Business & Beyond Palantir: Reich des Bösen oder Wunderwaffe für die Polizei?

Palantir: Reich des Bösen oder Wunderwaffe für die Polizei?

„Wir bauen keine dünnen Produkte“, sagt Karp. Die amerikanische Methode sei, 40 Entwickler zu haben und 4000 Verkäufer. Bei Palantir ist es eher umgekehrt. Amerikanisch sei allenfalls die Geschwindigkeit, mit der bei Palantir vorgegangen wird. „Geduld ist für die, die Zeit haben“, sagt Karp und behauptet kühn: „Wir sind der Welt sieben Jahre voraus.“ Wie geht das? „Palantir ist eine Künstlerkolonie“, antwortet Karp. Wissenschaftler versuchte stets, alles aus jeder Perspektive zu beleuchten, bevor sie eine Theorie aufstellten.

Künstler arbeiteten auf Grundlage von Ahnungen. „Wenn Du wartest, bis Du alles verstehst, bist Du nicht mehr im Geschäft“, sagt Karp. Dass die Welt möglicherweise nicht versteht, was Palantir macht, nimmt er hin. „Wir haben es vermasselt“, sagt er. Deswegen bezeichneten so viele Palantir als Datenkrake und hätten Angst. Damit spricht er SPD-Abgeordneten wie Fiedler aus der Seele

Karp und Thiel haben es nämlich tatsächlich vermasselt. Sie unternehmen alles, um die Aura der Undurchschaubarkeit zu bewahren. Thiel träumt in seiner Biografie von der Abschaffung der Demokratie und beschäftigt sich mit Vorliebe mit dem ewigen Leben – dem eigenen natürlich. Der Tod als Naturgesetz sei für ihn eine Ausrede fürs Aufgeben. Sollte er doch sterben, wolle er sich einfrieren lassen – auch wenn er nicht daran glaube, dass die Technologie funktioniere. Und der Firmenname Palantir stammt von der Bezeichnung der „sehenden Steine“ in Tolkiens Fantasy Saga „Herr der Ringe“.

Auch die beiden Namen der Hauptplattformen für Analysesoftware, Palantir Gotham und Palantir Metropolis sind der Fantasiewelt von Batman- und Superman-Comics entlehnt. So kommt es, dass Palantir mal harmlos als „privater Überwachungskonzern“ beschrieben und mal warnend als „Big Brother“ geschmäht wird. „Unser Produkt wird zum Töten von Menschen verwendet“, sagt Karp und hat damit etwas gemeinsam mit den Chefs aller Rüstungskonzernen der Welt.

Palantir kann ganz zivile Aufgaben lösen: etwa für eine Firma vorherzusehen, was sie einkaufen muss, um optimal zu produzieren. Airbus, BMW und Ferrari gehören deswegen zu den Kunden. Aber Palantir kann auch unerhört geheimes: Etwa vorhersagen, wo sich welcher Hamas-Kommandant demnächst aufhalten wird, weswegen sich auch Israel für die Software interessiert.

Oder chinesische Hackerringe enttarnen. Das Unternehmen hat kürzlich einen Auftrag im Wert von 36,8 Millionen Dollar vom U.S. Special Operations Command erhalten. Der erfahrene Wall-Street-Berater Stephen „Sarge“ Guilfoyle sieht die Bedeutung Palantirs in der strategischen Positionierung innerhalb der Verteidigungsindustrie. „Die Fähigkeit, komplexe Datenanalysen mit praktischen Anwendungen zu verbinden, macht Palantir zu einem wichtigen Akteur im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungstechnologie“, sagt er. 

Und das sehen sie auch in Karps und Thiels gefühlter Heimat so. Während die Bundespolizei noch nicht so weit ist, setzen die Polizeibehörden mehrerer deutscher Bundesländer Gotham zur Verbrecherjagd ein – und Karp wie Thiel sind gleichermaßen stolz darauf, „den Ansprüchen der härtesten Datenschutzgesetze der Welt“ zu entsprechen.

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