Work & Winning Das kann weg: Wieso die „Säureherstellung Laugendorf AG“ eine höchst renommierte Adresse für Abfallentsorger ist

Das kann weg: Wieso die „Säureherstellung Laugendorf AG“ eine höchst renommierte Adresse für Abfallentsorger ist

Heute ist Bürokratie-FREI-tag. Business Punk berichtet über die absurdesten Regeln, die Wirtschaft und Unternehmen das Leben schwer machen. Diesmal: Wie ein innovatives Unternehmen aus dem Rheinland auf sehr traditionelle Bürokratie stößt – und an seltsame Vorschriften gerät. Merke: „Entsorgung” hat nichts mit dem Verschwinden von Sorgen zu tun.

Markus Gebauer (Name geändert) arbeitet gern mit pfiffigen Lösungen, ist Techniker und Ingenieur aus Leidenschaft – und findet meistens einen Weg. Dies gehört dazu, wenn man in Deutschland innovative Solardächer installieren will. Das sind Dächer, die gleich ohne herkömmliche Ziegel gedeckt werden, wenn es ein Neubau ist. Und als Option bei Altbausanierungen, wobei die Module, welche die Dachpfannen ersetzen, deutlich leichter sind als jene. Vorteil: Weniger Belastung für womöglich altehrwürdige Dachbalken, die heute vorschriftsmäßig weitaus stärker ausfallen müssen als die manchmal nur 10 Zentimeter, die man in Altbauten vorfindet. Gebauer mit seinem Kleinunternehmen und acht Mitarbeitern installiert solche Dächer. Sein eigenes Haus vorneweg, und wie er sagt, „bleiben die Leute vor dem Grundstück stehen und fragen, wo man denn ein solches Dach herbekommt”. Kein Wunder – das Dach ist optisch weit ansprechender als aufgesetzte Paneele und, so Gebauer, es eignet sich sogar für denkmalgeschützte Gebäude.

Die größten Absurditäten begegnen Gebauer allerdings nicht einmal im eigenen Tätigkeitsbereich, obwohl der – selbstverständlich – bis ins letzte Detail geregelt ist. Heißt: Die Aktivität eines „Solarinstallateurs in Deutschland ist nicht nur von technischem Know-how, sondern auch von einem hohen Maß an Geduld und Frustrationstoleranz geprägt. Die Handwerker stehen oftmals vor einem undurchdringlichen Dschungel aus Formularen, Anmeldungen und absurden Vorschriften”, so das Internet-Fachportal Efahrer.com. 

Da fragen Formulare, fein nummeriert von E1 bis E8, und weiterer Buchstabensalat, nach solchen Dingen wie „motorischem Anlauf”, was bei Solardächern doch eigentlich kein wünschenswertes Verhalten ist. Der TÜV ist natürlich auch dabei, denn dessen Zertifikate und Datenblätter für alle Module und Bestandteile werden gebraucht, um sie den Behörden einzureichen, die selbstredend abertausende identische Dokumente aus Stadt und Land bereits haben. Aber halt nicht mit der Adresse der Baustelle, mindestens achtfach identisch einzutragen auf E1 bis E8. Von den Anforderungen der regionalen Netzbetreiber (Clou: stets unterschiedlich, und stets mit frischen Änderungen) bis hin zu Elektrosanierung im ganzen Haus, wenn man Pech hat, weil „alles Alte raus muss”; der Lieblingssatz von Handwerkern und Zahnärzten, wie ein Witzbold einst fein beobachtete. Das trifft dann den Kunden, sagt Gebauer, der doch einfach nur umweltfreundlich Strom erzeugen will. Das Dach ist dann plötzlich nur noch ein kleinerer Ausgabenposten bei der Sanierung.

Für Gebauers Betrieb ist jedoch vor allem die Aufgabe der Materialentsorgung ein Minenfeld. Der Unternehmer hat sich Humor bewahrt, das wichtigste im Behördenkrampf. Deutschland insgesamt hat allerdings nichts zu lachen bei dem Thema, denn dem Land entgehen Jahr für Jahr 146 Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung, so das Münchener Ifo-Institut: „Die Kosten von Nichtstun sind riesig, gemessen am Wachstumspotenzial, das im Bürokratieabbau schlummert “, so Oliver Falck, Leiter des ifo Zentrums für Industrieökonomik und neue Technologien, im November 2024. Es ist seither offensichtlich nicht besser geworden. Das Fachmagazin „Recycling-Portal” konstatiert dauerhaft erstickende Bürokratie. 

Und seit dem vergangenen August legt der Staat mit einer nochmaligen Zunahme der Vorschriften eins drauf. Die “Reform” der Gewerbeabfallverordnung sieht viele neue Überraschungen für Handwerker vor, etwa diese hier: „Glas, Kunststoff, Metalle, Holz, Dämmmaterial, Bitumengemisch, Baustoffe auf Gipsbasis, Beton, Ziegel und Fliesen beziehungsweise Keramik müssen einzeln sortiert und verwertet werden. Zudem muss diese Trennung auch noch ganz genau dokumentiert – etwa fotografiert – und Lagepläne der Abfallbehälter gezeichnet werden. Derjenige, der den Abfall zur Wiederverwertung oder zum Recycling übernimmt, muss das bestätigen”, so die Erläuterungen einer Handwerkskammer. 

Markus Gebauer macht solche Erfahrungen seit langem – sein Entsorger benötigt für alltäglichen Bauschutt wie Dachziegel, Fliesen oder Steine ausführlichste Dokumentation. Je nach Menge der Abladevorgänge kostet es den Entsorgungsbetrieb ein bis zwei Stunden am Tag, die Daten beim Kunden abzufragen – und eine zusätzliche Vollzeit-Bürokraft, die den Wust bearbeiten muss. Gebauer: „Wenn man nur mal von 2000 Abladestellen im Bundesgebiet ausgeht, in denen am Tag plusminus eine Stunde mit dieser Abfrage vergeudet wird, kommt man auf 600.000 Arbeitsstunden im Jahr, oder 750.000 Manntage oder 3500 Vollzeitstellen in der Industrie ohne die Aufwände bei Kunden. Für nix”.

Seite 1 / 2
Nächste Seite