Tech & Trends Australiens Social-Media-Verbot für Teens: DARUM wollen deutsche Lehrer keinen Jugendschutz

Australiens Social-Media-Verbot für Teens: DARUM wollen deutsche Lehrer keinen Jugendschutz

Technische Hürden und Umgehungsmöglichkeiten

Netzaktivist Markus Beckedahl, Deutschlands bekanntester Aktivist für Datenschutz und digitale Rechte, steht einem Verbot ambivalent gegenüber: „Die Forschung sagt: Viele Mechanismen dieser Plattformen machen süchtig und können schädliche Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche haben.“ Gleichzeitig gibt er gegenüber „br.de“ zu bedenken: „Das Leben der Jugendlichen findet auf diesen Plattformen statt. Damit müssen wir erstmal umgehen.“

Die technische Umsetzung bleibt eine Herausforderung. Bereits heute gilt für Plattformen wie TikTok ein Mindestalter von 13 Jahren – doch die Altersverifikation lässt sich leicht umgehen. TikTok teilte auf Anfrage mit, dass pro Quartal etwa 20 Millionen Konten von mutmaßlich unter 13-Jährigen entfernt würden. Kritiker bezweifeln jedoch die Wirksamkeit solcher Maßnahmen.

Verantwortung der Tech-Konzerne statt Einschränkung der Jugendlichen

Der jüngste Bundestagsabgeordnete Luke Hoß (Die Linke) fordert einen anderen Ansatz: „Statt Jugendliche ins Visier zu nehmen, müssten die Tech-Konzerne in die Pflicht genommen werden, die umso mehr Gewinne machen, je länger Kinder und Jugendliche auf sozialen Netzwerken aktiv sind.“ Er plädiert im „br“ für ein Verbot von Algorithmen, die darauf ausgerichtet sind, Nutzer möglichst lange auf den Plattformen zu halten.

Eine aktuelle ZEIT-Umfrage zeigt, dass eine Mehrheit der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland ein Social-Media-Verbot für unter 16-Jährige unterstützen würde. Besonders hoch ist die Zustimmung überraschenderweise bei den 18- bis 24-Jährigen, die selbst mit sozialen Medien aufgewachsen sind.

Bildung statt Verbote: Der Weg nach vorn?

Die Bundesregierung will vor der parlamentarischen Sommerpause eine Experten-Kommission einsetzen, die Empfehlungen für einen verbesserten Jugendmedienschutz erarbeiten soll. Damit erfüllt sie ein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag.

Während die Debatte weitergeht, bleibt die zentrale Frage: Lässt sich die digitale Realität junger Menschen durch Verbote regulieren, oder braucht es einen umfassenderen Ansatz, der Medienkompetenz in den Mittelpunkt stellt?

Der Deutsche Lehrerverband hat seine Position klar formuliert: Statt mit „kaum umsetzbaren Verboten zu hantieren“, komme es darauf an, Kinder zu einem klugen Umgang mit dem Internet zu erziehen. Hier seien sowohl Eltern als auch Schulen gefordert.

Ausblick

Die Entwicklung in Australien wird zum globalen Testfall für digitale Jugendschutzmaßnahmen. Experten erwarten, dass das Verbot technisch leicht umgangen werden kann – durch VPNs, falsche Altersangaben oder die Nutzung der Accounts von Eltern oder älteren Geschwistern. Die eigentliche Innovation könnte daher nicht im Verbot selbst liegen, sondern in den begleitenden Bildungsmaßnahmen, die Australien plant.

Für Deutschland zeichnet sich ein differenzierterer Weg ab: Statt pauschaler Verbote könnten gezielte Einschränkungen für besonders problematische Funktionen wie endlose Scrollfeeds oder algorithmische Empfehlungssysteme kommen. Gleichzeitig dürfte der Druck auf Plattformbetreiber steigen, wirksame Altersverifikationssysteme zu implementieren und suchtfördernde Mechanismen zu entschärfen.

Die Zukunft des digitalen Aufwachsens wird vermutlich weder im kompletten Verbot noch in der völligen Freiheit liegen – sondern in einem ausbalancierten Ansatz, der Schutz und Befähigung verbindet.

Quellen: zeit.de, br.de, deutschlandfunk.de

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