Business & Beyond Bürgergeld-Zoff: Die Betrüger werden immer dreister

Bürgergeld-Zoff: Die Betrüger werden immer dreister

Auch habe sie erhebliche Vermögenswerte verschwiegen. So sei sie seit 2019 Eigentümerin derjenigen Immobilie gewesen, für die das Jobcenter Fürstenfeldbruck nach dem Antrag dann die vermeintliche Miete übernahm: 54.000 Euro in zwei Jahren.

Nach Kriegsausbruch Anfang 2022 stellte das Paar zudem auf Basis von Schein-Mietverträgen Bürgergeldanträge für 28 Ukrainerinnen bei Jobcentern diverser Kommunen in Bayern, obwohl sich die Frauen laut Anklage nur sehr kurze Zeit in Deutschland aufhielten und keinen Anspruch auf Leistungen hatten. Die den Frauen bewilligten Zahlungen behielt das Paar für sich. Es wurde zu Haftstrafen verurteilt.

In immer mehr Jobcentern wird offen zugegeben, dass es Probleme mit dem Bürgergeld gibt. SPD-Arbeits- und Sozialministerin Bärbel Bas hat das Thema angestoßen, und das Ausmaß des Sozialbetrugs durch „mafiöse Strukturen“, wie sie es gegenüber dem Sternformulierte, wird allmählich deutlich. Fälle in Städten wie Duisburg, Gelsenkirchen und Berlin sind mittlerweile bekannt.

In Berlin hat es das dortige Jobcenter nach eigener Auskunft mit kriminellen Netzwerken aus Süd- und Osteuropa zu tun, die Migranten aus EU-Ländern ausnutzen, um ans Bürgergeld zu gelangen. „Die Betrugsstrukturen zeigen mitunter einen hohen Professionalisierungsgrad beispielsweise mit gefälschten Anmeldungen bei der Sozialversicherung, Miet- und Arbeitsverträgen und gleichzeitigen Übersetzerdiensten, die bei Terminen im Jobcenter begleiten“, erklärt ein Sprecher des Jobcenters.

Das System funktioniert so: Familien mit mehreren Kindern werden von den Tätern ausgewählt und die Familienmitglieder für wenige Stunden in Minijobs angestellt. Da das Einkommen nicht zum Leben reicht, haben die Betroffenen Anspruch auf Bürgergeld, das als Ergänzung zum Einkommen bezogen werden kann, tatsächlich aber in den Taschen der Kriminellen landet. Kinderreiche Familien sind besonders attraktiv für die Drahtzieher, da sie mehr Geld erhalten als Alleinstehende. „Die Sozialsysteme werden systematisch ausgenutzt, das Bürgergeld landet in den Taschen von Clan-Oberen“, beschreibt die Bürgermeisterin von Gelsenkirchen, Karin Welge, im Tagesspiegel die eigenen Erfahrungen.

Frank Böttcher, Leiter des Jobcenters in Duisburg, berichtete der Süddeutschen Zeitung, dass die Bürgergeldempfänger oft mehr arbeiten, als in ihren Nachweisen angegeben wird. Häufig ist der Arbeitgeber auch der Vermieter, der Menschen zu überhöhten Preisen in Schrotimmobilien unterbringe. Der Betrüger erhält für die Miete ebenfalls Geld vom Staat. Er kritisiert, dass Sozialgerichte den vollständigen Entzug des Bürgergelds erschweren. Selbst wenn jemand mehrmals nicht im Jobcenter erscheine, um kritische Fragen zu beantworten, weigerten sich viele Gerichte, das Bürgergeld zu streichen.

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