Brand & Brilliance TSV 1860 – Der Verein, der sich selbst frisst

TSV 1860 – Der Verein, der sich selbst frisst

Ein Feuilleton über die Giesinger Schattenwelt, falsche Lautsprecher, echte Löwen und die leise Hoffnung auf Vernunft

Der TSV 1860 München ist ein Fußballverein, der seit Jahren beweist, dass der gefährlichste Gegner nicht aus Ingolstadt, Regensburg oder Ulm kommt – sondern aus dem eigenen Innenleben. Ein Klub, der sich nicht an sportlichen Voraussetzungen verschleißt, sondern an jenen Nebenschauplätzen, die längst zu Hauptschauplätzen geworden sind: Fanfraktionen, digitale Lautsprecher, strategisch unbedachte Sponsor-Kommentare und persönliche Kleinkriege, die den Verein mehr beschäftigen als jede Tabellenlage.

Wer all das beobachtet – und das hier ist aus der Perspektive eines Fans geschrieben, der seit Jahren mit leidenschaftlicher Enttäuschung am Spielfeldrand steht – erkennt, dass 1860 nicht an äußeren Kräften scheitert. Der Klub scheitert an seinem eigenen Ökosystem. Und dieses Ökosystem hat sich über Jahrzehnte zu einer Schattenwelt entwickelt, die jeden Fortschritt absorbiert, bevor er Form annehmen kann.

Dieblaue24 – das Boulevardportal, das Konflikte lieber auftankt als erklärt

Es gibt journalistische Angebote, die Informationen ordnen.
Und es gibt solche, die sie aufwirbeln.

dieblaue24 gehört zuverlässig zur zweiten Kategorie. Es ist ein Medium, das mit den Werkzeugen des Boulevard arbeitet: Zuspitzung, Personalisierung, permanente Alarmstimmung. Nicht Einordnung bestimmt die Seite, sondern Erregung; nicht Analyse, sondern Drama; nicht Recherche, sondern Resonanzverstärkung.

Das Problem liegt nicht allein in der Tonalität, sondern im Effekt: Die Plattform ist zu einem Akteur geworden, der selbst die Realität formt. Was dort erscheint, prägt Diskussionen, verhärtet Lager, vergiftet Klima. Es ist ein digitaler Verstärker, der die ohnehin fragile Vereinsatmosphäre mit kalkulierter Überhitzung bespielt.

Daraus folgt ein gefährlicher Mechanismus: Der Verein reagiert auf Stimmungen, die durch publizistische Zuspitzung erst entstehen. Er verwaltet Medienwellen statt Zukunft. Das ist kein Journalismusproblem – das ist ein Strukturproblem des Klubs, der keine Kommunikationshoheit besitzt und sie dadurch aus der Hand gibt.

Weiß & Blau – der lauteste Nebenschauplatz, aber nicht der Stärkste

Weiß & Blau wirkt auf den ersten Blick wie eine Protestbewegung: dynamisch, wütend, selbstbewusst. Ihre Kritik an fehlender Professionalität ist nicht unberechtigt – aber die Initiative verwechselt Energie mit Konzept.

Sie fordert ein neues Stadion, eine neue Vision, eine neue Transparenz – aber ohne einen belastbaren Plan, ohne Machbarkeitsstudien, ohne Finanzierungsmodelle, ohne Governance. Die Gruppe vertritt am Ende nur einen kleinen Teil der Fanbasis. Ihr Einfluss entsteht nicht aus Struktur, sondern aus Lautstärke. Man sollte sie nicht verachten, aber man darf sie nicht überhöhen.Aber für die Abendzeitung reicht es für eine Meldung…Ob das für die AZ spricht?

Ihre Existenz zeigt vor allem eines: ein gigantisches Führungsvakuum, das der Klub über Jahre zugelassen hat. Wo Orientierung fehlt, entstehen Ersatzautoritäten. Weiß & Blau ist eine davon – ein Symptom, kein Gegenentwurf.

Wenn Sponsoren zündeln – und nicht führen

Besonders befremdlich wird es, wenn ein Hauptsponsor sich öffentlich über den Zustand des Vereins auslässt – und zwar nicht im Dialog mit den Gremien, sondern über LinkedIn. Dieser Kommunikationsweg ist nicht professionell, er ist riskant.

Ein Sponsor sollte Stabilität geben, nicht Spannungen verstärken. Doch der Vorstand eines der wichtigsten Partner des Klubs formulierte jüngst öffentlich Kritik, die atmosphärisch wie ein weiterer Funken im ohnehin trockenen Unterholz wirkt. Kaum sichtbar, aber wirkungsvoll genug, um Diskussionen anzuheizen, die sonst gar nicht erst entstanden wären.

Man muss es klar sagen: Wenn wirtschaftliche Partner selbst Teil der Unruhe werden, ist das kein gutes Zeichen. Es zeigt, wie weit das Vereinssystem bereits entgleist ist, dass selbst externe Kräfte das Bedürfnis verspüren, in die Erregung einzusteigen.

Die wahren Löwen – und der e.V., der den Verein am Leben hält

Doch zwischen all den Stimmen, die den Verein zersplittern, gibt es jene, die ihn tragen: die echten Löwenfans, die immer da sind. Diejenigen, die nicht kommentieren, sondern kommen. Nicht polarisieren, sondern unterstützen.

Und es gibt die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des e.V., die in München hervorragende Arbeit leisten. Sie sind das Rückgrat des Vereins. Sie halten den Breitensport am Leben, kümmern sich um Hunderte Kinder und Jugendliche, organisieren Hallen, Kurse, Trainings, Veranstaltungen. Sie sind der unsichtbare Motor, der läuft, während andere schreien.

Dieser Teil des Vereins ist professionell, loyal, unideologisch.
Dieser Teil des Vereins verdient Respekt.
Dieser Teil des Vereins zeigt, wie 1860 aussehen könnte, wenn man ihn ließe.

Und dann kommt Genot Mang – der Sanierer, nicht der Messias

In dieses Durcheinander tritt nun ein Präsident, der nicht laut ist. Der nicht poltert. Der nicht zündelt.
Mang ist ein Manager. Einer, der Strukturen versteht und baut. Einer, der in Prozessen denkt, nicht in Parolen. Es ist das erste Mal seit langem, dass ein Präsident nicht aus der alten Vereinskultur stammt, sondern aus einer Welt, in der Klarheit wichtiger ist als Stimmung.

Gerade deshalb ist er für viele eine Bedrohung.
Denn wer Ordnung bringt, nimmt Chaosakteuren Einfluss.
Wer Ruhe schafft, nimmt Lautsprechern Bühne.
Wer entscheidet, nimmt Nebenakteuren ihre Selbstinszenierung.

Mang ist kein Revolutionär. Er ist ein Sanierer.
Und genau das braucht der Verein endlich.

Einmal Löwe, immer Löwe – aber bitte endlich gemeinsam

In der ARD-Doku „Rise and Fall“ sagt Uli Hoeneß sinngemäß:
Ein Verein funktioniert nur, wenn alle an einem Strang ziehen.

Nicht fünf Stränge.
Nicht zehn Richtungen.
Nicht jeder an seinem eigenen Seil.

„Einmal Löwe, immer Löwe“ ist kein Folklore-Spruch.
Es ist ein Führungsprinzip.
Es bedeutet nicht persönliche Meinung über alles zu stellen, sondern das Wohl des Vereins.
Nicht individuelle Kränkung, sondern gemeinsame Vision.
Nicht Ego, sondern Einheit.

Der TSV 1860 hat seit Jahren vergessen, wie sich Einheit anfühlt.
Aber er hat jetzt eine Chance, es wieder zu lernen.

Wenn die Löwen wieder brüllen wollen, müssen sie zuerst leise werden

Der TSV 1860 muss sich nicht neu erfinden.
Er muss sich neu ordnen.

Weniger Nebenkriegsschauplätze.
Weniger Stimmen, die nur zündeln.
Weniger Ego-Theater.

Mehr Struktur.
Mehr Professionalität.
Mehr Zusammenhalt.

Wenn dieser Verein je wieder eine Marke sein will, ein stolzer Löwe, dann muss er zuerst lernen, nicht mehr jeden Schatten größer zu machen als sich selbst.

Denn der größte Gegner der Löwen war nie ein anderer Klub.
Es war immer der Lärm.

Wenn wir ihn endlich abstellen, könnte der TSV 1860 zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder das werden, was er immer war:

Ein Verein, den man nicht erklärt. Sondern fühlt. EINMAL LÖWE IMMER LÖWE