Tech & Trends TikTok Shop wächst rasant – doch reicht das?

TikTok Shop wächst rasant – doch reicht das?

In-Stream Shopping ist laut TikTok um 120 % gewachsen – ein beeindruckender Wert. Und doch bleibt fraglich, ob das westliche Publikum je so shopping-affin wird wie in China.

TikTok will mehr sein als eine Entertainment-Plattform. Schon länger arbeitet Bytedance daran, aus dem populären Kurzvideo-Dienst ein funktionierendes Shopping-Ökosystem zu machen – nach dem Vorbild der chinesischen Schwester-App Douyin, die 2024 satte 490 Milliarden US-Dollar GMV über In-App-Shopping erzielte. Zum Vergleich: TikTok selbst brachte es im selben Zeitraum global auf „nur“ 6 Milliarden.

Doch 2025 macht TikTok Druck – und erste Ergebnisse stimmen optimistisch.

120 % Plus beim In-App-Shopping in den USA

Die Plattform meldet für das erste Halbjahr 2025 einen massiven Anstieg der In-Stream-Verkäufe in den USA. Die Zahl der gelisteten Produkte liegt bei über 70 Millionen, das Seller-Ökosystem ist auf über 750 Produktkategorien angewachsen. Besonders stark performen dabei die Segmente Beauty, Fashion, Health und Consumer Electronics.

Laut TikTok haben 83 % der Käufer*innen ein neues Produkt, und 70 % sogar eine neue Marke über TikTok Shop entdeckt. Livestream-Shopping ist hier der Treiber: 76 % der Nutzer*innen, die sich Livestreams angeschaut haben, kauften im Anschluss tatsächlich ein Produkt. 8 Millionen Stunden Live-Commerce wurden bereits in den USA gestreamt.

171.000 kleine US-Businesses nutzen die Plattform inzwischen als Verkaufsfläche – für viele ein vielversprechender Marktplatz in schwierigen E-Commerce-Zeiten.

TikTok Shop: Erfolgsmodell mit chinesischer DNA

Dass das Modell funktioniert, zeigt der Blick nach Osten: In China ist Douyin längst ein Schwergewicht im E-Commerce. Dort laufen nicht nur Produktverkäufe, sondern auch Food Delivery und Ride-Hailing direkt über die App. TikTok erwägt laut Insidern ähnliche Funktionen in Zukunft auch für westliche Märkte – die allesamt auf eine stärkere Monetarisierung durch den Handel zielen.

Doch: Der westliche Markt tut sich mit In-App-Shopping schwer.

Nutzer*innen in Europa und den USA sind es gewohnt, auf separaten E-Commerce-Plattformen wie Amazon oder Shopify zu kaufen. Der Medienbruch zwischen Content und Commerce bleibt – trotz Influencer-Marketing, Affiliate-Verlinkung und Instagram Shopping – für viele ein unnatürliches Erlebnis. TikToks große Hoffnung ist deshalb das Live-Element: Entertainment, Interaktion und Kauf in einem Moment. Nur: Schafft TikTok das Vertrauen dafür?

Wachstum ja – aber nicht ohne Hürden

TikTok setzt mit dem neuen Seller Center auf Tool-Upgrades für Händler, inklusive personalisierter Beratung, Produktoptimierung und Performance-Tracking. Für das große Sommer-Event „Deals for You Days“ (7. bis 19. Juli) testet TikTok zudem ein Live-Preisversprechen mit Cashback-Garantie, um die Kaufbereitschaft weiter zu steigern.

Und dennoch: Trotz positiver Zahlen wurde das US-Commerce-Team komplett umstrukturiert, nachdem 2024 die ambitionierten Ziele verfehlt wurden. Parallel schwebt über TikToks US-Geschäft weiter das politische Damoklesschwert – die Plattform könnte gezwungen werden, sich von Bytedance zu trennen oder ganz vom US-Markt zu verschwinden. Kein ideales Setting für langfristige Investitionen.

Fazit: TikTok Shop steht an der Schwelle – aber wohin?

TikTok hat bewiesen, dass Social Commerce mehr sein kann als ein Buzzword. Die Plattform bietet ein performantes Live-Shopping-Erlebnis mit echten Umsatzchancen – besonders für kleinere Brands. Doch der kulturelle Unterschied zum asiatischen E-Commerce-Verhalten bleibt eine Hürde.

Ob TikTok Shop auch im Westen zum Milliarden-Schwergewicht wird, entscheidet sich nicht an Produktzahlen – sondern am Nutzerverhalten.

Die wichtigste Frage bleibt: Wollen westliche Konsument*innen wirklich in ihren Feeds shoppen – oder doch lieber auf vertrauten Plattformen kaufen?