Business & Beyond Über die Freude an der Freiheit

Über die Freude an der Freiheit

Alt-Bundespräsident Joachim Gauck hat eine große Rede gehalten: über die Freiheit und die Pflicht einer Nation, sie täglich zu nutzen.

In der zum festlichen Saal umgebauten Scheune auf Gut Kaltenbrunn am bayerischen Tegernsee, genau dort, wo der „Wohlstand für alle“-Minister Ludwig Erhard einst viel Zeit verbrachte, wird es mucksmäuschenstill. Die knapp 1000 Zuschauer richten ihre Augen auf die Bühne. Alt-Bundespräsident Joachim Gauck hat dort eben von der ehemaligen litauischen Staatspräsidentin Dalia Grybauskaitė, der Präsidentin des bayerischen Landtags Ilse Aigner und der Verlegerin Christiane Götz-Weimer den „Freiheitspreis der Medien“ erhalten. Wenn Populismus, Desinformation und autoritäre Tendenzen Hochkonjunktur haben, komme es auf Menschen wie Gauck an, den ehemaligen Pfarrer aus Ostdeutschland, der ins höchste Amt aufstieg, sagt Verlegerin Götz-Weimer. Dann tritt der 85-Jährige ans Rednerpult, der unter der Riege der deutschen Bundespräsidenten einer der Herausragenden war. Wir dokumentieren den Mitschnitt seiner frei gehaltenen Rede.

Frau Präsidentin des Bayerischen Landtages, liebe Frau Präsidentin Dalia Grybauskaitė, liebe Frau Weimer,

ich bin bewegt und dankbar, dass sie mir diesen Preis verliehen haben. Als Frau Weimer eben diese große Schöpfkelle voll Lob aus der Preisbegründung auf den Tisch getan hat, da habe ich mich ein wenig geschämt, denn ich sehe mich weniger als Apostel, denn als Bürger, der seinen Mund aufzumachen hat.

Man soll es auch nicht übertreiben mit dem Lob, aber dankbar bin ich und bewegt bin ich, gerade auch durch die Laudatio und die Begegnung mit einer Frau wie Präsidentin Grybauskaitė, die jede Art von Staatsterrorismus zu lesen vermag, die durch die eigenen und die Erfahrungen ihres Landes genau weiß, in welcher historischen Epoche wir gerade leben. Und dass Bedrohungen auf uns zukommen, von denen wir 1990 gemeinsam gedacht haben, sie seien endgültig vorbei.

Sie würdigen mich für meine Freude an der Freiheit, für meinen Kampf für Freiheit und für meine – ja, wie soll ich das sagen: Es ist es nicht eine Besessenheit, aber eine tiefere innere Überzeugung davon, dass wir unser Leben verfehlen, wenn wir die Freiheit nicht nutzen. Und ich spreche nicht von einer Freiheit, wie sie jeder ersehnt, die Freiheit von Unterdrückung, von Einengung, von Zwang, auch von Not. Sondern ich spreche von jener Dimension der Freiheit, die wir in langen geschichtlichen Abständen immer wieder auch entdeckt und beschrieben haben als Freiheit für etwas und zu etwas.

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