Tech & Trends Australiens Social-Media-Verbot für Teens: DARUM wollen deutsche Lehrer keinen Jugendschutz

Australiens Social-Media-Verbot für Teens: DARUM wollen deutsche Lehrer keinen Jugendschutz

Australien führt als erstes Land weltweit ein Social-Media-Verbot für unter 16-Jährige ein. Während deutsche Politiker ähnliche Maßnahmen diskutieren, positioniert sich der Deutsche Lehrerverband überraschend dagegen und fordert stattdessen mehr Medienkompetenz.

Die digitale Kindheit endet in Australien künftig per Gesetz. Ab Dezember dürfen Jugendliche unter 16 Jahren keine eigenen Social-Media-Accounts mehr nutzen – ein weltweit einzigartiger Vorstoß gegen die wachsende Bildschirmzeit junger Menschen. Während australische Eltern mehrheitlich applaudieren, stehen viele Teenager wie der 15-jährige Surfer Nick vor einem digitalen Einschnitt. Drei Stunden täglich verbringt er auf Instagram und Co., nicht nur zum Chatten, sondern auch, um seine Karriere als Profisurfer voranzutreiben. „In einem Jahr darf ich Auto fahren, in Deutschland darf man in diesem Alter Alkohol trinken. Man traut uns also Verantwortungsbewusstsein zu“, kritisiert er die Altersgrenze im Gespräch mit der „Zeit“. Die Debatte schwappt längst nach Deutschland über, wo Bundesfamilienministerin Karin Prien (CDU) und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) ähnliche Regelungen fordern. Doch ausgerechnet der Deutsche Lehrerverband positioniert sich überraschend klar gegen solche Verbote.

Realitätsferne Verbote statt digitaler Kompetenz?

„Facebook, Instagram und TikTok sind Teil einer Realität, in der junge Menschen lernen müssen, sich zurechtzufinden. Verbote helfen da nicht weiter“, erklärt Verbandspräsident Stefan Düll. Er bezeichnet die Idee einer gesetzlichen Altersgrenze gegenüber der „Zeit“ als „realitätsfern und auch nicht sinnvoll“. Stattdessen plädiert er für mehr Medienkompetenz: „Der Staat sollte Familien keine überflüssigen Vorschriften machen.“

Diese Position überrascht, da Lehrkräfte oft mit den negativen Auswirkungen exzessiver Social-Media-Nutzung konfrontiert sind. Düll weist jedoch auf einen wichtigen Aspekt hin: „Es kann uns gefallen oder nicht: Aber wenn sie sich zum Beispiel über Politik informieren, geschieht das oft über Social Media.“ Kinder und Jugendliche hätten ein Recht auf Information – die Frage sei nur, wie sie den Umgang damit lernen.

Australiens radikaler Ansatz: Ein Vorbild für Deutschland?

In Australien hat die Regierung unter Premierminister Anthony Albanese das Gesetz parteiübergreifend im Eiltempo durchgesetzt. Es soll „Kindern ihre Kindheit lassen und Eltern ihren Seelenfrieden zurückgeben“, so die offizielle Begründung. Die Umsetzung liegt in den Händen von Julie Inman Grant, der australischen Kommissarin für digitale Sicherheit, die selbst Mutter von 13-jährigen Zwillingen ist. „Wir bauen ein Flugzeug, während wir schon fliegen“, beschreibt sie die Herausforderung.

Die Details sind noch nicht vollständig geklärt: Messaging- und Gaming-Apps sowie YouTube sollen vermutlich erlaubt bleiben. Bei Verstößen drohen den Plattformbetreibern Bußgelder von bis zu 31 Millionen Euro.

Gespaltene Meinungen in Deutschland

Die deutsche Politik zeigt sich uneinig. Während Karin Prien vor den gesundheitlichen Folgen warnt – „Es geht darum, Kinder vor psychischen Erkrankungen zu schützen“ – bezeichnet Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ein mögliches Verbot als „totalen Quatsch“ und „realitätsfremd“. Der CSU-Chef, selbst mit 740.000 Followern auf Instagram präsent, fordert stattdessen mehr Medienkompetenz.

Auch bei den Betroffenen selbst herrscht keine Einigkeit. Bei den Jugendpolitiktagen in Berlin äußerten sich viele Teilnehmer zwischen 16 und 27 Jahren skeptisch gegenüber einer Altersgrenze von 16 Jahren. Ein Mindestalter von 14 erschien einigen jedoch angesichts von Fake News und intransparenten Algorithmen durchaus sinnvoll.

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