Leadership & Karriere „Jeder ist sein eigener Leader“ – Silja Mahlow über Führung und Spiritualität

„Jeder ist sein eigener Leader“ – Silja Mahlow über Führung und Spiritualität

Fehlte noch im Leadership-Regal: Wie Silja Mahlow mit ihrem neuen Buch Entscheider:innen zu entspannten Fast-Yogis machen will.

Frau Mahlow, Ihr neues Buch heißt „Spiritual Leadership“. Sicherlich nicht jedermanns Sache. Kalkuliertes Risiko?

Es scheint auf den ersten Blick wie ein Risiko. Jemand könnte denken, er müsse sich nun ein Räucherstäbchen ins Ohr stecken. Doch es geht um viel mehr.

Und zwar?

Wir sind hier, um unseren Fußabdruck in der Welt zu hinterlassen. Und der sollte nicht von Angst getrieben sein. Die Angst, nicht gut genug oder nicht wichtig genug zu sein. Unser Fußabdruck meint nicht nur den ökologischen, sondern ebenso den Impact, den wir auf andere haben. Ich glaube, am Ende werden diejenigen, die in sich ruhen und bewusst handeln, den Unterschied machen – und die Welt revolutionieren.

Warum ist das wichtig?

Sie kennen ihre Muster besser und gehen nicht ständig hoch, wenn etwas schiefläuft. Ich denke, die Zeit der Egomanen ist vorbei. Wir alle haben einen Hunger nach Sinn. Echtes Leadership ermutigt uns zu sinnvollem Handeln.

Wie führt man andere Menschen denn sinnvoll?

Darum geht’s in meinem Buch bewusst eben nicht nur. Es geht darum, wie wir in der Welt wirken können, wie wir auf uns und auf die Welt Einfluss nehmen können. Jeder Mensch ist sein eigener Leader. Wir alle gehen voran und dürfen unser Leben nach unseren Vorstellungen gestalten. Leader treffen Entscheidungen, ob für sich oder für andere.

Warum ist das noch immer oft genug schwierig?

Wir alle denken zu viel nach und meinen daher, wir könnten uns nicht entscheiden. Dabei haben wir nur verlernt, auf unseren Bauch zu hören. Das soll gar nicht klischeemäßig klingen. Ich liebe zum Beispiel die Übung mit dem Münztrick: Wenn man sieht, wie die Münze entschieden hat, spürt man, ob man enttäuscht ist oder nicht.

Mittlerweile dürfte jede Ecke des Lebens datengetrieben sein.

Ich würde immer als Erstes fühlen, bevor ich eine Liste mit Fakten mache. Unser Kopf erstellt eine Hypothese zu unserem Gefühl, und die können wir prüfen, durch Fakten laufen lassen. Sicherlich muss man Businesspläne erstellen, aber die Entscheidung würde ich nicht nur davon abhängig machen. Das Leben läuft meist anders, als wir es planen, und unser Bauch weiß häufig mehr, als wir meinen.

Silja Mahlow: „Spiritual Leadership“, Nymphenburger

Wenn es dann nicht wie geplant läuft, wird gejammert. Warum?

Ich glaube, es sind zwei Dinge. Zum einen das Bonding. In manchen Kontexten ist Jammern der sichere gemeinsame Nenner. Zum anderen ist es eine natürliche Reaktion auf das negative Gefühl, was wir gerade fühlen. Manchmal fällt es uns schwer, den Moment anzunehmen, wie er ist. Wir wünschen uns, dass sich etwas ändert – und jammern.

Was kann man akut dagegen tun? Etwa am Arbeitsplatz.

Bei schlechten Gefühlen gilt: raus damit. Wer ein Einzelbüro hat, macht die Tür zu und schüttelt sich kräftig. Hört sich verrückt an, aber nach einer Minute ist die Energie wieder eine ganz andere. Wer im Meeting ist, geht einfach zur Toilette. Es wäre unprofessionell und nicht richtig, die Wut an den anderen auszulassen.

Was ist mit so unspirituellen Methoden wie Zeitmanagement?

Auf jeden Fall, wobei es beim Zeitmanagement nicht darum geht, sich zu optimieren. Es geht aber eher darum, zu erkennen, was wesentlich für mich ist. Darum, was ich wirklich bewirken will. Und welche Dinge dafür sorgen, dass ich selbst in einem guten Zustand bin.

Trotzdem kommen in Ihrem Buch recht altbekannte Klassiker wie das Eisenhower-Prinzip vor.

Ich bin ein großer Fan von diesem alten Priorisierungsmodell. Es gibt zwei Graphen: wichtig und dringend. Es gibt dringende Sachen, die nicht so wichtig sind und wichtige Sachen, die nicht so dringend sind. Die große Gefahr ist, erst mal alles Dringende zu erledigen. Das sorgt allerdings dafür, dass die wichtigen Sachen nicht den Zeitraum bekommen, den sie brauchen.

Wie kann man sich dazu bewegen, das Wichtige zu tun?

Stichwort Erwartungsmanagement und Outsourcing. Oft hängt man an Prozessen und Ansprüchen, die Quatsch sind. Also frage ich mich: Wenn ich nur die Hälfte der Zeit hätte, was würde ich dann noch machen? Alle Aufgaben, die nicht wichtig sind und nicht drängen, sollten wir uns trauen, nicht zu machen.

Übrigens: Gibt es noch einen spirituellen Tipp gegen Prokrastination?

Da haben wir Nachholbedarf. Prokrastination ist Selbstsabotage. Das passiert, wenn wir den Berg sehen, statt den nächsten Schritt, um hinaufzugehen. Manchmal ist Prokrastination aber auch Erschöpfung. Das ist ein feiner Unterschied. Sobald wir lernen, in uns hineinzuhorchen und uns selbst etwas bewusster wahrzunehmen, erkennen wir, was wirklich los ist. Und erzählen uns nicht, was unser Ego hören will. Generell gilt: Es tut gut, zu schauen, was der nächste kleine Schritt ist.

Dieser Text stammt aus unserer Ausgabe 03/23. Dieses Mal dreht sich in unserem Dossier alles um das Thema Danach. Wie geht es nach einem Fuck-Up oder Wendepunkt im Leben weiter? Außerdem haben wir mit Nationaltorhüterin Merle Frohms gesprochen und die Seriengründerin Marina Zubrod erzählt alles über ihre Hassliebe zum Unternehmertum. Viel Spaß beim Lesen! Hier gibt es das Magazin zum Bestellen.

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