warenzeichen, sagen kann. Im engeren Sinne gibt es ja niemanden, der so etwas wie die drei Streifen von Adidas erfunden hat. Aber das Geschäft, den Smiley bekannt zu machen, das hat er geschaffen. Produkte auf den Markt zu bringen, Lizenzen an Marken zu vergeben.

Es gibt ja auch einige andere Anwärter, die den Smiley für sich beanspruchen. Den Amerikaner Henry Ball zum Beispiel, der für eine US-Versicherung arbeitete.

Die nannten sich damals die lächelnde Versicherung, aber in dem Bereich waren wir auch nie aktiv. Es gab auch einen Radiosender. Die hatten eine Kampagne mit einem lächelnden Gesicht, sie hieß „good guys“. Schon in der Steinzeit malten Menschen solche Motive an die Wände.

Das Design als solches ist denkbar simpel.

Ja, da hätte jeder drauf kommen können. Wie die drei Streifen, der Swoosh von Nike, das Krokodil von Lacoste. Aber wir haben das als Warenzeichen registriert und die Firma für Lizenzen gegründet. Mein Vater persönlich.

Sie waren damals ein Baby. Wann ist ihnen der Smiley zum ersten Mal bewusst begegnet?

Ich bin ja sozusagen der Zwillingsbruder des Smiley. Zwischen dem Design und meiner Geburt liegen nur zwei Wochen. Aber die erste bewusste Erinnerung, das war so eine Smiley-Eiswürfelform.

Was bringt ihren Vater zum Lächeln?

Alles. Er ist ein sehr positiver Mensch. Unterhält sich mit allen, will Spaß mit ihnen haben.

Heute würden viele nicht von Smiley reden, sondern von Emojis. Verdienen Sie daran, wenn ich ein Lächeln per Signal-Messenger schicke?

Nein. Da ist kein Business-Modell für uns. Die Anbieter der Smartphones haben ja auch ihre eigenen Designs. Aber selbst wenn die unsere Smiley nutzen wollten, würde ich dafür kein Geld nehmen. Als ich in die Firma eingestiegen bin, habe ich den ursprünglichen, lächelnden Smiley weiterentwickelt. Viele verschiedene Emotionen mit so einem gelben, runden Gesicht ausgedrückt. Es war die Geburt einer universellen Sprache. Wir haben ein ganzes Smiley-Wörterbuch herausgebracht. 3500 Einträge hatten wir 2005. Die Designer der Smartphone-Emojis haben uns also schon kopiert. Diese kleinen Gesichter sind ja offensichtlich vom Smiley inspiriert.

Und trotzdem kein Vorwurf? Wie würden sie mit einem Smiley auf diese neue Anwendung des Designs durch Apple oder Android reagieren?

Ich bin stolz darauf. Ich sehe uns eher wie jemanden, der eine künstlerische Bewegung angestoßen hat. Um die geschriebene Sprache neu zu erfinden.

Bei Kunstwerken denkt man oft, dass die Originale eine besondere Bedeutung haben. Nur die Original-Mona Lisa ist Millionen wert, wird im Museum bewundert. Gibt es so etwas auch beim Smiley?

Es gibt die handgezeichnete Version, mit der das Warenzeichen registriert wurde, von 1971. Und dann natürlich die Ausgabe der France Soir, der Zeitung, für die mein Vater den Smiley entwickelte. Zwei Millionen wurden gedruckt. Ein paar hundert davon gibt es sicher noch.

Eine neue Art, digitale Dateien zu Originalen zu erklären, sind NFTs. Besitzen Sie welche?

Nein. Aber wir werden bald selbst NFTs anbieten. Sie können dann Besitzer unserer Original-Smiley-Designs aus den Neunzigern werden.

Ihre Meinung zum NFT-Hype?

Habe gerade mit einem Freund darüber geredet, der hier in Deutschland Tech-Investor ist. Am Ende ist es dasselbe wie mit Kunst auf Papier. Ein Werk kann fünfzig Jahre später massenweise Geld wert sein, wenn es von einem Picasso kommt. Aber eine Menge anderer Werke werden wertlos sein.

Haben Sie schon mal überlegt, den Smiley zu verkaufen?

Vor ein paar Jahren versuchten das amerikanische Firmen, die verschiedene IPs, also die Rechte an solchen Marken, aufgekauft haben. Sie wollten uns Anteile an ihren Unternehmen im Tausch dafür anbieten. Später hatten sie aber ziemliche Probleme an der Börse. Deshalb bin ich froh, dass ich das nicht gemacht habe. Diese Firmen zu viele Rechte gekauft und sich zu stark verschuldet. Aber es wäre sowieso nichts für mich gewesen. Ich hatte immer noch so viel vor für die Zukunft.

Wie viel ist der Smiley wert?

Genau kann ich das nicht beziffern. Aber generell geht man bei solchen Rechten an einer Marke im Moment vom Zehn-, manchmal Zwanzigfachen, des EBITDA aus, das ist der Gewinn vor Abzügen von Steuern, Zinsen etc.

Intellektuelles Eigentum bedeutet ja, dass man eine Idee besitzen kann, wie in ihrem Fall den Smiley. Moralisch einwandfrei?

Ich bin ja selbst ein Libertärer. Das ist ein wenig suizidal, wenn man mein Geschäft sieht. Denn unter Libertären gibt es da eine Menge Diskussionen. Sie sind gegen intellektuelles Eigentum wie Urheberrechte und Patente, finden sie heute überflüssig. Bei einem medizinischen Patent, dessen Entwicklung Millionen kostet, leuchtet es vielleicht noch ein. Aber tatsächlich gibt es eine Menge unter Patentschutz stehender Ideen, die sehr simpel sind. Jeder hätte darauf kommen können.


Das ist ein Text aus unserer Ausgabe 2/22. Außerdem zu lesen: Krypto-Art-Dossier. Big-Wave-Surfen in Portugal. Der CEO der Online-Uni Coursera. Und Cannabis aus Sachsen. Am Kiosk oder hier.

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