Work & Winning Drei Tage – der Rest ist nice to have.

Drei Tage – der Rest ist nice to have.

Wie Kirsten Dehmer mit Körpersprache und Knigge ganze Vorstandsetagen wachrüttelt

Wer sie bucht, bekommt keine Klangschalen – und keine Seelenreise auf Raten. Kirsten Dehmer ist die Frau, die aus scheuen Zoom-Mäusen souveräne Bühnenmenschen macht – und aus Alphatieren endlich wieder Menschen. Seit 25 Jahren trainiert sie Menschen, die vorne stehen – von Popstars wie Kylie Minogue bis hin zu Führungsetagen im DAX. Ihr Motto: Wirkung ist kein Zufall. Und: Wer weiß, wer er ist, braucht keine zehn Sitzungen, sondern drei gute Tage. Alles andere? Nice to have. Ein Gespräch über Körpersprache, Selbstinszenierung – und warum man manchmal erst eine Rolle spielen muss, um echt zu wirken.

  1. Popstars, Vorstandsbosse – du hast sie alle gecoacht. Was eint eine Kylie Minogue und einen DAX-CEO, wenn es um Wirkung, Präsenz und Körpersprache geht?

Alle, die in der Öffentlichkeit stehen, senden Wirkung aus – ob Popstar oder CEO. Wenn wir wissen, wer da vor uns steht, wirkt diese Person automatisch besonders. Wir bekommen weiche Knie, sind ehrfürchtig oder kreischen uns vor Freude die Seele aus dem Leib. Was sie eint: Klarheit in der Körpersprache und Präsenz. Wer in der eigenen Rolle ruht, strahlt Sicherheit aus – und genau das verbindet alle, die im Rampenlicht stehen, egal ob Promi oder Topmanager.

  1. Du hast gesagt, du bekommst oft Bauchschmerzen, wenn das Wort „authentisch“ fällt. Ist das für dich ein verbranntes Buzzword – oder ein neues Leistungsdiktat, getarnt als Selbstverwirklichung? Sagst du auch mal zu deinen Klienten: „Heute darfst du ruhig mal eine Rolle spielen“?

Authentizität ist zum Modewort geworden. Viele glauben: Wer authentisch ist, wirkt automatisch nahbar und erfolgreich. Aber gerade im Business werden Aussagen, Gesten und Verhalten oft genau kalkuliert. Gefühle einfach rauslassen? Keine gute Idee. Der Kontext zählt. Authentisch sein heißt nicht, alles auszuposaunen, was im Inneren gerade vorgeht. Eigentlich bedeutet es stimmiges Handeln. Und manchmal heißt das eben auch, eine Rolle zu spielen, die zur Situation passt. Authentisch kann auch heißen: Ich beherrsche die Regeln – und setze sie gezielt ein, um andere von mir zu begeistern.

  1. Was sagt unser Körper, bevor wir sprechen – und wie oft torpedieren wir uns dabei selbst? Gibt es nonverbale Hacks, mit denen man Präsenz ausstrahlt, selbst wenn innerlich die Alarmglocken schrillen?

Körpersprache wird uns meist erst bewusst, wenn wir darauf angesprochen werden. Aber sie wirkt sofort: In ca. 250 Millisekunden bekommen wir ein Gefühl für die Situation und die Menschen, nach 2-5 Sekunden ist das Urteil gefällt. Unsere Haltung verrät dann ganz schnell, wie wir uns gerade fühlen. Wer Präsenz zeigen will, braucht Kontrolle über das eigene Gefühlsklima. Ich arbeite da mit dem sogenannten Achsentraining: Wer in seiner Mitte steht, sendet automatisch Souveränität. Und ja, das kann man lernen. Es braucht Bewusstsein und ein paar Tricks. Dann klappt’s auch, wenn innerlich Chaos herrscht.

  1. Was sind aus deiner Erfahrung die häufigsten körperlichen Selbstsabotagen von Führungskräften – jene kleinen Signale, die Autorität untergraben, bevor das erste Wort fällt?

Ganz klar: Extreme. Entweder zu viel Hochstatus – also steif, überpräsent, fast schon einschüchternd, als ob man mit 200 km/h durch eine 30er-Zone rast, alle gefährdet und sich dabei auch noch cool vorkommt. Oder zu viel Tiefstatus: lässig bis fahrlässig, ein wenig zu locker, mit sehr wenig Spannung und Lust auf Kraft. Beides wirkt nicht souverän. Balance ist der Schlüssel. Wer sich selbst gut kennt, kann seine Wirkung gezielt steuern. Und genau das braucht es für gute Führung.

  1. Gutes Benehmen, Wirkung, Knigge – klingt fast wie die Insta-Ästhetik der Old-Money-Gen Z. Wie schaffst du es, diese Codes von Anstand und Auftreten neu zu framen, ohne in Verhaltensnostalgie zu verfallen?

Tatsächlich fragen immer mehr Azubis nach Business-Knigge. Es geht dabei nicht um Old Money oder Nostalgie, sondern um Orientierung. Gute Regeln schaffen ein faires Miteinander. Es geht nicht um Dresscodes von gestern, sondern um modernes Verhalten, das Halt gibt. Und darum, zu wissen, wo Spielraum ist – und wo nicht. Das verstehen die Jüngeren besser, als man denkt.

  1. „Ich mache Unsichtbare sichtbar“ – so dein Credo. Was braucht es heute, damit stille Mitläufer in Meeting-Zooms zu sichtbaren Stimmen werden?

Wer sichtbar sein will, muss sich zeigen: mit gutem Licht, klarem Bildausschnitt, einem neutralen Hintergrund – und mit Stimme. Augen, Hände, Gesicht – alles sichtbar machen. Keine Scheu vor Bewegung. Und: sprechen! Fragen stellen, kommentieren, mitgestalten. Sichtbarkeit ist kein Zufall. Sie ist Strategie.

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