Productivity & New Work Selbstführung: 5 Tipps, wie man im Team erfolgreich kommuniziert

Selbstführung: 5 Tipps, wie man im Team erfolgreich kommuniziert

In Teil 1 der Artikelreihe gab ich einige praxiserprobte Prinzipien aus meiner Beratungsarbeit mit Teams. Heute habe ich fünf weitere sehr konkrete Tipps, ausgerichtet auf die, die die Teams ausmachen: die einzelnen Menschen.

Nehmt die Leine ins Maul

Und jetzt committen wir uns alle auf … nein. Gar nicht erst weiter reden. Kein Team kann sich auf ein Ziel „committen.“ Und kein Team kann etwas richtig oder falsch machen. Als abstraktes soziales Konstrukt kann ein Team überhaupt nichts machen. Wer etwas im Team machen kann, das sind einzig und alleine die Menschen. Nur diese, nur die Individuen, haben Ziele, Wünsche, Motivationen, und – nur! – sie können etwas tun. Aus dem Zusammenspiel der Einzelnen entsteht mitunter der Anschein, die Halluzination, dass „das Team“ sich auf ein Ziel hin bewegt oder Aufgaben erledigt.

Ein Team kann sich damit, ganz klar, auch nicht selbst managen. Die Einzelnen sich selbst jedoch ganz wunderbar. Selbstführung ist ein Thema für eine ganze Artikelreihe, hier das Kondensat: Ihr kennt diese Hunde, die sich im Park selbst Gassi führen? Frei und neugierig und ein bisschen stolz, die eigene Leine im Maul. So, genau so wird die selbstorganisierende Teamführung zur logischen und automatischen Konsequenz der Selbstführung.

Gebt Anerkennung statt Komplimente

„Danke für das tolle Meeting-Protokoll!“ oder „meeega Vortrag!“, das sind typische Schulterklopfer, von anderen oder (oft besser) von einem selbst. Aber genau wie ein „ein tolles Kleid trägst du heute!“ betrachten sie nur die Oberfläche, und oft wiederholt wirken sie wie belanglose Leckerli, und der nächste Vortrag wird wieder mega und das nächste Protokoll wird wieder … na ja, wie ein Protokoll halt zu sein hat.

Anerkennung dagegen ist Lob plus Empathie. Sie geht ohne zu klopfen an der Schulter vorbei ins Herz und bleibt. Hier eine Schablone: Spezifische Wahrnehmung plus eigenes Gefühl plus Wert. „Als ich gesehen habe, wie sortiert und präsent du beim Vortrag warst, fühlte ich mich sehr sicher. Orientierung ist wichtig fürs Team – Danke, dass du dazu beiträgst.“ Jedes der drei Elemente ist wichtig und ja, am Anfang klingt es hakelig, vielleicht schmalzig. Übt’s, bleibt dabei authentisch und freut euch an der Freude (und Überraschung!) derer, die eure volle Packung Anerkennung bekommen.

Konstruiert nützliche Bedeutungen

Manchmal ist es eine Kunst, aus dem Gesagten das Gemeinte zu erkennen. Was jemand meint, also die Bedeutung mit all ihren feinen Facetten, ist zum großen Teil unbewusst. Bringt man diese Tiefenstruktur an die Oberfläche, also vom Fühlen übers Denken ins Wort, wird sie unweigerlich geformt: Von früheren Erfahrungen und Erlebnissen, von den Erwartungen ans Gegenüber, der eigenen Stimmung und der der anderen, von der Situation, dem Zeitdruck. Das, was „oben“ in einem gesprochenen oder geschriebenem Satz ankommt, ist ein hochkomprimiertes Abziehbild des Gemeinten, und wie ein immer wieder geändertes und neu gepostetes Meme wird es zusehends pixeliger.

Auf Empfängerseite gilt es dann, die Lücken zu füllen, das Verlorene zu ersetzen, die Bedeutung nicht zu re-, sondern tatsächlich zu konstruieren. Und das passiert mit den eigenen Mitteln, den eigenen Filtern, Vermutungen, Erwartungen und so weiter. Mitunter fällt es dabei leicht, nicht nützliche Bedeutungen zu konstruieren, etwa einen „unmotivierten Unterton“ zu lesen oder „schon wieder diesen Tonfall“ zu hören. Entscheidet euch im Zweifel immer für die wohlwollendst mögliche Interpretation, denn die ist die nützlichste. Und scheut euch nie, das zu wiederholen, was Ihr gehört habt und zu fragen: Ist es das, was du meintest? Jede Rückfrage hilft, die Verpixelung zu lösen und eure konstruierte Bedeutung an das wirklich Gemeinte anzunähern.

Hinterfragt Selbstverständliches

Im letzten Semester fragte mich einer meiner chinesischen Studentinnen: Are you okay, Mr. Professor? Öhm, ja, wieso, fragte ich, und erfuhr: In einer Rundmail hatte ich das 🙂-Emoji benutzt, nicht ahnend, dass es für Chines:innen – oder genauer: die Altersgruppe, mit denen ich in meinem Kurs zu tun hatte – eine ganz spezielle Bedeutung hat, nämlich: Jemand, der ein Lächeln nur aufsetzt, um zu verbergen, dass er von seiner Arbeit schon zu Tode frustriert ist. Wie gut, dass sie mich fragte!

Meist rate ich: Wenn Ihr in der Kommunikation bemerkt, dass sich etwas schräg anfühlt, nehmt es als Trigger und hinterfragt, ob Ihr euch versteht. Dasselbe gilt für das Gefühl der Selbstverständlichkeit, und nützlich ist das besonders in interkulturellen Teams, zwischen Chinesen und Deutschen oder Hamburgern und Bayern. Hinterfragt ganz offen das, was für euch ganz klar ist, und die Chancen stehen gut, dass Ihr über die neu gefundenen Unterschiede näher zueinander findet.

Redet durch die passende Blume

Women, Fire & Dangerous Things hieß ein damals bahnbrechendes Buch des Linguisten George Lakoff. Sprachbilder, so sein Schluss, beeinflussen unser Denken. Wer im Team regelmäßig von Projekten als „dicke Brocken“ redet, braucht sich nicht zu wundern, wenn manche „schon beim Lesen ins Schwitzen kommen“ oder sich an einer Aufgabe „verheben“ oder gar von Aufgaben „überrollt“ werden. Die Wahl der Metaphorik hat einen direkten, messbaren Einfluss auf die Stimmung ganzer Teams, und oft auch über Teamgrenzen hinweg.

Das Schöne im vorherigen Satz ist das Wort „Wahl,“ denn ihr habt die Wahl, welche Sprachbilder ihr nutzt. Dazu ist es dienlich, auf diese Bilder zu hören. Beobachtet euch genau, vielleicht macht Ihr einen Pakt untereinander. Und wenn euch jemand, vielleicht ein Kunde, mit dem „dicken Brocken“ auf euch zukommt? Dann lasst euch auf dessen Bild ein und schaut gemeinsam drauf. Nicht etwa in 1984-Manier das Unsagbare abstrafen, nie ein vorgetragenes „schweres Problem“ tumb in eine „Herausforderung fürs Team“ umpinseln. Sagt zum Brocken also nicht „ach nee, das ist doch nur ein Krümel,“ sondern etwa „ui, das klingt wirklich nach einem Brocken. Lass mal nen Hammer suchen.“ Malt gemeinsam an den Sprachbildern, dann kann der Brocken kleiner werden, oder anders, oder weg.

Abermals: Und nu?

Wie schon im Schlusswort von Teil 1 angedeutet: Nie gibt es den Einen Kniff, der immer hilft, und selten eine klare Wenn-Dann-Entsprechung zwischen Situation und Lösungsansatz. Der beste Rat bleibt: Experimentiert. Schaut, was passiert. Erfreut euch an euren Teams, an den lustigen Eigenheiten jedes Einzelnen und jeder Einzelnen und daran, wie sie ein Ganzes ergeben, das ungefähr perfekt Bedeutendes zustande bringt.

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