Business & Beyond Merz hebt Reichweitenbeschränkung für Waffen auf – das steckt dahinter

Merz hebt Reichweitenbeschränkung für Waffen auf – das steckt dahinter

Politisches Beben in Berlin

Die Reaktionen auf Merz‘ Vorstoß fallen erwartungsgemäß kontrovers aus. Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) widersprach dem Eindruck eines Kurswechsels: „Was die Reichweite angeht, will ich noch sagen, da gibt es keine neue Verabredung, die über das hinausgeht, was die bisherige Regierung gemacht hat.“ Eine bemerkenswerte Interpretation, die den Bruch mit der Linie des Ex-Kanzlers Scholz zu kaschieren versucht.

Während Grünen-Fraktionsvize Agnieszka Brugger den Schritt als „folgerichtig und überfällig“ begrüßt und gleich die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern fordert, warnt Linken-Fraktionschef Sören Pellmann vor einer weiteren Eskalation. Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann zeigt sich dankbar für die „überfällige Entscheidung“, während BSW-Chefin Sahra Wagenknecht befürchtet, dies könne „in letzter Konsequenz den Krieg nach Deutschland holen“.

Moskau reagiert scharf

Der Kreml verurteilte Merz‘ Äußerungen erwartungsgemäß. Sprecher Dmitri Peskow bezeichnete die Lieferung weitreichender Waffen als gefährlichen Schritt, der „den Bemühungen Moskaus um eine politische Lösung zuwider“ laufe. Eine bemerkenswerte Aussage, bedenkt man die massiven russischen Drohnenangriffe auf die Ukraine in der Nacht zuvor – die größten seit Kriegsbeginn.

Außenminister Johann Wadephul (CDU) konterte die russische Kritik: „Es hat jetzt mehrere Aufforderungen und Gelegenheiten gegeben, an den Verhandlungstisch zu kommen für den russischen Präsidenten, und er hat sie ausgeschlagen.“ Deutschland werde die Ukraine weiterhin so unterstützen, dass sie sich zur Wehr setzen kann.

Strategischer Wendepunkt oder symbolische Geste?

Die praktischen Auswirkungen von Merz‘ Entscheidung bleiben zunächst abzuwarten. Die bisher gelieferten deutschen Waffensysteme haben eine begrenzte Reichweite, die nur Ziele nahe der ukrainischen Grenze erreichen kann. Ohne die Lieferung neuer Systeme wie Taurus bleibt der Kurswechsel möglicherweise mehr symbolisch als strategisch relevant.

Dennoch markiert die Entscheidung einen klaren Bruch mit der vorsichtigen Linie des Vorgängers Scholz, der stets vor einer Eskalation des Konflikts gewarnt hatte. Merz signalisiert damit eine entschlossenere Haltung gegenüber Moskau und eine stärkere Ausrichtung an den Positionen der westlichen Partner.

Die Aufhebung der Reichweitenbeschränkungen könnte der Auftakt zu einer grundlegenden Neuausrichtung der deutschen Ukraine-Politik sein. Die kommenden Wochen werden zeigen, ob weitere konkrete Schritte folgen – etwa die Lieferung neuer Waffensysteme oder eine intensivierte militärische Zusammenarbeit mit Kiew.

Die Entscheidung reflektiert eine zunehmende Ernüchterung im Westen angesichts ausbleibender diplomatischer Fortschritte. Die Hoffnung, dass Russland an den Verhandlungstisch zurückkehrt, schwindet. Stattdessen setzt sich die Erkenntnis durch, dass nur eine militärisch starke Ukraine eine realistische Chance auf einen gerechten Frieden hat.

Für die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik markiert dieser Schritt einen weiteren Meilenstein in einem fundamentalen Transformationsprozess, der mit der viel zitierten „Zeitenwende“ begann und dessen Ende noch nicht abzusehen ist.

Quellen: Tagesschau, BR24

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