Green & Generation Solarstrom: Vom Goldrausch zum Privat-Unternehmerrisiko

Solarstrom: Vom Goldrausch zum Privat-Unternehmerrisiko

Die Zeiten lukrativer Einspeisevergütungen sind vorbei. Heute geht es bei Photovoltaikanlagen um Eigenverbrauch und Netzentlastung – doch neue Regelungen könnten die Wirtschaftlichkeit verändern.

Die Faustregel klingt verlockend: Wer mehr als 3.000 kWh Strom jährlich verbraucht, kann mit einer Solaranlage schnell ins Plus kommen. Nach etwa zehn bis 15 Jahren hat sich die Investition von 15.000 bis 20.000 Euro typischerweise amortisiert. Professor Christof Bauer von der TU Darmstadt bezeichnet die Entscheidung für Privatpersonen sogar als „No-Brainer“ – vorausgesetzt, die aktuellen Rahmenbedingungen bleiben bestehen. Doch genau hier liegt der Haken.

Paradigmenwechsel: Vom Einspeiser zum Selbstversorger

Der Solarmarkt erlebt einen fundamentalen Wandel. Während früher die großzügige Einspeisevergütung den Anreiz für Investitionen schuf, zielt die Politik heute auf etwas völlig anderes ab: Eigenversorgung statt Netzeinspeisung. „Die Zeit des Kindergartens ist vorbei und jetzt werden Sie Unternehmer am Strommarkt“, bringt es Energieexperte Lion Hirth von der Hertie School in einem BR Bericht auf den Punkt.

Diese Transformation hat handfeste Gründe. An sonnigen Tagen speisen Millionen Anlagen unkontrolliert Strom ins Netz ein – teilweise so viel, dass Netzabschaltungen drohen. Ein teures und potenziell gefährliches Szenario. Die logische Konsequenz: sinkende Einspeisevergütungen und die Diskussion über neue Netzentgelte für Privatpersonen.

Speicher als Game-Changer

Heimspeicher entwickeln sich zum entscheidenden Faktor für die Wirtschaftlichkeit von Photovoltaikanlagen. Nur wer seinen selbst erzeugten Strom effektiv speichern kann, minimiert die Einspeisung ins öffentliche Netz und maximiert den Eigenverbrauch. Für Bestandsanlagen gilt allerdings Bestandsschutz – wer vor zehn Jahren eine Anlage in Betrieb nahm, erhält weiterhin die damals garantierten 12,61 Cent pro Kilowattstunde, unabhängig von der technischen Ausstattung.

Für Haushalte mit geringerem Stromverbrauch bieten Balkonkraftwerke eine kostengünstige Alternative. Mit Anschaffungskosten von rund 300 Euro und einer maximalen Einspeiseleistung von 800 Watt können sie den Grundbedarf von Kühlschrank, Spül- und Waschmaschine an sonnigen Tagen decken. Die Registrierung bei der Bundesnetzagentur ist kostenlos.

Netzausbau: Die Kostenfalle

Der Boom bei Solaranlagen treibt den Netzausbau voran – mit erheblichen Kosten. Laut Bundesnetzagentur werden rund 160 Milliarden Euro für den Ausbau der Stromnetze benötigt. Diese Kosten schlagen sich in den Netzentgelten nieder, die bereits jetzt etwa ein Drittel des Strompreises ausmachen.

Das Problem: Immer weniger Kunden zahlen das volle Netzentgelt, während die Kosten steigen. Klaus Müller, Chef der Bundesnetzagentur, fordert im ZDF daher eine Reform: „Wir müssen das System reformieren, nach dem Netzentgelte erhoben werden.“ In einem Diskussionspapier vom 12. Mai schlägt die Behörde vor, auch Stromeinspeiser – einschließlich Privatpersonen mit Photovoltaikanlagen – an den Netzentgelten zu beteiligen.

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