AnlagePunk The Big Short

The Big Short

Deswegen steckt auch nicht hinter jeder Short-Position allein eine Wette auf fallende Kurse, erklärt Analyst Ihor Dusaniwsky von S3 Partners: „Shortselling ist auch eine notwendige Aktivität, die von Hedgefonds genutzt wird, um die Hebelwirkung in einem Portfolio zu erhöhen.“ Hebel bedeutet, dass sie durch einen Einsatz von Fremdkapital überproportional von der Entwicklung am Aktienmarkt profitieren können, wenn sie die richtig einschätzen. Indem Hedgefonds sowohl auf steigenden als auch fallende Kurse setzen, reduzieren sie ihr sogenanntes Nettomarktrisiko. Wettet der Fonds beispielsweise bei 60 Prozent seiner Aktienkäufe auf steigende Kurse, bei 40 Prozent aber auf fallende Kurse, so beträgt das Nettomarktrisiko nur noch 20 Prozent: Wenn 40 Prozent schiefgehen, gehen 60 Prozent auf – und umgekehrt.

Dadurch allerdings sinken die Sicherheitsanforderungen, die Finanazmarkt-Aufseher wie in Deutschland BaFin und Bundesbank an die Hedgefonds stellen, sodass die auf Pump eine insgesamt größere Summe investieren können. Was das konkret bedeutet, erklärt S3-Experte Dusaniwsky: Ein Fonds mit 100 Millionen Dollar an investierbaren Barmitteln könne ein Portfolio mit Positionen, die auf steigende Aktien setzten in Höhe von 200 Millionen Dollar und Positionen auf sinkende Kurse in Höhe von 100 Millionen Dollar aufbauen, anstatt nur eine Position auf steigende Aktien von 100 Millionen Dollar zu halten.

Durch ein solches sogenanntes Long-Short-Engagement können die Hedgefonds eine höhere Rendite erzielen, als wenn sie nur ein einzelnes Engagement auf steigende Aktien eingingen. Wenn der Hedgefondsmanager bei der Wahl der Positionen auf sinkende Kurse ein gutes Händchen beweist, kann er sogar auf beiden Seiten seines Portfolios eine positive Performance erzielen, wie ein Extrembeispiel aus dem Jahr 2024 zeigt: Hedgefonds, die im Chipsektor Intel statt Nvidia  shorteten, erzielten damit eine Rendite von plus 86 Prozent statt minus 82 Prozent. Jüngstes Beispiel ist Tesla: Die Aktie des E-Autobauers war zunächst großer Gewinner des Wahlsiegs von Donald Trump, sie legte innerhalb von sechs Wochen um 94 Prozent zu. Seit ihrem Rekord im Dezember ist die Aktie in der Spitze um mehr als 50 Prozent eingebrochen. Zu den Gewinnern dieser Entwicklung gehören Hedgefonds, die auf einen Kursverfall gewettet hatten und nach Zahlen des Datenanbieters S3 Partners 16 Milliarden Dollar mehr in ihren Bilanzen stehen hatten.

In den vergangenen Jahren dagegen waren die Geschäfte reiner Shortseller unrentabel, die sich nicht einzelne Aktien rauspickten, die sie für überbewertet hielten oder eben Gegenpositionen für ihre Long-Positionen aufbauten. Ihre Geschäfte waren 2024 extrem unrentabel, wie S3 Partners-Daten zeigen. Demnach verloren sie am US-Markt 181 Milliarden Dollar. Allein mit Wetten auf fallende Kurse beim Chipkonzern Nvidia und dem E-Auto-Bauer Tesla türmten sich Verluste von fast 38 Milliarden Dollar auf. In Europa verloren Shortseller bei Siemens Energy, dessen Aktien 2024 mehr als 300 Prozent gestiegen sind, das meiste Geld: rund eine Milliarde Dollar.

Seite 2 / 2
Vorherige Seite Zur Startseite