Life & Style „Wohltemperierte Grausamkeit“: Höcke weiß genau, was er sagt

„Wohltemperierte Grausamkeit“: Höcke weiß genau, was er sagt

Wenn wir gerade bei dem Teil seiner Weltanschauung sind, die klare Assoziationen zur nationalsozialistischen Ideologie wecken, können wir noch ein bisschen bleiben. Das zentrale Schlagwort des NS ›Blut und Boden‹ kann bei Höcke problemlos ›Kultur und Heimat‹ lauten. Seine Ausführungen zum Wir und damit zur Überlegenheit der europäischen Menschen, gehen stets Hand in Hand mit seinen Vorstellungen von Heimat. Wenn er die kulturelle ›Überfremdung‹ fürchtet, den ›Untergang des Abendlandes‹, dann weil die hohe Zahl der Geflüchteten zur (Zitat:) „brutalen Verdrängung der Deutschen aus ihrem angestammten Siedlungsgebiet“ führe. 

Wie gedenkt er aber, gegen die (Zitat:) „Islamisierung, Orientalisierung und Afrikanisierung“ vorzugehen? Er betont, dass er (Zitat:) „Gewalt […] in dem heutigen Kulturkampf, der ausschließlich auf geistiger Ebene ausgetragen werden sollte“, ausschließe, denn Gewalt könne für die AfD als bürgerlich-patriotische Kraft (Zitat:) „niemals ein Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele sein“. Ich habe vorhin über die Radikalisierung der AfD im Laufe der letzten Jahre gesprochen, aber diese Aussage hat er auch 2018 nicht ernst gemeint. 160 Seiten später spricht er nämlich von der (Zitat:) „Politik einer ›wohltemperierten Grausamkeit‹“ und diese Formulierung weckt klare Assoziationen zur nationalsozialistischen Rhetorik von Maßnahmen zur politischen ›Säuberung‹. Er ist sich sicher, dass (Zitat:) „wir leider ein paar Volksteile verlieren werden, die zu schwach oder nicht willens sind, sich der fortschreitenden Afrikanisierung, Orientalisierung und Islamisierung zu widersetzen“. Der Verlust ›schwacher Volksteile‹, den er als (Zitat:) „Aderlass“ bezeichnet und damit erneut eine direkte Assoziation zu einem vermeintlichen ‚Blut des Volkskörpers‘ herstellt, das hier vergossen werden müsse, lässt sich nicht anders lesen als hinter der Folie einer Politik der Vernichtung. Hier findet sich ganz konkret die faschistische Machtfantasie, ›das Volk‹ von allen ›säubern‹ zu wollen, die nicht Höckes Meinung teilen oder sich ihm entgegenstellen. Als Legitimation für den Einsatz von Gewalt stellt er fest, dass (Zitat:) „existenzbedrohende Krisen […] außergewöhnliches Handeln“ erfordern würden – und dass er, wenn es so weit kommen sollte, dass keine friedliche Alternative mehr greife, letztlich daran keine Schuld hätte (Zitat:) „Die Verantwortung dafür tragen dann diejenigen, die die Notwendigkeit dieser Maßnahmen mit ihrer unsäglichen Politik herbeigeführt haben.“

Machen wir doch hier eine kurze Verschnaufpause und ziehen eine Zwischenbilanz. Bisher ging es primär über die Bedrohungen von außen, um die Anderen, die nicht zum ›Volk‹ gehören, die nicht die gleiche Sprache sprechen, eine andere Abstammung, Geschichte und Kultur haben. Welche Ideologeme des Rechtsextremismus kamen also bisher zusammen: Ganz deutlich Rassismus und Kulturalismus. Höcke geht von einer natürlichen Ungleichwertigkeit zwischen Menschen aus und fordert die ethnische Homogenität der ›Völker‹. In seinem völkischen Denken zeigt sich Ultra-Nationalismus und er operiert ganz massiv mit ›Freund-Feind-Schematisierungen‹, welche die vermeintliche Superiorität seines ›Volkes‹ und die Bedrohung desselbigen behaupten, Chauvinismus ist also auch reichlich dabei. Höcke formuliert irrationale Bedrohungsszenarien, wie der (Zitat:) „Volkstod“ und der (Zitat:) „Bevölkerungsaustausch“, und bedient damit Verschwörungsmythen. Als Folge dieser Einstellungsmuster gilt ihm Gewalt als probates Mittel zur Durchsetzung seiner Interessen und zur Abwehr der Gefahr – Militarismus ist in seinen Aussagen ebenso enthalten wie Täter-Opfer-Umkehrungen.

In der Weltanschauung Björn Höckes wird seine Heimat jedoch nicht nur von außen durch das vermeintliche Eindringen kulturell Fremder bedroht, sondern auch durch gesellschaftlichen Wandel im Inneren. Ein zentraler Verschwörungsmythos besteht im (Zitat:) „Gender-Irrsinn“, den er als (Zitat:) „gefährliche Ideologie“ bezeichnet und der zum Ziel habe, (Zitat:) die „die klassische Familie abzuschaffen“.

Höcke steht für ein patriarchales Gesellschaftsbild. Er formuliert stereotype geschlechtsspezifische Ideale, wie Musterbilder soldatischer Männlichkeit und Modelle präferierter Weiblichkeit antifeministischer und antiemanzipatorischer Art. Er lehnt Sexualgewohnheiten, die nicht der heterosexuellen Paarbeziehung entsprechen, ab.

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