Productivity & New Work Die Freiheit zur Prokrastination: der Fluch der Selbstbestimmung im Homeoffice

Die Freiheit zur Prokrastination: der Fluch der Selbstbestimmung im Homeoffice

Es ist ein gefährlicher Komfort: fünf verschiedene To-Dos, aber keins davon mit harter Deadline. Alle interessant, aber auch alle Arbeit. Die Folge: Wir lenken uns ab. Mit Zeitvertreib, Snacks und so weiter. Oder damit, alle Aufgaben abwechselnd zu durchdenken, aber keine anzugehen.

So passiert es zum Beispiel, dass man mehr Zeit damit verbringt, die beste Playlist zum Arbeiten auszusuchen, als tatsächlich an die Arbeit zu gehen.

Ein universelles Problem der Büro-Arbeit. Das sich im Homeoffice noch verschlimmert. Weil es weniger Kontrolle durch Vorgesetzte und Kolleg:innen gibt.

Prokrastination ist irrational

Das Problem ist am Ende eine Sonderform der Prokrastination oder „Aufschieberitis“. Wenn wir prokrastinieren, also uns von einem To-Do ablenken, indem wir etwas anderes tun, dann tricksen wir uns selbst aus. Der Psychologe Piers Steel findet deshalb, dass Prokrastination eine Form der Selbstverletzung ist. Etwas, das wir gegen unser besseres Wissen tun.

Deshalb ist Prokrastination auch irrational. Aber so sind wir Menschen: Wir verhalten uns irrational, um negative Gefühle zu vermeiden. Wie zum Beispiel, dass uns eine Aufgabe überfordert oder wir keine Lust darauf haben.

„Giving in to feel good“, so haben es die Psychologinnen Dianne Tice und Ellen Bratslavsky von der Florida State University in einem Aufsatz genannt. Also „Nachgeben fürs gute Gefühl“, das sich kurz gut anfühlt und dann dafür umso schlechter.

Etwas benennen zu können, ist der erste Schritt, um besser damit klarzukommen. Wie wäre es mit diesen Vorschlägen?

1 / 6
Task-FOMO
FOMO ist Fear of missing out: Die Angst, etwas zu verpassen, weil es zu viele Optionen gibt. Das gibt es auch für Aufgaben. Wenn man mehrere zur Auswahl hat, fürchtet man, nicht die einfachste, wichtigste oder beste anzugehen.
2 / 6
Freizeitpark-Verwirrung
Stell dir vor, du kannst die Achterbahn nehmen, die Wildwasserbahn, die Geisterbahn oder den Freefall-Tower. Du hast auf alle Lust, aber bei allen muss man gleich lang anstehen. Du läufst also von einer Attraktion zur nächsten, bis der Tag vorbei ist und du nirgends mitgefahren bist.
3 / 6
Freiheits-Falle
Oder wie man auch sagen könnte: der Abgrund des Alles-kann-nichts-muss. Wenn die Aufgaben nicht offensichtlich mehr oder weniger dringend sind, ist es an uns zu priorisieren. Und schnell ist es passiert, dass man daraus eine vergrübelte Wissenschaft macht anstatt anzufangen.
4 / 6
Billige-Belohnungen-Betrug
Es ist dasselbe mit Social-Media-Inhalten, Zigaretten, Kaffee, Zucker: Sie geben uns einen kleinen Kick von Zufriedenheit. Ohne, dass man sich wirklich dafür anstrengen muss. Billige Belohnungen also. Viel besser ist es ja eigentlich, sich damit zu belohnen, etwas geschafft zu haben. Aber dabei gibt es auch verschiedene Stufen. Kleine, einfache Tasks sind die Chips des Arbeitens: Weil sie uns schneller glücklich machen als eine große gesunde Mahlzeit. Aber die braucht man auch.
5 / 6
Guilty Pleasures und Pleasure-Guilt
Wenn die Arbeit von uns selbst kontrolliert ist, dann sind wir auch die Schuldigen, wenn wir nicht abliefern. Das führt zu einem ganz widersprüchlichen Gefühl: Einerseits fühlen wir uns frei, andererseits als hätten wir versagt. Frei als Mitarbeiter:in, der nicht unter Druck steht. Versagt als unsere eigene Chef:in, die es nicht geschafft hat, sich selbst zum Arbeiten zu bringen. Wir sind alles zugleich: Schuldige, Überwachende, Urteilende, Strafende und Bestrafte. Autsch!
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Überangebots-Überforderung
Der Unterschied zwischen einem kleinen Elektroladen und Onlineshopping: Im Laden gibt es nur einen Kopfhörer, online mindestens drölfzig zur Auswahl. Analog muss man sich also nicht unter mehreren entscheiden. Digital gibt es mehr Auswahl, aber auch die Qual der Wahl. Was das mit diesem Problem zu tun hat? Es ist dasselbe, wenn man Office und Slack vergleicht. Im Büro ergibt sich das wichtigste To-Do oft aus der Situation. Weil Kollegin X eben gerade gegenüber sitzt und eine Aufgabe hat. Im Homeoffice ploppen alle möglichen Nachrichten gleichzeitig auf. Und wieder müssen wir selbst entscheiden, was am drigendsten ist.

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