Brand & Brilliance „Relevanz bedeutet auch, mal anzuecken.“ Warum sich die 9:16 Awards nicht verstecken

„Relevanz bedeutet auch, mal anzuecken.“ Warum sich die 9:16 Awards nicht verstecken

900.000 Votes klingen gewaltig. Aber wie schützt ihr euch vor reiner Mobilisierung und Klick-Aktivismus?

Das Voting lag bei Bauer und konkret auf Bravo.de, das wiederum einen externen Anbieter nutzt. Botnutzung oder sonstige Manipulationen können dadurch entlarvt werden. Und es gibt die Academy als Korrectiv. Können wir besser werden? Bestimmt. Wir machen uns hinter den Kulissen Gedanken, wie konkret. Letztes Jahr konnte nur einmalig gevotet werden pro Kategorie via YouTube C ommunity Tab, für den es einen YouTube-Account braucht. Da landeten wir übrigens bei 785.000 Stimmen.

Jeremy Fragrance als Laudator für “Unbequem, aber ehrlich” – genialer PR-Stunt oder unglückliche Ironie?

Retrospektiv müssen wir anerkennen: Der beabsichtigte Kontrast ist uns nicht gelungen. Weniger wegen Jeremys Auftritt selbst, der eher harmlos war, sondern wegen des Spannungsfelds zwischen ihm als Presenter und Tara Wittwer als Feministin, die sich klar gegen Persönlichkeiten wie ihn positioniert. Wir übernehmen die Verantwortung, haben uns bei Tara persönlich wie öffentlich entschuldigt – und wollen das wiedergutmachen. Der bewusst gesetzte Reibungspunkt hat nicht funktioniert – auch, weil Tara nicht vor Ort war und wir es versäumt haben, ihre Dankesrede einzuspielen. Das ärgert mich sehr, weil es ablenkt von einer rundum gelungenen Veranstaltung: 11 der 20 Preisträger sind solche, die für gesellschaftlichen Fortschritt, Offenheit, Tierschutz und Meinungsvielfalt und gegen Diskriminierung von Minderheiten einsetzen. 

Was müssen Brands, Creator und Plattformen heute besser verstehen, wenn sie digital relevant bleiben wollen?

Dass Reichweite kein Selbstzweck ist. Wer heute auffallen will, muss nicht lauter werden, sondern klarer. 2024 war Authentizität überfrequentiert genutzt. Heute ist es „Haltung“. Denn was ist echte Haltung? Communities werden zunehmend sensibler für Green oder Pinkwashing oder sonstiges Virtue Signalling. Heute braucht es die Bereitschaft, nicht nur Content zu senden, sondern auch mal anzuecken, Kritik zuzulassen, echten Diskurs zu fördern.

Dein Award war gerade mitten im Sturm. Was ist für dich echte Anerkennung – und was nur bunter Rauch?

Ich sehe das sportlich. Kritik kann auch erden und macht uns besser. Und wenn es von beiden Seiten Kritik gibt – der Femismus-bubble von Tara Wittwer wie der liberal-konservativen Community von Alicia Joe – haben wir iwas richtig gemacht. Und nicht alles, was Kritik ist, ist ein Shitstorm. Ich sehe das eher als Stürmchen. Ich bin stolz auf das Event – und mein Team und die vielen Helferlein im Hintergrund. Solang diese und die Gäste vor Ort happy sind, bin auch ich zufrieden. Wenn sich das ändern sollte, arbeiten wir dran und werden besser.

Was würdest du dir von der Branche wünschen – und was fehlt dir manchmal im Umgang mit Kritik?

Mehr Rückgrat – und mehr Differenzierung. Kritik ist nicht nur wichtig, sie ist notwendig. Aber bitte mit Kontext, mit Fakten, mit einem Mindestmaß an Nachsicht. Was wir erlebt haben, war weniger konstruktiver Diskurs, sondern ein Beispiel für Stimmung statt Substanz. Ich wünsche mir mehr Dialog auf Augenhöhe und eine gesündere Fehlerkultur. Wer mich kennt oder sogar meine Nummer hat, aber lieber öffentlichkeitswirksam auf LinkedIn austeilt, sucht nicht den Austausch, sondern die Bühne. Mein Ego verkraftet das, und unserem Unternehmen wird es nicht schaden, darum geht es mir nicht. Was mich beschäftigt, ist etwas anderes: Diese Art von Kommunikation steht sinnbildlich für das, was unserer Diskussionskultur in Deutschland oft fehlt. Ich wünsche mir mehr Raum für echten Streit – aber mit dem Ziel, Brücken zu bauen, nicht Gräben zu ziehen.

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