AnlagePunk KI statt Krise: Warum die Finanzwelt gerade neu programmiert wird

KI statt Krise: Warum die Finanzwelt gerade neu programmiert wird

Finanzexperten fordern auf dem Frankfurt Finance Summit mehr KI-Investitionen und prognostizieren eine grundlegende Transformation der Finanzbranche durch Tokenisierung und künstliche Intelligenz.

Die Erinnerungen an die Dotcom-Blase sind zurück. Mit steigenden Kursen von KI-Aktien wachsen die Sorgen vor einem neuen Crash.

Doch die Finanzexperten auf dem Frankfurt Finance & Future Summit sehen das anders: Statt Zurückhaltung fordern sie mehr Mut bei KI-Investitionen und prophezeien eine fundamentale Umwälzung der Finanzwelt.

Keine Blase, sondern Revolution

Ulli Spankowski, Digital-Chef der Börse Stuttgart, positioniert sich klar gegen die Blasen-Theorie. „Investitionen, die in AI gemacht werden, müssen noch weiter ausgebaut werden“, betonte er im Gespräch mit Thorsten Giersch. Der Gründer der Krypto-Tochter Bison sieht keinen Grund zur Sorge: „Ich glaube nicht, dass wir uns in einer Blase befinden.“ Diese Einschätzung teilt auch Oliver Dörler, Chief Data & AI Officer der Commerzbank.

Er verweist darauf, dass viele Konzepte aus der Dotcom-Ära später tatsächlich realisiert wurden – nur eben mit Verzögerung. Bei Deutschlands zweitgrößter Privatbank ist der KI-Assistent „Ava“ bereits erfolgreich im Einsatz und verzeichnet „hunderttausende Aktionen“ seit seinem Launch vor wenigen Monaten, wie „Wired“ berichtet.

Tokenisierung als Game-Changer

Neben KI identifiziert Spankowski einen weiteren Megatrend: die Tokenisierung klassischer Wertpapiere. „Hier sehe ich enormen Investitionsbedarf, es gibt keines der großen Finanzinstitute, das sich nicht damit beschäftigt“, erklärt er l. In seiner Prognose zeichnet er das Bild einer „komplett anderen Finanzstruktur“ in fünf bis zehn Jahren.

Ulli Spankowski auf einem Panel beim Frankfurt Finance & Future Summit 2025
Ulli Spankowski auf einem Panel beim Frankfurt Finance & Future Summit 2025

Besonders spannend wird es, wenn tokenisierte Assets und KI-Agenten zusammenfinden. Eine repräsentative Studie im Auftrag der Börse Stuttgart zeigt bereits jetzt, dass 50 Prozent der unter 35-Jährigen KI aktiv für ihre Anlageentscheidungen nutzen. Diese Entwicklung wird laut „Wired“ zum Treiber für die Transformation der Finanzinstitute.

Digitale Infrastruktur als Fundament

Die digitale Revolution beschränkt sich nicht auf den Finanzsektor. „Die Infrastruktur ist das Betriebssystem eines Landes“, verdeutlichte IKB-Vorstand Patrick Trutwein auf dem Summit. Selbst die beste Software laufe langsam auf einem schlechten Betriebssystem.

Der Zusammenhang sei eindeutig: „Unser Wohlstand ist klar korreliert mit dem Status unserer Infrastruktur.“ Für den notwendigen Infrastrukturausbau braucht es private Investitionen. Melanie Kehr, Vorstandsmitglied der KfW, betont: „Es sind viele Investitionen nötig, das wird nicht nur mit Steuergeld klappen. Wir müssen darüber reden, wie wir privates Kapital mobilisiert bekommen.“ Die staatliche Förderbank denkt dabei in Ökosystemen und will Anreize statt Dauerförderung bieten.

Business Punk Check

Der KI-Hype hat definitiv reale Substanz – aber nicht jede KI-Aktie wird überleben. Die Parallelen zur Dotcom-Ära sind unübersehbar: Auch damals waren die Visionen richtig, nur das Timing falsch. Entscheidend für Investoren: Zwischen echten Innovatoren und Trittbrettfahrern unterscheiden.

Die Tokenisierung von Assets könnte tatsächlich disruptiver sein als viele denken – sie beseitigt Intermediäre und demokratisiert Investments. Wer jetzt in digitale Finanzinfrastruktur investiert, positioniert sich für die nächste Dekade. Aber Vorsicht: Die größten Gewinner werden nicht unbedingt die lautesten Ankündiger sein, sondern diejenigen, die echte Nutzungsfälle schaffen und skalieren können.

Häufig gestellte Fragen

  • Stehen wir wirklich vor einer KI-Blase oder vor einer echten Revolution?
    Die Experten sind sich einig: Es ist keine Blase, sondern eine fundamentale Transformation. Anders als zur Dotcom-Zeit existieren heute bereits funktionierende KI-Anwendungen mit Millionen von Nutzern. Entscheidend ist, zwischen Marketing-Hype und echten Anwendungsfällen zu unterscheiden.
  • Welche konkreten KI-Tools setzen Finanzinstitute bereits erfolgreich ein?
    Die Commerzbank zeigt mit ihrem KI-Assistenten „Ava“ einen erfolgreichen Use-Case. Für Privatanleger bieten bereits zahlreiche Broker KI-gestützte Analysetools. Besonders im Risikomanagement und der Betrugserkennung arbeiten KI-Systeme bereits hocheffizient im Hintergrund.
  • Was bedeutet die Tokenisierung konkret für Anleger?
    Tokenisierung wird Investments demokratisieren. Künftig können auch Kleinanleger in bisher unzugängliche Assets wie Immobilien oder Kunst investieren – in Kleinstbeträgen und ohne teure Zwischenhändler. Die Handelszeiten werden auf 24/7 ausgeweitet und Transaktionskosten drastisch sinken.
  • Wie können Unternehmen von der digitalen Transformation der Finanzwelt profitieren?
    Unternehmen sollten jetzt ihre Treasury-Abteilungen fit für tokenisierte Assets machen und KI-Tools für Finanzentscheidungen evaluieren. Besonders mittelständische Firmen können durch neue digitale Finanzierungswege ihre Abhängigkeit von klassischen Bankkrediten reduzieren.

Quellen: „Techcrunch“, „Wired“