Business & Beyond Comeback der Wehrpflicht? NATO-Vorgaben befeuern die Debatte

Comeback der Wehrpflicht? NATO-Vorgaben befeuern die Debatte

Die Bundesregierung setzt aktuell auf freiwilligen Wehrdienst, doch NATO-Verpflichtungen und Personalmangel könnten die Rückkehr zur Wehrpflicht erzwingen. Ex-Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer fordert ein „Ehrlichmachen“ in der Debatte.

Die Wehrpflicht in Deutschland könnte schneller zurückkehren als gedacht. Während Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) für 2025 zunächst ein attraktiveres Modell des freiwilligen Wehrdienstes plant, wächst der Druck durch NATO-Verpflichtungen und den akuten Personalmangel bei der Bundeswehr. Die Frage ist nicht mehr ob, sondern wann Deutschland sich der militärischen Realität stellen muss.

Zwischen Freiwilligkeit und Pflicht

Der schwarz-rote Koalitionsvertrag setzt zunächst auf Freiwilligkeit. Doch die Skepsis wächst, ob dieser Ansatz ausreicht, um die Bundeswehr personell ausreichend zu stärken. Ex-Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer positioniert sich im Tagesspiegel-Interview deutlich: „Ich bin skeptisch, ob wir allein damit die notwendigen Zahlen erreichen. Wir sollten uns jetzt alle ehrlich machen und sagen, dass die ausgesetzte Wehrpflicht bald wieder eingesetzt werden muss – so, wie sie früher war, also erst einmal nur für Männer.“

Der Handlungsdruck steigt. Während Deutschland seine NATO-Verpflichtungen erfüllen muss, fehlt es an allen Ecken und Enden an qualifiziertem Personal. Die aktuelle Truppenstärke liegt weit unter dem, was für eine ernsthafte Verteidigungsfähigkeit notwendig wäre – besonders angesichts der veränderten Sicherheitslage in Europa.

Dienstpflicht als langfristiges Modell

Kramp-Karrenbauer denkt bereits weiter. Sie befürwortet langfristig eine allgemeine Dienstpflicht, die über den reinen Militärdienst hinausgeht: „Die Dienstpflicht, die ich nach wie vor für das beste Modell hielte, betrifft das Engagement junger Menschen für das Gemeinwesen insgesamt.“ Der Wehrdienst wäre dabei nur eine von mehreren Optionen.

Diese Überlegungen passen zur sicherheitspolitischen Neuausrichtung unter Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU). In seiner ersten Regierungserklärung betonte er die Priorität einer starken Bundeswehr: „Wir werden alle finanziellen Mittel zur Verfügung stellen, die die Bundeswehr braucht, um konventionell zur stärksten Armee Europas zu werden.“ Eine klare Ansage, die ohne ausreichendes Personal jedoch kaum umsetzbar sein dürfte.

Russland als treibender Faktor

Die geopolitische Lage spielt eine entscheidende Rolle in der Debatte. Merz warnte unmissverständlich vor Russland: „Wer ernsthaft glaubt, Russland gäbe sich mit einem Sieg über die Ukraine oder mit der Annexion von Teilen des Landes zufrieden, der irrt.“ Diese Einschätzung teilen Sicherheitsexperten zunehmend und sehen in einer personell gut aufgestellten Bundeswehr einen wichtigen Abschreckungsfaktor.

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